Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Faust
Faust.
Ich fühl's, vergebens hab' ich alle Schätze
Des Menschengeist's auf mich herbeygerafft,
Und wenn ich mich am Ende niedersetze,
Quillt innerlich doch keine neue Kraft;
Ich bin nicht um ein Haar breit höher,
Bin dem Unendlichen nicht näher.
Mephistopheles.
Mein guter Herr, ihr seht die Sachen,
Wie man die Sachen eben sieht;
Wir müssen das gescheidter machen,
Eh' uns des Lebens Freude flieht.
Was Henker! freylich Händ und Füße
Und Kopf und H -- -- die sind dein;
Doch alles was ich frisch genieße,
Ist das drum weniger mein?
Wenn ich sechs Hengste zahlen kann,
Sind ihre Kräfte nicht die meine?
Ich renne zu und bin ein rechter Mann,
Als hätt' ich vier und zwanzig Beine.
Drum frisch! laß alles Sinnen seyn,
Fauſt
Fauſt.
Ich fühl’s, vergebens hab’ ich alle Schätze
Des Menſchengeiſt’s auf mich herbeygerafft,
Und wenn ich mich am Ende niederſetze,
Quillt innerlich doch keine neue Kraft;
Ich bin nicht um ein Haar breit höher,
Bin dem Unendlichen nicht näher.
Mephiſtopheles.
Mein guter Herr, ihr ſeht die Sachen,
Wie man die Sachen eben ſieht;
Wir müſſen das geſcheidter machen,
Eh’ uns des Lebens Freude flieht.
Was Henker! freylich Händ und Füße
Und Kopf und H — — die ſind dein;
Doch alles was ich friſch genieße,
Iſt das drum weniger mein?
Wenn ich ſechs Hengſte zahlen kann,
Sind ihre Kräfte nicht die meine?
Ich renne zu und bin ein rechter Mann,
Als hätt’ ich vier und zwanzig Beine.
Drum friſch! laß alles Sinnen ſeyn,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0032" n="22"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Fau&#x017F;t</hi> </fw><lb/>
          <sp who="#FAU">
            <speaker><hi rendition="#g">Fau&#x017F;t</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ich fühl&#x2019;s, vergebens hab&#x2019; ich alle Schätze<lb/>
Des Men&#x017F;chengei&#x017F;t&#x2019;s auf mich herbeygerafft,<lb/>
Und wenn ich mich am Ende nieder&#x017F;etze,<lb/>
Quillt innerlich doch keine neue Kraft;<lb/>
Ich bin nicht um ein Haar breit höher,<lb/>
Bin dem Unendlichen nicht näher.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MEP">
            <speaker><hi rendition="#g">Mephi&#x017F;topheles</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Mein guter Herr, ihr &#x017F;eht die Sachen,<lb/>
Wie man die Sachen eben &#x017F;ieht;<lb/>
Wir mü&#x017F;&#x017F;en das ge&#x017F;cheidter machen,<lb/>
Eh&#x2019; uns des Lebens Freude flieht.<lb/>
Was Henker! freylich Händ und Füße<lb/>
Und Kopf und H &#x2014; &#x2014; die &#x017F;ind dein;<lb/>
Doch alles was ich fri&#x017F;ch genieße,<lb/>
I&#x017F;t das drum weniger mein?<lb/>
Wenn ich &#x017F;echs Heng&#x017F;te zahlen kann,<lb/>
Sind ihre Kräfte nicht die meine?<lb/>
Ich renne zu und bin ein rechter Mann,<lb/>
Als hätt&#x2019; ich vier und zwanzig Beine.<lb/>
Drum fri&#x017F;ch! laß alles Sinnen &#x017F;eyn,<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0032] Fauſt Fauſt. Ich fühl’s, vergebens hab’ ich alle Schätze Des Menſchengeiſt’s auf mich herbeygerafft, Und wenn ich mich am Ende niederſetze, Quillt innerlich doch keine neue Kraft; Ich bin nicht um ein Haar breit höher, Bin dem Unendlichen nicht näher. Mephiſtopheles. Mein guter Herr, ihr ſeht die Sachen, Wie man die Sachen eben ſieht; Wir müſſen das geſcheidter machen, Eh’ uns des Lebens Freude flieht. Was Henker! freylich Händ und Füße Und Kopf und H — — die ſind dein; Doch alles was ich friſch genieße, Iſt das drum weniger mein? Wenn ich ſechs Hengſte zahlen kann, Sind ihre Kräfte nicht die meine? Ich renne zu und bin ein rechter Mann, Als hätt’ ich vier und zwanzig Beine. Drum friſch! laß alles Sinnen ſeyn,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790/32
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790/32>, abgerufen am 24.11.2024.