Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Gar mancher Held sich menschenfresserisch erwies. Ich acht' auf seine Großheit, ihm vertraut' ich mich. Und seine Burg! die solltet ihr mit Augen sehn! Das ist was anderes gegen plumpes Mauerwerk Das eure Väter, mir nichts dir nichts, aufgewälzt, Cyklopisch wie Cyklopen, rohen Stein sogleich Auf rohe Steine stürzend; dort hingegen, dort Ist alles senk- und wagerecht und regelhaft. Von außen schaut sie! himmelan sie strebt empor, So starr, so wohl in Fugen, spiegelglatt wie Stahl. Zu klettern hier - ja selbst der Gedanke gleitet ab. Und innen großer Höfe Raumgelasse, rings Mit Baulichkeit umgeben aller Art und Zweck. Da seht ihr Säulen, Säulchen, Bogen, Bögelchen, Altane, Galerie'n zu schauen aus und ein, Und Wappen. Chor. Was sind Wappen? Phorkyas. Ajax führte ja Geschlungne Schlang' im Schilde, wie ihr selbst gesehn. Die Sieben dort vor Theben trugen Bildnerey'n Ein jeder auf seinem Schilde, reich bedeutungsvoll. Da sah man Mond und Stern' am nächtigen Himmels- raum, Auch Göttin, Held und Leiter, Schwerter, Fackeln auch, Und was Bedrängliches guten Städten grimmig droht. Ein solch Gebilde führt auch unsre Heldenschaar Von seinen Ur-Urahnen her in Farbenglanz.
Gar mancher Held sich menschenfresserisch erwies. Ich acht’ auf seine Großheit, ihm vertraut’ ich mich. Und seine Burg! die solltet ihr mit Augen sehn! Das ist was anderes gegen plumpes Mauerwerk Das eure Väter, mir nichts dir nichts, aufgewälzt, Cyklopisch wie Cyklopen, rohen Stein sogleich Auf rohe Steine stürzend; dort hingegen, dort Ist alles senk- und wagerecht und regelhaft. Von außen schaut sie! himmelan sie strebt empor, So starr, so wohl in Fugen, spiegelglatt wie Stahl. Zu klettern hier – ja selbst der Gedanke gleitet ab. Und innen großer Höfe Raumgelasse, rings Mit Baulichkeit umgeben aller Art und Zweck. Da seht ihr Säulen, Säulchen, Bogen, Bögelchen, Altane, Galerie’n zu schauen aus und ein, Und Wappen. Chor. Was sind Wappen? Phorkyas. Ajax führte ja Geschlungne Schlang’ im Schilde, wie ihr selbst gesehn. Die Sieben dort vor Theben trugen Bildnerey’n Ein jeder auf seinem Schilde, reich bedeutungsvoll. Da sah man Mond und Stern’ am nächtigen Himmels- raum, Auch Göttin, Held und Leiter, Schwerter, Fackeln auch, Und was Bedrängliches guten Städten grimmig droht. Ein solch Gebilde führt auch unsre Heldenschaar Von seinen Ur-Urahnen her in Farbenglanz. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0215" n="203"/> Gar mancher Held sich menschenfresserisch erwies.<lb/> Ich acht’ auf seine Großheit, ihm vertraut’ ich mich.<lb/> Und seine Burg! die solltet ihr mit Augen sehn!<lb/> Das ist was anderes gegen plumpes Mauerwerk<lb/> Das eure Väter, mir nichts dir nichts, aufgewälzt,<lb/> Cyklopisch wie Cyklopen, rohen Stein sogleich<lb/> Auf rohe Steine stürzend; dort hingegen, dort<lb/> Ist alles senk- und wagerecht und regelhaft.<lb/> Von außen schaut sie! himmelan sie strebt empor,<lb/> So starr, so wohl in Fugen, spiegelglatt wie Stahl.<lb/> Zu klettern hier – ja selbst der Gedanke gleitet ab.<lb/> Und innen großer Höfe Raumgelasse, rings<lb/> Mit Baulichkeit umgeben aller Art und Zweck.<lb/> Da seht ihr Säulen, Säulchen, Bogen, Bögelchen,<lb/> Altane, Galerie’n zu schauen aus und ein,<lb/> Und Wappen.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Chor.</hi> </speaker><lb/> <p> <hi rendition="#et">Was sind Wappen?</hi><lb/> </p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Phorkyas.</hi> </speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Ajax führte ja</hi><lb/> Geschlungne Schlang’ im Schilde, wie ihr selbst gesehn.<lb/> Die Sieben dort vor Theben trugen Bildnerey’n<lb/> Ein jeder auf seinem Schilde, reich bedeutungsvoll.<lb/> Da sah man Mond und Stern’ am nächtigen Himmels-<lb/><hi rendition="#et">raum,</hi><lb/> Auch Göttin, Held und Leiter, Schwerter, Fackeln auch,<lb/> Und was Bedrängliches guten Städten grimmig droht.<lb/> Ein solch Gebilde führt auch unsre Heldenschaar<lb/> Von seinen Ur-Urahnen her in Farbenglanz.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [203/0215]
Gar mancher Held sich menschenfresserisch erwies.
Ich acht’ auf seine Großheit, ihm vertraut’ ich mich.
Und seine Burg! die solltet ihr mit Augen sehn!
Das ist was anderes gegen plumpes Mauerwerk
Das eure Väter, mir nichts dir nichts, aufgewälzt,
Cyklopisch wie Cyklopen, rohen Stein sogleich
Auf rohe Steine stürzend; dort hingegen, dort
Ist alles senk- und wagerecht und regelhaft.
Von außen schaut sie! himmelan sie strebt empor,
So starr, so wohl in Fugen, spiegelglatt wie Stahl.
Zu klettern hier – ja selbst der Gedanke gleitet ab.
Und innen großer Höfe Raumgelasse, rings
Mit Baulichkeit umgeben aller Art und Zweck.
Da seht ihr Säulen, Säulchen, Bogen, Bögelchen,
Altane, Galerie’n zu schauen aus und ein,
Und Wappen.
Chor.
Was sind Wappen?
Phorkyas.
Ajax führte ja
Geschlungne Schlang’ im Schilde, wie ihr selbst gesehn.
Die Sieben dort vor Theben trugen Bildnerey’n
Ein jeder auf seinem Schilde, reich bedeutungsvoll.
Da sah man Mond und Stern’ am nächtigen Himmels-
raum,
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/215>, abgerufen am 16.02.2025. |