Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Geleistet als die hohe Kraft von Ilios Umlagert stand und fiel und lag; nicht weniger Als wir der Irrfahrt kummervolle Wechselnoth Ertrugen, wo sonst jeder sich der nächste bleibt. Auch hier erwart' ich gleiches von der muntern Schaar; Nicht was der Knecht sey, fragt der Herr, nur wie er dient. Drum schweige du und grinse sie nicht länger an. Hast du das Haus des Königs wohl verwahrt bisher, Anstatt der Hausfrau, solches dient zum Ruhme dir; Doch jetzo kommt sie selber, tritt nun du zurück, Damit nicht Strafe werde statt verdienten Lohns. Phorkyas. Den Hausgenossen drohen bleibt ein großes Recht, Das gottbeglückten Herrschers hohe Gattin sich Durch langer Jahre weise Leitung wohl verdient. Da du, nun Anerkannte, nun den alten Platz Der Königin und Hausfrau wiederum betrittst, So fasse längst erschlaffte Zügel, herrsche nun, Nimm in Besitz den Schatz und sämmtlich uns dazu. Vor allem aber schütze mich die ältere Vor dieser Schaar, die, neben deiner Schönheit Schwan, Nur schlecht befittigt schnatterhafte Gänse sind. Chorführerin. Wie häßlich neben Schönheit zeigt sich Häßlichkeit. Phorkyas. Wie unverständig neben Klugheit Unverstand. (Von hier an erwiedern die Choretiden, einzeln aus dem Chor heraustretend.)
Geleistet als die hohe Kraft von Ilios Umlagert stand und fiel und lag; nicht weniger Als wir der Irrfahrt kummervolle Wechselnoth Ertrugen, wo sonst jeder sich der nächste bleibt. Auch hier erwart’ ich gleiches von der muntern Schaar; Nicht was der Knecht sey, fragt der Herr, nur wie er dient. Drum schweige du und grinse sie nicht länger an. Hast du das Haus des Königs wohl verwahrt bisher, Anstatt der Hausfrau, solches dient zum Ruhme dir; Doch jetzo kommt sie selber, tritt nun du zurück, Damit nicht Strafe werde statt verdienten Lohns. Phorkyas. Den Hausgenossen drohen bleibt ein großes Recht, Das gottbeglückten Herrschers hohe Gattin sich Durch langer Jahre weise Leitung wohl verdient. Da du, nun Anerkannte, nun den alten Platz Der Königin und Hausfrau wiederum betrittst, So fasse längst erschlaffte Zügel, herrsche nun, Nimm in Besitz den Schatz und sämmtlich uns dazu. Vor allem aber schütze mich die ältere Vor dieser Schaar, die, neben deiner Schönheit Schwan, Nur schlecht befittigt schnatterhafte Gänse sind. Chorführerin. Wie häßlich neben Schönheit zeigt sich Häßlichkeit. Phorkyas. Wie unverständig neben Klugheit Unverstand. (Von hier an erwiedern die Choretiden, einzeln aus dem Chor heraustretend.) <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0203" n="191"/> Geleistet als die hohe Kraft von Ilios<lb/> Umlagert stand und fiel und lag; nicht weniger<lb/> Als wir der Irrfahrt kummervolle Wechselnoth<lb/> Ertrugen, wo sonst jeder sich der nächste bleibt.<lb/> Auch hier erwart’ ich gleiches von der muntern Schaar;<lb/> Nicht was der Knecht sey, fragt der Herr, nur wie<lb/><hi rendition="#et">er dient.</hi><lb/> Drum schweige du und grinse sie nicht länger an.<lb/> Hast du das Haus des Königs wohl verwahrt bisher,<lb/> Anstatt der Hausfrau, solches dient zum Ruhme dir;<lb/> Doch jetzo kommt sie selber, tritt nun du zurück,<lb/> Damit nicht Strafe werde statt verdienten Lohns.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Phorkyas.</hi> </speaker><lb/> <p>Den Hausgenossen drohen bleibt ein großes Recht,<lb/> Das gottbeglückten Herrschers hohe Gattin sich<lb/> Durch langer Jahre weise Leitung wohl verdient.<lb/> Da du, nun Anerkannte, nun den alten Platz<lb/> Der Königin und Hausfrau wiederum betrittst,<lb/> So fasse längst erschlaffte Zügel, herrsche nun,<lb/> Nimm in Besitz den Schatz und sämmtlich uns dazu.<lb/> Vor allem aber schütze mich die ältere<lb/> Vor dieser Schaar, die, neben deiner Schönheit Schwan,<lb/> Nur schlecht befittigt schnatterhafte Gänse sind.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Chorführerin.</hi> </speaker><lb/> <p>Wie häßlich neben Schönheit zeigt sich Häßlichkeit.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Phorkyas.</hi> </speaker><lb/> <p>Wie unverständig neben Klugheit Unverstand.<lb/></p> </sp> <stage>(Von hier an erwiedern die Choretiden, einzeln aus dem<lb/> Chor heraustretend.)</stage><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0203]
Geleistet als die hohe Kraft von Ilios
Umlagert stand und fiel und lag; nicht weniger
Als wir der Irrfahrt kummervolle Wechselnoth
Ertrugen, wo sonst jeder sich der nächste bleibt.
Auch hier erwart’ ich gleiches von der muntern Schaar;
Nicht was der Knecht sey, fragt der Herr, nur wie
er dient.
Drum schweige du und grinse sie nicht länger an.
Hast du das Haus des Königs wohl verwahrt bisher,
Anstatt der Hausfrau, solches dient zum Ruhme dir;
Doch jetzo kommt sie selber, tritt nun du zurück,
Damit nicht Strafe werde statt verdienten Lohns.
Phorkyas.
Den Hausgenossen drohen bleibt ein großes Recht,
Das gottbeglückten Herrschers hohe Gattin sich
Durch langer Jahre weise Leitung wohl verdient.
Da du, nun Anerkannte, nun den alten Platz
Der Königin und Hausfrau wiederum betrittst,
So fasse längst erschlaffte Zügel, herrsche nun,
Nimm in Besitz den Schatz und sämmtlich uns dazu.
Vor allem aber schütze mich die ältere
Vor dieser Schaar, die, neben deiner Schönheit Schwan,
Nur schlecht befittigt schnatterhafte Gänse sind.
Chorführerin.
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Phorkyas.
Wie unverständig neben Klugheit Unverstand.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/203>, abgerufen am 15.08.2024. |