Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


Gute Menschen, die in sich und ihren Unterthanen
glücklich waren. Die einen edlen freyen Nachbar
neben sich leiden konnten, und ihn weder fürchteten
noch beneideten. Denen das Herz aufging, wenn
sie viel ihres Gleichen bey sich zu Tisch sahen,
und nicht erst die Ritter zu Hofschranzen umzu-
schaffen brauchten um mit ihnen zu leben.
Georg. Habt ihr solche Herrn gekannt?
Götz. Wohl. Jch erinnere mich zeitlebens,
wie der Landgraf von Hanau eine Jagd gab, und
die Fürsten und Herrn die zugegen waren unter
freyem Himmel speißten, und das Landvolk all her-
bey lief sie zu sehen. Das war keine Maskerade die
er sich selbst zu Ehren angestellt hatte. Aber die
vollen runden Köpfe der Burschen und Mädels die
rothen Backen alle, und die wohlhäbigen Männer
und stattlichen Greise, und alles fröhliche Gesichter,
und wie sie Theil nahmen an der Herrlichkeit ihres
Herrn, der auf Gottes Boden unter ihnen sich er-
götzte.
Georg. Das war ein Herr, vollkommen wie
ihr.

Götz.


Gute Menſchen, die in ſich und ihren Unterthanen
gluͤcklich waren. Die einen edlen freyen Nachbar
neben ſich leiden konnten, und ihn weder fuͤrchteten
noch beneideten. Denen das Herz aufging, wenn
ſie viel ihres Gleichen bey ſich zu Tiſch ſahen,
und nicht erſt die Ritter zu Hofſchranzen umzu-
ſchaffen brauchten um mit ihnen zu leben.
Georg. Habt ihr ſolche Herrn gekannt?
Goͤtz. Wohl. Jch erinnere mich zeitlebens,
wie der Landgraf von Hanau eine Jagd gab, und
die Fuͤrſten und Herrn die zugegen waren unter
freyem Himmel ſpeißten, und das Landvolk all her-
bey lief ſie zu ſehen. Das war keine Maskerade die
er ſich ſelbſt zu Ehren angeſtellt hatte. Aber die
vollen runden Koͤpfe der Burſchen und Maͤdels die
rothen Backen alle, und die wohlhaͤbigen Maͤnner
und ſtattlichen Greiſe, und alles froͤhliche Geſichter,
und wie ſie Theil nahmen an der Herrlichkeit ihres
Herrn, der auf Gottes Boden unter ihnen ſich er-
goͤtzte.
Georg. Das war ein Herr, vollkommen wie
ihr.

Goͤtz.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#GOETZ">
          <p><pb facs="#f0143" n="139"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> Gute Men&#x017F;chen, die in &#x017F;ich und ihren Unterthanen<lb/>
glu&#x0364;cklich waren. Die einen edlen freyen Nachbar<lb/>
neben &#x017F;ich leiden konnten, und ihn weder fu&#x0364;rchteten<lb/>
noch beneideten. Denen das Herz aufging, wenn<lb/>
&#x017F;ie viel ihres Gleichen bey &#x017F;ich zu Ti&#x017F;ch &#x017F;ahen,<lb/>
und nicht er&#x017F;t die Ritter zu Hof&#x017F;chranzen umzu-<lb/>
&#x017F;chaffen brauchten um mit ihnen zu leben.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GEO">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Georg.</hi> </speaker>
          <p>Habt ihr &#x017F;olche Herrn gekannt?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GOETZ">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Go&#x0364;tz.</hi> </speaker>
          <p>Wohl. Jch erinnere mich zeitlebens,<lb/>
wie der Landgraf von Hanau eine Jagd gab, und<lb/>
die Fu&#x0364;r&#x017F;ten und Herrn die zugegen waren unter<lb/>
freyem Himmel &#x017F;peißten, und das Landvolk all her-<lb/>
bey lief &#x017F;ie zu &#x017F;ehen. Das war keine Maskerade die<lb/>
er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu Ehren ange&#x017F;tellt hatte. Aber die<lb/>
vollen runden Ko&#x0364;pfe der Bur&#x017F;chen und Ma&#x0364;dels die<lb/>
rothen Backen alle, und die wohlha&#x0364;bigen Ma&#x0364;nner<lb/>
und &#x017F;tattlichen Grei&#x017F;e, und alles fro&#x0364;hliche Ge&#x017F;ichter,<lb/>
und wie &#x017F;ie Theil nahmen an der Herrlichkeit ihres<lb/>
Herrn, der auf Gottes Boden unter ihnen &#x017F;ich er-<lb/>
go&#x0364;tzte.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GEO">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Georg.</hi> </speaker>
          <p>Das war ein Herr, vollkommen wie<lb/>
ihr.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Go&#x0364;tz.</fw><lb/>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0143] Gute Menſchen, die in ſich und ihren Unterthanen gluͤcklich waren. Die einen edlen freyen Nachbar neben ſich leiden konnten, und ihn weder fuͤrchteten noch beneideten. Denen das Herz aufging, wenn ſie viel ihres Gleichen bey ſich zu Tiſch ſahen, und nicht erſt die Ritter zu Hofſchranzen umzu- ſchaffen brauchten um mit ihnen zu leben. Georg. Habt ihr ſolche Herrn gekannt? Goͤtz. Wohl. Jch erinnere mich zeitlebens, wie der Landgraf von Hanau eine Jagd gab, und die Fuͤrſten und Herrn die zugegen waren unter freyem Himmel ſpeißten, und das Landvolk all her- bey lief ſie zu ſehen. Das war keine Maskerade die er ſich ſelbſt zu Ehren angeſtellt hatte. Aber die vollen runden Koͤpfe der Burſchen und Maͤdels die rothen Backen alle, und die wohlhaͤbigen Maͤnner und ſtattlichen Greiſe, und alles froͤhliche Geſichter, und wie ſie Theil nahmen an der Herrlichkeit ihres Herrn, der auf Gottes Boden unter ihnen ſich er- goͤtzte. Georg. Das war ein Herr, vollkommen wie ihr. Goͤtz.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773/143
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773/143>, abgerufen am 23.11.2024.