Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Doch höchst willkommen muß der Biedre seyn, Tritt er als Beistand kräftig zu uns ein, Zur Morgenstunde, die bedenklich waltet, Weil über ihr des Schicksals Wage schaltet. Doch lenket hier, im hohen Augenblick, Die starke Hand vom willigen Schwert zurück, Ehrt den Moment, wo manche Tausend schreiten, Für oder wider mich zu streiten. Selbst ist der Mann! Wer Thron und Kron begehrt Persönlich sey er solcher Ehren werth. Sey das Gespenst, das gegen uns erstanden, Sich Kaiser nennt und Herr von unsern Landen, Des Heeres Herzog, Lehnsherr unsrer Großen, Mit eigner Faust in's Todtenreich gestoßen! Faust.
Wie es auch sey das Große zu vollenden, Du thust nicht wohl dein Haupt so zu verpfänden. Ist nicht der Helm mit Kamm und Busch geschmückt? Er schützt das Haupt das unsern Muth entzückt. Was, ohne Haupt, was förderten die Glieder? Denn schläfert jenes, alle sinken nieder; Wird es verletzt, gleich alle sind verwundet, Erstehen frisch, wenn jenes rasch gesundet. Schnell weiß der Arm sein starkes Recht zu nützen, Er hebt den Schild den Schädel zu beschützen; Das Schwert gewahret seiner Pflicht sogleich, Lenkt kräftig ab und wiederholt den Streich; Der tüchtige Fuß nimmt Theil an ihrem Glück, Setzt dem Erschlagnen frisch sich in's Genick.
Doch höchst willkommen muß der Biedre seyn, Tritt er als Beistand kräftig zu uns ein, Zur Morgenstunde, die bedenklich waltet, Weil über ihr des Schicksals Wage schaltet. Doch lenket hier, im hohen Augenblick, Die starke Hand vom willigen Schwert zurück, Ehrt den Moment, wo manche Tausend schreiten, Für oder wider mich zu streiten. Selbst ist der Mann! Wer Thron und Kron begehrt Persönlich sey er solcher Ehren werth. Sey das Gespenst, das gegen uns erstanden, Sich Kaiser nennt und Herr von unsern Landen, Des Heeres Herzog, Lehnsherr unsrer Großen, Mit eigner Faust in’s Todtenreich gestoßen! Faust.
Wie es auch sey das Große zu vollenden, Du thust nicht wohl dein Haupt so zu verpfänden. Ist nicht der Helm mit Kamm und Busch geschmückt? Er schützt das Haupt das unsern Muth entzückt. Was, ohne Haupt, was förderten die Glieder? Denn schläfert jenes, alle sinken nieder; Wird es verletzt, gleich alle sind verwundet, Erstehen frisch, wenn jenes rasch gesundet. Schnell weiß der Arm sein starkes Recht zu nützen, Er hebt den Schild den Schädel zu beschützen; Das Schwert gewahret seiner Pflicht sogleich, Lenkt kräftig ab und wiederholt den Streich; Der tüchtige Fuß nimmt Theil an ihrem Glück, Setzt dem Erschlagnen frisch sich in’s Genick. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0282" n="270"/> Doch höchst willkommen muß der Biedre seyn,<lb/> Tritt er als Beistand kräftig zu uns ein,<lb/> Zur Morgenstunde, die bedenklich waltet,<lb/> Weil über ihr des Schicksals Wage schaltet.<lb/> Doch lenket hier, im hohen Augenblick,<lb/> Die starke Hand vom willigen Schwert zurück,<lb/> Ehrt den Moment, wo manche Tausend schreiten,<lb/> Für oder wider mich zu streiten.<lb/> Selbst ist der Mann! Wer Thron und Kron begehrt<lb/> Persönlich sey er solcher Ehren werth.<lb/> Sey das Gespenst, das gegen uns erstanden,<lb/> Sich Kaiser nennt und Herr von unsern Landen,<lb/> Des Heeres Herzog, Lehnsherr unsrer Großen,<lb/> Mit eigner Faust in’s Todtenreich gestoßen!<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Faust.</hi> </speaker><lb/> <p>Wie es auch sey das Große zu vollenden,<lb/> Du thust nicht wohl dein Haupt so zu verpfänden.<lb/> Ist nicht der Helm mit Kamm und Busch geschmückt?<lb/> Er schützt das Haupt das unsern Muth entzückt.<lb/> Was, ohne Haupt, was förderten die Glieder?<lb/> Denn schläfert jenes, alle sinken nieder;<lb/> Wird es verletzt, gleich alle sind verwundet,<lb/> Erstehen frisch, wenn jenes rasch gesundet.<lb/> Schnell weiß der Arm sein starkes Recht zu nützen,<lb/> Er hebt den Schild den Schädel zu beschützen;<lb/> Das Schwert gewahret seiner Pflicht sogleich,<lb/> Lenkt kräftig ab und wiederholt den Streich;<lb/> Der tüchtige Fuß nimmt Theil an ihrem Glück,<lb/> Setzt dem Erschlagnen frisch sich in’s Genick.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0282]
Doch höchst willkommen muß der Biedre seyn,
Tritt er als Beistand kräftig zu uns ein,
Zur Morgenstunde, die bedenklich waltet,
Weil über ihr des Schicksals Wage schaltet.
Doch lenket hier, im hohen Augenblick,
Die starke Hand vom willigen Schwert zurück,
Ehrt den Moment, wo manche Tausend schreiten,
Für oder wider mich zu streiten.
Selbst ist der Mann! Wer Thron und Kron begehrt
Persönlich sey er solcher Ehren werth.
Sey das Gespenst, das gegen uns erstanden,
Sich Kaiser nennt und Herr von unsern Landen,
Des Heeres Herzog, Lehnsherr unsrer Großen,
Mit eigner Faust in’s Todtenreich gestoßen!
Faust.
Wie es auch sey das Große zu vollenden,
Du thust nicht wohl dein Haupt so zu verpfänden.
Ist nicht der Helm mit Kamm und Busch geschmückt?
Er schützt das Haupt das unsern Muth entzückt.
Was, ohne Haupt, was förderten die Glieder?
Denn schläfert jenes, alle sinken nieder;
Wird es verletzt, gleich alle sind verwundet,
Erstehen frisch, wenn jenes rasch gesundet.
Schnell weiß der Arm sein starkes Recht zu nützen,
Er hebt den Schild den Schädel zu beschützen;
Das Schwert gewahret seiner Pflicht sogleich,
Lenkt kräftig ab und wiederholt den Streich;
Der tüchtige Fuß nimmt Theil an ihrem Glück,
Setzt dem Erschlagnen frisch sich in’s Genick.
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