Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Obschon dein Name längst die Welt beglückt, Man hat ihn nie so freundlich angeblickt. Das Alphabet ist nun erst überzählig, In diesem Zeichen wird nun jeder selig. Kaiser. Und meinen Leuten gilt's für gutes Gold? Dem Heer, dem Hofe gnügt's zu vollem Sold? So sehr mich's wundert muß ich's gelten lassen. Marschalk. Unmöglich wär's die Flüchtigen einzufassen; Mit Blitzeswink zerstreute sich's im Lauf. Die Wechsler-Bänke stehen sperrig auf, Man honorirt daselbst ein jedes Blatt Durch Gold und Silber, freilich mit Rabatt. Nun geht's von da zum Fleischer, Bäcker, Schenken; Die halbe Welt scheint nur an Schmaus zu denken, Wenn sich die andre neu in Kleidern bläht. Der Krämer schneidet aus, der Schneider näht. Bei: "Hoch dem Kaiser!" sprudelt's in den Kellern, Dort kocht's und brät's und klappert's mit den Tellern. Mephistopheles. Wer die Terrassen einsam abspaziert, Gewahrt die Schönste, herrlich aufgeziert, Ein Aug' verdeckt vom stolzen Pfauenwedel, Sie schmunzelt uns und blickt nach solcher Schedel; Und hurtiger als durch Witz und Redekunst Vermittelt sich die reichste Liebesgunst.
Obschon dein Name längst die Welt beglückt, Man hat ihn nie so freundlich angeblickt. Das Alphabet ist nun erst überzählig, In diesem Zeichen wird nun jeder selig. Kaiser. Und meinen Leuten gilt’s für gutes Gold? Dem Heer, dem Hofe gnügt’s zu vollem Sold? So sehr mich’s wundert muß ich’s gelten lassen. Marschalk. Unmöglich wär’s die Flüchtigen einzufassen; Mit Blitzeswink zerstreute sich’s im Lauf. Die Wechsler-Bänke stehen sperrig auf, Man honorirt daselbst ein jedes Blatt Durch Gold und Silber, freilich mit Rabatt. Nun geht’s von da zum Fleischer, Bäcker, Schenken; Die halbe Welt scheint nur an Schmaus zu denken, Wenn sich die andre neu in Kleidern bläht. Der Krämer schneidet aus, der Schneider näht. Bei: „Hoch dem Kaiser!“ sprudelt’s in den Kellern, Dort kocht’s und brät’s und klappert’s mit den Tellern. Mephistopheles. Wer die Terrassen einsam abspaziert, Gewahrt die Schönste, herrlich aufgeziert, Ein Aug’ verdeckt vom stolzen Pfauenwedel, Sie schmunzelt uns und blickt nach solcher Schedel; Und hurtiger als durch Witz und Redekunst Vermittelt sich die reichste Liebesgunst. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene"> <sp> <p><pb facs="#f0078" n="66"/> Obschon dein Name längst die Welt beglückt,<lb/> Man hat ihn nie so freundlich angeblickt.<lb/> Das Alphabet ist nun erst überzählig,<lb/> In diesem Zeichen wird nun jeder selig.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Kaiser.</hi> </speaker><lb/> <p>Und meinen Leuten gilt’s für gutes Gold?<lb/> Dem Heer, dem Hofe gnügt’s zu vollem Sold?<lb/> So sehr mich’s wundert muß ich’s gelten lassen.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Marschalk.</hi> </speaker><lb/> <p>Unmöglich wär’s die Flüchtigen einzufassen;<lb/> Mit Blitzeswink zerstreute sich’s im Lauf.<lb/> Die Wechsler-Bänke stehen sperrig auf,<lb/> Man honorirt daselbst ein jedes Blatt<lb/> Durch Gold und Silber, freilich mit Rabatt.<lb/> Nun geht’s von da zum Fleischer, Bäcker, Schenken;<lb/> Die halbe Welt scheint nur an Schmaus zu denken,<lb/> Wenn sich die andre neu in Kleidern bläht.<lb/> Der Krämer schneidet aus, der Schneider näht.<lb/> Bei: „Hoch dem Kaiser!“ sprudelt’s in den Kellern,<lb/> Dort kocht’s und brät’s und klappert’s mit den Tellern.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>Wer die Terrassen einsam abspaziert,<lb/> Gewahrt die Schönste, herrlich aufgeziert,<lb/> Ein Aug’ verdeckt vom stolzen Pfauenwedel,<lb/> Sie schmunzelt uns und blickt nach solcher Schedel;<lb/> Und hurtiger als durch Witz und Redekunst<lb/> Vermittelt sich die reichste Liebesgunst.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [66/0078]
Obschon dein Name längst die Welt beglückt,
Man hat ihn nie so freundlich angeblickt.
Das Alphabet ist nun erst überzählig,
In diesem Zeichen wird nun jeder selig.
Kaiser.
Und meinen Leuten gilt’s für gutes Gold?
Dem Heer, dem Hofe gnügt’s zu vollem Sold?
So sehr mich’s wundert muß ich’s gelten lassen.
Marschalk.
Unmöglich wär’s die Flüchtigen einzufassen;
Mit Blitzeswink zerstreute sich’s im Lauf.
Die Wechsler-Bänke stehen sperrig auf,
Man honorirt daselbst ein jedes Blatt
Durch Gold und Silber, freilich mit Rabatt.
Nun geht’s von da zum Fleischer, Bäcker, Schenken;
Die halbe Welt scheint nur an Schmaus zu denken,
Wenn sich die andre neu in Kleidern bläht.
Der Krämer schneidet aus, der Schneider näht.
Bei: „Hoch dem Kaiser!“ sprudelt’s in den Kellern,
Dort kocht’s und brät’s und klappert’s mit den Tellern.
Mephistopheles.
Wer die Terrassen einsam abspaziert,
Gewahrt die Schönste, herrlich aufgeziert,
Ein Aug’ verdeckt vom stolzen Pfauenwedel,
Sie schmunzelt uns und blickt nach solcher Schedel;
Und hurtiger als durch Witz und Redekunst
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/78>, abgerufen am 16.07.2024. |