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Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.

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Iphigenie auf Tauris
Arkas.
Den edeln Stolz, daß du dir selbst nicht
g'nügest,
Verzeih' ich dir, so sehr ich dich bedaure:
Er raubet den Genuß des Lebens dir.
Du hast hier nichts gethan seit deiner Ankunft?
Wer hat des Königs trüben Sinn erheitert?
Wer hat den alten grausamen Gebrauch,
Daß am Altar Dianens jeder Fremde
Sein Leben blutend läßt, von Jahr zu Jahr
Mit sanfter Überredung aufgehalten,
Und die Gefangnen vom gewissen Tod'
In's Vaterland so oft zurückgeschickt?
Hat nicht Diane, statt erzürnt zu seyn
Daß sie der blut'gen alten Opfer mangelt,
Dein sanft Gebeth in reichem Maß erhört?
Umschwebt mit frohem Fluge nicht der Sieg
Das Heer? und eilt er nicht sogar voraus?
Und fühlt nicht jeglicher ein besser Loos,
Seitdem der König, der uns weis' und tapfer
So lang geführet, nun sich auch der Milde
In deiner Gegenwart erfreut und uns
Des schweigenden Gehorsams Pflicht erleichtert.
Iphigenie auf Tauris
Arkas.
Den edeln Stolz, daß du dir ſelbſt nicht
g’nügeſt,
Verzeih’ ich dir, ſo ſehr ich dich bedaure:
Er raubet den Genuß des Lebens dir.
Du haſt hier nichts gethan ſeit deiner Ankunft?
Wer hat des Königs trüben Sinn erheitert?
Wer hat den alten grauſamen Gebrauch,
Daß am Altar Dianens jeder Fremde
Sein Leben blutend läßt, von Jahr zu Jahr
Mit ſanfter Überredung aufgehalten,
Und die Gefangnen vom gewiſſen Tod’
In’s Vaterland ſo oft zurückgeſchickt?
Hat nicht Diane, ſtatt erzürnt zu ſeyn
Daß ſie der blut’gen alten Opfer mangelt,
Dein ſanft Gebeth in reichem Maß erhört?
Umſchwebt mit frohem Fluge nicht der Sieg
Das Heer? und eilt er nicht ſogar voraus?
Und fühlt nicht jeglicher ein beſſer Loos,
Seitdem der König, der uns weiſ’ und tapfer
So lang geführet, nun ſich auch der Milde
In deiner Gegenwart erfreut und uns
Des ſchweigenden Gehorſams Pflicht erleichtert.
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[10/0019] Iphigenie auf Tauris Arkas. Den edeln Stolz, daß du dir ſelbſt nicht g’nügeſt, Verzeih’ ich dir, ſo ſehr ich dich bedaure: Er raubet den Genuß des Lebens dir. Du haſt hier nichts gethan ſeit deiner Ankunft? Wer hat des Königs trüben Sinn erheitert? Wer hat den alten grauſamen Gebrauch, Daß am Altar Dianens jeder Fremde Sein Leben blutend läßt, von Jahr zu Jahr Mit ſanfter Überredung aufgehalten, Und die Gefangnen vom gewiſſen Tod’ In’s Vaterland ſo oft zurückgeſchickt? Hat nicht Diane, ſtatt erzürnt zu ſeyn Daß ſie der blut’gen alten Opfer mangelt, Dein ſanft Gebeth in reichem Maß erhört? Umſchwebt mit frohem Fluge nicht der Sieg Das Heer? und eilt er nicht ſogar voraus? Und fühlt nicht jeglicher ein beſſer Loos, Seitdem der König, der uns weiſ’ und tapfer So lang geführet, nun ſich auch der Milde In deiner Gegenwart erfreut und uns Des ſchweigenden Gehorſams Pflicht erleichtert.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_iphigenie_1787/19>, abgerufen am 24.11.2024.