Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773.nießen zu machen. Und uns verdenkst du's Berli- chingen, daß wir uns in ihren Schutz begeben, deren Hülfe uns nah ist, statt daß die ent- fernte Majestät sich selbst nicht beschützen kann. Götz. Ja! Ja! Jch versteh! Weislingen, wä- ren die Fürsten wie ihr sie schildert, wir hätten alle was wir begehren. Ruh und Frieden! Jch glaubs wohl! Den wünscht jeder Raubvogel, die Beute nach Bequemlichkeit zu verzehren. Wohlseyn eines jeden! Daß sie sich nur darum graue Haare wach- sen liesen. Und mit unserm Kayser spielen sie auf eine unanständige Art. Er meynts gut, und möcht gern bessern. Da kommt denn alle Tage ein neuer Pfannenflicker, und meynt so und so. Und weil der Herr geschwind was begreift, und nur reden darf um tausend Händ in Bewegung zu setzen, so meynt er, es wär auch alles so geschwind und leicht ausgeführt. Nun ergehn Verordnungen über Ver- ordnungen, und wird eine über die andere verges- sen, und was den Fürsten in ihren Kram dient, da sind sie hinter her, und gloriiren von Ruh und Sicherheit des Staats, bis sie die Kleinen unterm Fuß
nießen zu machen. Und uns verdenkſt du’s Berli- chingen, daß wir uns in ihren Schutz begeben, deren Huͤlfe uns nah iſt, ſtatt daß die ent- fernte Majeſtaͤt ſich ſelbſt nicht beſchuͤtzen kann. Goͤtz. Ja! Ja! Jch verſteh! Weislingen, waͤ- ren die Fuͤrſten wie ihr ſie ſchildert, wir haͤtten alle was wir begehren. Ruh und Frieden! Jch glaubs wohl! Den wuͤnſcht jeder Raubvogel, die Beute nach Bequemlichkeit zu verzehren. Wohlſeyn eines jeden! Daß ſie ſich nur darum graue Haare wach- ſen lieſen. Und mit unſerm Kayſer ſpielen ſie auf eine unanſtaͤndige Art. Er meynts gut, und moͤcht gern beſſern. Da kommt denn alle Tage ein neuer Pfannenflicker, und meynt ſo und ſo. Und weil der Herr geſchwind was begreift, und nur reden darf um tauſend Haͤnd in Bewegung zu ſetzen, ſo meynt er, es waͤr auch alles ſo geſchwind und leicht ausgefuͤhrt. Nun ergehn Verordnungen uͤber Ver- ordnungen, und wird eine uͤber die andere vergeſ- ſen, und was den Fuͤrſten in ihren Kram dient, da ſind ſie hinter her, und gloriiren von Ruh und Sicherheit des Staats, bis ſie die Kleinen unterm Fuß
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Großen und Kleinen die Vortheile des Friedens ge-
nießen zu machen. Und uns verdenkſt du’s Berli-
chingen, daß wir uns in ihren Schutz begeben,
deren Huͤlfe uns nah iſt, ſtatt daß die ent-
fernte Majeſtaͤt ſich ſelbſt nicht beſchuͤtzen kann.
Goͤtz. Ja! Ja! Jch verſteh! Weislingen, waͤ-
ren die Fuͤrſten wie ihr ſie ſchildert, wir haͤtten alle
was wir begehren. Ruh und Frieden! Jch glaubs
wohl! Den wuͤnſcht jeder Raubvogel, die Beute
nach Bequemlichkeit zu verzehren. Wohlſeyn eines
jeden! Daß ſie ſich nur darum graue Haare wach-
ſen lieſen. Und mit unſerm Kayſer ſpielen ſie auf
eine unanſtaͤndige Art. Er meynts gut, und moͤcht
gern beſſern. Da kommt denn alle Tage ein neuer
Pfannenflicker, und meynt ſo und ſo. Und weil
der Herr geſchwind was begreift, und nur reden
darf um tauſend Haͤnd in Bewegung zu ſetzen, ſo
meynt er, es waͤr auch alles ſo geſchwind und leicht
ausgefuͤhrt. Nun ergehn Verordnungen uͤber Ver-
ordnungen, und wird eine uͤber die andere vergeſ-
ſen, und was den Fuͤrſten in ihren Kram dient,
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773/40>, abgerufen am 27.07.2024. |