Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.Wolkenkränze bildend, Unsrer Königin Haupt; Denn schon bestieg sie Eingeladen herrlichen Pfühl. Tretet heran, Stufe für Stufe, Reihet euch ernst. Würdig, o würdig, dreyfach würdig Sey gesegnet ein solcher Empfang! (Alles vom Chor Ausgesprochene geschieht nach und nach.) Faust. (Nachdem Knaben und Knappen in langem Zug herabgestiegen, erscheint er oben an der Treppe in ritterlicher Hofkleidung des Mit- telalters und kommt langsam würdig herunter.) Chorführerin
(ihn aufmerksam beschauend). Wenn diesem nicht die Götter, wie sie öfter thun, Für wenige Zeit nur wundernswürdige Gestalt, Erhabnen Anstand, liebenswerthe Gegenwart Vorübergänglich liehen; wird ihm jedesmal Was er beginnt gelingen, sey's in Männerschlacht, So auch im kleinen Kriege mit den schönsten Frau'n. Er ist fürwahr gar vielen andern vorzuziehn, Die ich doch auch als hochgeschätzt mit Augen sah. Mit langsam-ernstem, ehrfurchtsvoll gehaltnem Schritt Seh' ich den Fürsten; wende dich, o Königin! Wolkenkränze bildend, Unsrer Königin Haupt; Denn schon bestieg sie Eingeladen herrlichen Pfühl. Tretet heran, Stufe für Stufe, Reihet euch ernst. Würdig, o würdig, dreyfach würdig Sey gesegnet ein solcher Empfang! (Alles vom Chor Ausgesprochene geschieht nach und nach.) Faust. (Nachdem Knaben und Knappen in langem Zug herabgestiegen, erscheint er oben an der Treppe in ritterlicher Hofkleidung des Mit- telalters und kommt langsam würdig herunter.) Chorführerin
(ihn aufmerksam beschauend). Wenn diesem nicht die Götter, wie sie öfter thun, Für wenige Zeit nur wundernswürdige Gestalt, Erhabnen Anstand, liebenswerthe Gegenwart Vorübergänglich liehen; wird ihm jedesmal Was er beginnt gelingen, sey’s in Männerschlacht, So auch im kleinen Kriege mit den schönsten Frau’n. Er ist fürwahr gar vielen andern vorzuziehn, Die ich doch auch als hochgeschätzt mit Augen sah. Mit langsam-ernstem, ehrfurchtsvoll gehaltnem Schritt Seh’ ich den Fürsten; wende dich, o Königin! <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <lg type="poem"> <pb facs="#f0222" n="210"/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#et">Wolkenkränze bildend,</hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#et">Unsrer Königin Haupt;</hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#et">Denn schon bestieg sie</hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#et">Eingeladen herrlichen Pfühl.</hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#et">Tretet heran,</hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#et">Stufe für Stufe,</hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#et">Reihet euch ernst.</hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#et">Würdig, o würdig, dreyfach würdig</hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#et">Sey gesegnet ein solcher Empfang!</hi> </l><lb/> </lg> </sp> <stage>(Alles vom Chor Ausgesprochene geschieht nach und nach.)</stage><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Faust.</hi> </speaker><lb/> <stage>(Nachdem Knaben und Knappen in langem Zug herabgestiegen,<lb/> erscheint er oben an der Treppe in ritterlicher Hofkleidung des Mit-<lb/> telalters und kommt langsam würdig herunter.)</stage><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Chorführerin</hi> </speaker><lb/> <stage>(ihn aufmerksam beschauend).</stage><lb/> <p>Wenn diesem nicht die Götter, wie sie öfter thun,<lb/> Für wenige Zeit nur wundernswürdige Gestalt,<lb/> Erhabnen Anstand, liebenswerthe Gegenwart<lb/> Vorübergänglich liehen; wird ihm jedesmal<lb/> Was er beginnt gelingen, sey’s in Männerschlacht,<lb/> So auch im kleinen Kriege mit den schönsten Frau’n.<lb/> Er ist fürwahr gar vielen andern vorzuziehn,<lb/> Die ich doch auch als hochgeschätzt mit Augen sah.<lb/> Mit langsam-ernstem, ehrfurchtsvoll gehaltnem Schritt<lb/> Seh’ ich den Fürsten; wende dich, o Königin!<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [210/0222]
Wolkenkränze bildend,
Unsrer Königin Haupt;
Denn schon bestieg sie
Eingeladen herrlichen Pfühl.
Tretet heran,
Stufe für Stufe,
Reihet euch ernst.
Würdig, o würdig, dreyfach würdig
Sey gesegnet ein solcher Empfang!
(Alles vom Chor Ausgesprochene geschieht nach und nach.)
Faust.
(Nachdem Knaben und Knappen in langem Zug herabgestiegen,
erscheint er oben an der Treppe in ritterlicher Hofkleidung des Mit-
telalters und kommt langsam würdig herunter.)
Chorführerin
(ihn aufmerksam beschauend).
Wenn diesem nicht die Götter, wie sie öfter thun,
Für wenige Zeit nur wundernswürdige Gestalt,
Erhabnen Anstand, liebenswerthe Gegenwart
Vorübergänglich liehen; wird ihm jedesmal
Was er beginnt gelingen, sey’s in Männerschlacht,
So auch im kleinen Kriege mit den schönsten Frau’n.
Er ist fürwahr gar vielen andern vorzuziehn,
Die ich doch auch als hochgeschätzt mit Augen sah.
Mit langsam-ernstem, ehrfurchtsvoll gehaltnem Schritt
Seh’ ich den Fürsten; wende dich, o Königin!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/222 |
Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/222>, abgerufen am 16.02.2025. |