Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790.Faust Mit Instrumenten vollgepfropft,Urväter Hausrath drein gestopft -- Das ist deine Welt! Das heißt eine Welt! Und fragst du noch, warum dein Herz Sich bang' in deinem Busen klemmt? Warum ein unerklärter Schmerz Dir alle Lebensregung hemmt? Statt der lebendigen Natur, Da Gott die Menschen schuf hinein, Umgibt in Rauch und Moder nur Dich Thiergeripp und Todtenbein. Flieh! auf! hinaus in's weite Land! Und dieß geheimnißvolle Buch, Von Nostradamus eigner Hand, Ist dir es nicht Geleit genug? Erkennest dann der Sterne Lauf, Und wenn Natur dich unterweist, Dann geht die Seelenkraft dir auf, Wie spricht ein Geist zum andern Geist. Umsonst, daß trocknes Sinnen hier Die heil'gen Zeichen dir erklärt, Fauſt Mit Inſtrumenten vollgepfropft,Urväter Hausrath drein geſtopft — Das iſt deine Welt! Das heißt eine Welt! Und fragſt du noch, warum dein Herz Sich bang’ in deinem Buſen klemmt? Warum ein unerklärter Schmerz Dir alle Lebensregung hemmt? Statt der lebendigen Natur, Da Gott die Menſchen ſchuf hinein, Umgibt in Rauch und Moder nur Dich Thiergeripp und Todtenbein. Flieh! auf! hinaus in’s weite Land! Und dieß geheimnißvolle Buch, Von Noſtradamus eigner Hand, Iſt dir es nicht Geleit genug? Erkenneſt dann der Sterne Lauf, Und wenn Natur dich unterweiſt, Dann geht die Seelenkraft dir auf, Wie ſpricht ein Geiſt zum andern Geiſt. Umſonſt, daß trocknes Sinnen hier Die heil’gen Zeichen dir erklärt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#FAU"> <p><pb facs="#f0016" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fauſt</hi></fw><lb/> Mit Inſtrumenten vollgepfropft,<lb/> Urväter Hausrath drein geſtopft —<lb/> Das iſt deine Welt! Das heißt eine Welt!</p><lb/> <p>Und fragſt du noch, warum dein Herz<lb/> Sich bang’ in deinem Buſen klemmt?<lb/> Warum ein unerklärter Schmerz<lb/> Dir alle Lebensregung hemmt?<lb/> Statt der lebendigen Natur,<lb/> Da Gott die Menſchen ſchuf hinein,<lb/> Umgibt in Rauch und Moder nur<lb/> Dich Thiergeripp und Todtenbein.</p><lb/> <p>Flieh! auf! hinaus in’s weite Land!<lb/> Und dieß geheimnißvolle Buch,<lb/> Von Noſtradamus eigner Hand,<lb/> Iſt dir es nicht Geleit genug?<lb/> Erkenneſt dann der Sterne Lauf,<lb/> Und wenn Natur dich unterweiſt,<lb/> Dann geht die Seelenkraft dir auf,<lb/> Wie ſpricht ein Geiſt zum andern Geiſt.<lb/> Umſonſt, daß trocknes Sinnen hier<lb/> Die heil’gen Zeichen dir erklärt,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0016]
Fauſt
Mit Inſtrumenten vollgepfropft,
Urväter Hausrath drein geſtopft —
Das iſt deine Welt! Das heißt eine Welt!
Und fragſt du noch, warum dein Herz
Sich bang’ in deinem Buſen klemmt?
Warum ein unerklärter Schmerz
Dir alle Lebensregung hemmt?
Statt der lebendigen Natur,
Da Gott die Menſchen ſchuf hinein,
Umgibt in Rauch und Moder nur
Dich Thiergeripp und Todtenbein.
Flieh! auf! hinaus in’s weite Land!
Und dieß geheimnißvolle Buch,
Von Noſtradamus eigner Hand,
Iſt dir es nicht Geleit genug?
Erkenneſt dann der Sterne Lauf,
Und wenn Natur dich unterweiſt,
Dann geht die Seelenkraft dir auf,
Wie ſpricht ein Geiſt zum andern Geiſt.
Umſonſt, daß trocknes Sinnen hier
Die heil’gen Zeichen dir erklärt,
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790/16>, abgerufen am 16.02.2025. |