Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


Weinsberg. Hört ich sie nicht selbst halbreuig sagen:
wenn's nicht geschehen wär, geschähs vielleicht nie.
Müßten nicht Fürsten und Herrn ihm Dank wissen,
wenn er freywillig Führer eines unbändigen Volks
geworden wäre, um ihrer Raserey Einhalt zu thun
und so viel Menschen und Besitzthümer zu schonen.
Elisabeth. Du bist ein liebevoller Advocat. --
Wenn sie ihn gefangen nähmen, als Rebell behan-
delten, und sein graues Haupt -- Lerse ich möchte
von Sinnen kommen.
Lerse. Sende ihrem Körper Schlaf lieber Va-
ter der Menschen, wenn du ihrer Seele keinen
Trost geben willst.
Elisabeth. Georg hat versprochen Nachricht zu
bringen. Er wird auch nicht dürfen wie er will.
Sie sind ärger als gefangen. Jch weiß man be-
wacht sie wie Feinde. Der gute Georg! Er wollte
nicht von seinem Herrn weichen.
Lerse. Das Herz blutete mir wie er mich von
sich schickte. Wenn ihr nicht meiner Hülf bedürftet,
alle Gefahren des schmählichsten Tods sollten mich
nicht von ihm getrennt haben.

Elisa-


Weinsberg. Hoͤrt ich ſie nicht ſelbſt halbreuig ſagen:
wenn’s nicht geſchehen waͤr, geſchaͤhs vielleicht nie.
Muͤßten nicht Fuͤrſten und Herrn ihm Dank wiſſen,
wenn er freywillig Fuͤhrer eines unbaͤndigen Volks
geworden waͤre, um ihrer Raſerey Einhalt zu thun
und ſo viel Menſchen und Beſitzthuͤmer zu ſchonen.
Eliſabeth. Du biſt ein liebevoller Advocat. —
Wenn ſie ihn gefangen naͤhmen, als Rebell behan-
delten, und ſein graues Haupt — Lerſe ich moͤchte
von Sinnen kommen.
Lerſe. Sende ihrem Koͤrper Schlaf lieber Va-
ter der Menſchen, wenn du ihrer Seele keinen
Troſt geben willſt.
Eliſabeth. Georg hat verſprochen Nachricht zu
bringen. Er wird auch nicht duͤrfen wie er will.
Sie ſind aͤrger als gefangen. Jch weiß man be-
wacht ſie wie Feinde. Der gute Georg! Er wollte
nicht von ſeinem Herrn weichen.
Lerſe. Das Herz blutete mir wie er mich von
ſich ſchickte. Wenn ihr nicht meiner Huͤlf beduͤrftet,
alle Gefahren des ſchmaͤhlichſten Tods ſollten mich
nicht von ihm getrennt haben.

Eliſa-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#LER">
          <p><pb facs="#f0184" n="180"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> Weinsberg. Ho&#x0364;rt ich &#x017F;ie nicht &#x017F;elb&#x017F;t halbreuig &#x017F;agen:<lb/>
wenn&#x2019;s nicht ge&#x017F;chehen wa&#x0364;r, ge&#x017F;cha&#x0364;hs vielleicht nie.<lb/>
Mu&#x0364;ßten nicht Fu&#x0364;r&#x017F;ten und Herrn ihm Dank wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wenn er freywillig Fu&#x0364;hrer eines unba&#x0364;ndigen Volks<lb/>
geworden wa&#x0364;re, um ihrer Ra&#x017F;erey Einhalt zu thun<lb/>
und &#x017F;o viel Men&#x017F;chen und Be&#x017F;itzthu&#x0364;mer zu &#x017F;chonen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ELI">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Eli&#x017F;abeth.</hi> </speaker>
          <p>Du bi&#x017F;t ein liebevoller Advocat. &#x2014;<lb/>
Wenn &#x017F;ie ihn gefangen na&#x0364;hmen, als Rebell behan-<lb/>
delten, und &#x017F;ein graues Haupt &#x2014; Ler&#x017F;e ich mo&#x0364;chte<lb/>
von Sinnen kommen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LER">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Ler&#x017F;e.</hi> </speaker>
          <p>Sende ihrem Ko&#x0364;rper Schlaf lieber Va-<lb/>
ter der Men&#x017F;chen, wenn du ihrer Seele keinen<lb/>
Tro&#x017F;t geben will&#x017F;t.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ELI">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Eli&#x017F;abeth.</hi> </speaker>
          <p>Georg hat ver&#x017F;prochen Nachricht zu<lb/>
bringen. Er wird auch nicht du&#x0364;rfen wie er will.<lb/>
Sie &#x017F;ind a&#x0364;rger als gefangen. Jch weiß man be-<lb/>
wacht &#x017F;ie wie Feinde. Der gute Georg! Er wollte<lb/>
nicht von &#x017F;einem Herrn weichen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LER">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Ler&#x017F;e.</hi> </speaker>
          <p>Das Herz blutete mir wie er mich von<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;chickte. Wenn ihr nicht meiner Hu&#x0364;lf bedu&#x0364;rftet,<lb/>
alle Gefahren des &#x017F;chma&#x0364;hlich&#x017F;ten Tods &#x017F;ollten mich<lb/>
nicht von ihm getrennt haben.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Eli&#x017F;a-</fw><lb/>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0184] Weinsberg. Hoͤrt ich ſie nicht ſelbſt halbreuig ſagen: wenn’s nicht geſchehen waͤr, geſchaͤhs vielleicht nie. Muͤßten nicht Fuͤrſten und Herrn ihm Dank wiſſen, wenn er freywillig Fuͤhrer eines unbaͤndigen Volks geworden waͤre, um ihrer Raſerey Einhalt zu thun und ſo viel Menſchen und Beſitzthuͤmer zu ſchonen. Eliſabeth. Du biſt ein liebevoller Advocat. — Wenn ſie ihn gefangen naͤhmen, als Rebell behan- delten, und ſein graues Haupt — Lerſe ich moͤchte von Sinnen kommen. Lerſe. Sende ihrem Koͤrper Schlaf lieber Va- ter der Menſchen, wenn du ihrer Seele keinen Troſt geben willſt. Eliſabeth. Georg hat verſprochen Nachricht zu bringen. Er wird auch nicht duͤrfen wie er will. Sie ſind aͤrger als gefangen. Jch weiß man be- wacht ſie wie Feinde. Der gute Georg! Er wollte nicht von ſeinem Herrn weichen. Lerſe. Das Herz blutete mir wie er mich von ſich ſchickte. Wenn ihr nicht meiner Huͤlf beduͤrftet, alle Gefahren des ſchmaͤhlichſten Tods ſollten mich nicht von ihm getrennt haben. Eliſa-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773/184
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773/184>, abgerufen am 24.11.2024.