Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832. Die eine Büßerin sonst Gretchen genannt. Vom edlen Geisterchor umgeben, Wird sich der Neue kaum gewahr, Er ahnet kaum das frische Leben So gleicht er schon der heiligen Schaar. Sieh wie er jedem Erdenbande Der alten Hülle sich entrafft, Und aus ätherischem Gewande Hervortritt erste Jugendkraft! Vergönne mir ihn zu belehren, Noch blendet ihn der neue Tag. Mater gloriosa. Komm! hebe dich zu höhern Sphären, Wenn er dich ahnet folgt er nach. Doctor Marianus. (Auf dem Angesicht anbetend.) Blicket auf zum Retterblick Alle reuig Zarten, Euch zu seligem Geschick Dankend umzuarten. Werde jeder bess're Sinn Dir zum Dienst erbötig; Jungfrau, Mutter, Königin, Göttin bleibe gnädig! Chorus mysticus. Alles Vergängliche Ist nur ein Gleichniß; Das Unzulängliche Hier wird's Ereigniß; Die eine Büßerin sonst Gretchen genannt. Vom edlen Geisterchor umgeben, Wird sich der Neue kaum gewahr, Er ahnet kaum das frische Leben So gleicht er schon der heiligen Schaar. Sieh wie er jedem Erdenbande Der alten Hülle sich entrafft, Und aus ätherischem Gewande Hervortritt erste Jugendkraft! Vergönne mir ihn zu belehren, Noch blendet ihn der neue Tag. Mater gloriosa. Komm! hebe dich zu höhern Sphären, Wenn er dich ahnet folgt er nach. Doctor Marianus. (Auf dem Angesicht anbetend.) Blicket auf zum Retterblick Alle reuig Zarten, Euch zu seligem Geschick Dankend umzuarten. Werde jeder bess’re Sinn Dir zum Dienst erbötig; Jungfrau, Mutter, Königin, Göttin bleibe gnädig! Chorus mysticus. Alles Vergängliche Ist nur ein Gleichniß; Das Unzulängliche Hier wird’s Ereigniß; <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <pb facs="#f0355" n="343"/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Die eine Büßerin</hi> sonst <hi rendition="#g">Gretchen</hi> genannt.</speaker><lb/> <p>Vom edlen Geisterchor umgeben,<lb/> Wird sich der Neue kaum gewahr,<lb/> Er ahnet kaum das frische Leben<lb/> So gleicht er schon der heiligen Schaar.<lb/> Sieh wie er jedem Erdenbande<lb/> Der alten Hülle sich entrafft,<lb/> Und aus ätherischem Gewande<lb/> Hervortritt erste Jugendkraft!<lb/> Vergönne mir ihn zu belehren,<lb/> Noch blendet ihn der neue Tag.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mater gloriosa.</hi> </speaker><lb/> <p>Komm! hebe dich zu höhern Sphären,<lb/> Wenn er dich ahnet folgt er nach.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Doctor Marianus.</hi> </speaker><lb/> <stage>(Auf dem Angesicht anbetend.)</stage><lb/> <lg type="poem"> <l rendition="#et">Blicket auf zum Retterblick</l><lb/> <l rendition="#et">Alle reuig Zarten,</l><lb/> <l rendition="#et">Euch zu seligem Geschick</l><lb/> <l rendition="#et">Dankend umzuarten.</l><lb/> <l rendition="#et">Werde jeder bess’re Sinn</l><lb/> <l rendition="#et">Dir zum Dienst erbötig;</l><lb/> <l rendition="#et">Jungfrau, Mutter, Königin,</l><lb/> <l rendition="#et">Göttin bleibe gnädig!</l><lb/> </lg> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Chorus mysticus.</hi> </speaker><lb/> <lg type="poem"> <l rendition="#et">Alles Vergängliche</l><lb/> <l rendition="#et">Ist nur ein Gleichniß;</l><lb/> <l rendition="#et">Das Unzulängliche</l><lb/> <l rendition="#et">Hier wird’s Ereigniß;</l><lb/> </lg> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [343/0355]
Die eine Büßerin sonst Gretchen genannt.
Vom edlen Geisterchor umgeben,
Wird sich der Neue kaum gewahr,
Er ahnet kaum das frische Leben
So gleicht er schon der heiligen Schaar.
Sieh wie er jedem Erdenbande
Der alten Hülle sich entrafft,
Und aus ätherischem Gewande
Hervortritt erste Jugendkraft!
Vergönne mir ihn zu belehren,
Noch blendet ihn der neue Tag.
Mater gloriosa.
Komm! hebe dich zu höhern Sphären,
Wenn er dich ahnet folgt er nach.
Doctor Marianus.
(Auf dem Angesicht anbetend.)
Blicket auf zum Retterblick
Alle reuig Zarten,
Euch zu seligem Geschick
Dankend umzuarten.
Werde jeder bess’re Sinn
Dir zum Dienst erbötig;
Jungfrau, Mutter, Königin,
Göttin bleibe gnädig!
Chorus mysticus.
Alles Vergängliche
Ist nur ein Gleichniß;
Das Unzulängliche
Hier wird’s Ereigniß;
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/355>, abgerufen am 16.07.2024. |