Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Ein Haupt mit langen Zähnen, Schlangenrüssel, Geheimnißvoll, doch zeig' ich euch den Schlüssel. Im Nacken sitzt ihm zierlich-zarte Frau, Mit feinem Stäbchen lenkt sie ihn genau; Die andre drobenstehend herrlich-hehr Umgibt ein Glanz der blendet mich zu sehr. Zur Seite gehn gekettet edle Frauen, Die eine bang, die andre froh zu schauen; Die eine wünscht, die andre fühlt sich frei, Verkünde jede wer sie sey. Furcht.
Dunstige Fackeln, Lampen, Lichter, Dämmern durch's verworrne Fest, Zwischen diese Truggesichter Bannt mich, ach! die Kette fest. Fort, ihr lächerlichen Lacher! Euer Grinsen gibt Verdacht; Alle meine Widersacher Drängen mich in dieser Nacht. Hier! ein Freund ist Feind geworden, Seine Maske kenn' ich schon; Jener wollte mich ermorden, Nun entdeckt schleicht er davon. Ach wie gern in jeder Richtung Flöh' ich zu der Welt hinaus; Doch von drüben droht Vernichtung, Hält mich zwischen Dunst und Graus.
Ein Haupt mit langen Zähnen, Schlangenrüssel, Geheimnißvoll, doch zeig’ ich euch den Schlüssel. Im Nacken sitzt ihm zierlich-zarte Frau, Mit feinem Stäbchen lenkt sie ihn genau; Die andre drobenstehend herrlich-hehr Umgibt ein Glanz der blendet mich zu sehr. Zur Seite gehn gekettet edle Frauen, Die eine bang, die andre froh zu schauen; Die eine wünscht, die andre fühlt sich frei, Verkünde jede wer sie sey. Furcht.
Dunstige Fackeln, Lampen, Lichter, Dämmern durch’s verworrne Fest, Zwischen diese Truggesichter Bannt mich, ach! die Kette fest. Fort, ihr lächerlichen Lacher! Euer Grinsen gibt Verdacht; Alle meine Widersacher Drängen mich in dieser Nacht. Hier! ein Freund ist Feind geworden, Seine Maske kenn’ ich schon; Jener wollte mich ermorden, Nun entdeckt schleicht er davon. Ach wie gern in jeder Richtung Flöh’ ich zu der Welt hinaus; Doch von drüben droht Vernichtung, Hält mich zwischen Dunst und Graus. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene"> <sp> <p><pb facs="#f0050" n="38"/> Ein Haupt mit langen Zähnen, Schlangenrüssel,<lb/> Geheimnißvoll, doch zeig’ ich euch den Schlüssel.<lb/> Im Nacken sitzt ihm zierlich-zarte Frau,<lb/> Mit feinem Stäbchen lenkt sie ihn genau;<lb/> Die andre drobenstehend herrlich-hehr<lb/> Umgibt ein Glanz der blendet mich zu sehr.<lb/> Zur Seite gehn gekettet edle Frauen,<lb/> Die eine bang, die andre froh zu schauen;<lb/> Die eine wünscht, die andre fühlt sich frei,<lb/> Verkünde jede wer sie sey.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Furcht.</hi> </speaker><lb/> <lg type="poem"> <lg> <l rendition="#et">Dunstige Fackeln, Lampen, Lichter,</l><lb/> <l rendition="#et">Dämmern durch’s verworrne Fest,</l><lb/> <l rendition="#et">Zwischen diese Truggesichter</l><lb/> <l rendition="#et">Bannt mich, ach! die Kette fest.</l><lb/> </lg> <lg> <l rendition="#et">Fort, ihr lächerlichen Lacher!</l><lb/> <l rendition="#et">Euer Grinsen gibt Verdacht;</l><lb/> <l rendition="#et">Alle meine Widersacher</l><lb/> <l rendition="#et">Drängen mich in dieser Nacht.</l><lb/> </lg> <lg> <l rendition="#et">Hier! ein Freund ist Feind geworden,</l><lb/> <l rendition="#et">Seine Maske kenn’ ich schon;</l><lb/> <l rendition="#et">Jener wollte mich ermorden,</l><lb/> <l rendition="#et">Nun entdeckt schleicht er davon.</l><lb/> </lg> <lg> <l rendition="#et">Ach wie gern in jeder Richtung</l><lb/> <l rendition="#et">Flöh’ ich zu der Welt hinaus;</l><lb/> <l rendition="#et">Doch von drüben droht Vernichtung,</l><lb/> <l rendition="#et">Hält mich zwischen Dunst und Graus.</l><lb/> </lg> </lg> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0050]
Ein Haupt mit langen Zähnen, Schlangenrüssel,
Geheimnißvoll, doch zeig’ ich euch den Schlüssel.
Im Nacken sitzt ihm zierlich-zarte Frau,
Mit feinem Stäbchen lenkt sie ihn genau;
Die andre drobenstehend herrlich-hehr
Umgibt ein Glanz der blendet mich zu sehr.
Zur Seite gehn gekettet edle Frauen,
Die eine bang, die andre froh zu schauen;
Die eine wünscht, die andre fühlt sich frei,
Verkünde jede wer sie sey.
Furcht.
Dunstige Fackeln, Lampen, Lichter,
Dämmern durch’s verworrne Fest,
Zwischen diese Truggesichter
Bannt mich, ach! die Kette fest.
Fort, ihr lächerlichen Lacher!
Euer Grinsen gibt Verdacht;
Alle meine Widersacher
Drängen mich in dieser Nacht.
Hier! ein Freund ist Feind geworden,
Seine Maske kenn’ ich schon;
Jener wollte mich ermorden,
Nun entdeckt schleicht er davon.
Ach wie gern in jeder Richtung
Flöh’ ich zu der Welt hinaus;
Doch von drüben droht Vernichtung,
Hält mich zwischen Dunst und Graus.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/50>, abgerufen am 16.07.2024. |