Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.Ein Schauspiel. Denn wüste Schrecken und ein traurig EndeHat den Rückkehrenden statt des Triumphs Ein feindlich aufgebrachter Gott bereitet. Kommt denn der Menschen Stimme nicht zu euch? So weit sie reicht, trägt sie den Ruf umher Von unerhörten Thaten die geschah'n. So ist der Jammer, der Mycenens Hallen Mit immer wiederhohlten Seufzern füllt, Dir ein Geheimniß? -- Klytemnestra hat Mit Hüls' Ägisthens den Gemahl berückt, Am Tage seiner Rückkehr ihn ermordet! -- Ja du verehrest dieses Königs Haus! Ich seh' es, deine Brust bekämpft vergebens Das unerwartet ungeheure Wort. Bist du die Tochter eines Freundes? bist Du nachbarlich in dieser Stadt geboren? Verbirg es nicht und rechne mir's nicht zu, Daß ich der erste diese Gräuel melde. Iphigenie. Sag' an, wie ward die schwere That vollbracht? Ein Schauſpiel. Denn wüſte Schrecken und ein traurig EndeHat den Rückkehrenden ſtatt des Triumphs Ein feindlich aufgebrachter Gott bereitet. Kommt denn der Menſchen Stimme nicht zu euch? So weit ſie reicht, trägt ſie den Ruf umher Von unerhörten Thaten die geſchah’n. So iſt der Jammer, der Mycenens Hallen Mit immer wiederhohlten Seufzern füllt, Dir ein Geheimniß? — Klytemneſtra hat Mit Hülſ’ Ägiſthens den Gemahl berückt, Am Tage ſeiner Rückkehr ihn ermordet! — Ja du verehreſt dieſes Königs Haus! Ich ſeh’ es, deine Bruſt bekämpft vergebens Das unerwartet ungeheure Wort. Biſt du die Tochter eines Freundes? biſt Du nachbarlich in dieſer Stadt geboren? Verbirg es nicht und rechne mir’s nicht zu, Daß ich der erſte dieſe Gräuel melde. Iphigenie. Sag’ an, wie ward die ſchwere That vollbracht? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#PYL"> <p><pb facs="#f0062" n="53"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel</hi>.</fw><lb/> Denn wüſte Schrecken und ein traurig Ende<lb/> Hat den Rückkehrenden ſtatt des Triumphs<lb/> Ein feindlich aufgebrachter Gott bereitet.<lb/> Kommt denn der Menſchen Stimme nicht zu<lb/> euch?<lb/> So weit ſie reicht, trägt ſie den Ruf umher<lb/> Von unerhörten Thaten die geſchah’n.<lb/> So iſt der Jammer, der Mycenens Hallen<lb/> Mit immer wiederhohlten Seufzern füllt,<lb/> Dir ein Geheimniß? — Klytemneſtra hat<lb/> Mit Hülſ’ Ägiſthens den Gemahl berückt,<lb/> Am Tage ſeiner Rückkehr ihn ermordet! —<lb/> Ja du verehreſt dieſes Königs Haus!<lb/> Ich ſeh’ es, deine Bruſt bekämpft vergebens<lb/> Das unerwartet ungeheure Wort.<lb/> Biſt du die Tochter eines Freundes? biſt<lb/> Du nachbarlich in dieſer Stadt geboren?<lb/> Verbirg es nicht und rechne mir’s nicht zu,<lb/> Daß ich der erſte dieſe Gräuel melde.</p> </sp><lb/> <sp who="#IPH"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Iphigenie</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Sag’ an, wie ward die ſchwere That vollbracht?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0062]
Ein Schauſpiel.
Denn wüſte Schrecken und ein traurig Ende
Hat den Rückkehrenden ſtatt des Triumphs
Ein feindlich aufgebrachter Gott bereitet.
Kommt denn der Menſchen Stimme nicht zu
euch?
So weit ſie reicht, trägt ſie den Ruf umher
Von unerhörten Thaten die geſchah’n.
So iſt der Jammer, der Mycenens Hallen
Mit immer wiederhohlten Seufzern füllt,
Dir ein Geheimniß? — Klytemneſtra hat
Mit Hülſ’ Ägiſthens den Gemahl berückt,
Am Tage ſeiner Rückkehr ihn ermordet! —
Ja du verehreſt dieſes Königs Haus!
Ich ſeh’ es, deine Bruſt bekämpft vergebens
Das unerwartet ungeheure Wort.
Biſt du die Tochter eines Freundes? biſt
Du nachbarlich in dieſer Stadt geboren?
Verbirg es nicht und rechne mir’s nicht zu,
Daß ich der erſte dieſe Gräuel melde.
Iphigenie.
Sag’ an, wie ward die ſchwere That vollbracht?
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