Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.Welch Getöse bringt das Licht! Es trommetet, es posaunet, Auge blinzt und Ohr erstaunet, Unerhörtes hört sich nicht. Schlüpfet zu den Blumenkronen, Tiefer tiefer, still zu wohnen, In die Felsen, unter's Laub; Trifft es euch so seyd ihr taub. Faust. Des Lebens Pulse schlagen frisch lebendig, Aetherische Dämm'rung milde zu begrüßen; Du Erde warst auch diese Nacht beständig, Und athmest neu erquickt zu meinen Füßen, Beginnest schon mit Lust mich zu umgeben, Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen, Zum höchsten Daseyn immerfort zu streben. - In Dämmerschein liegt schon die Welt erschlossen, Der Wald ertönt von tausendstimmigem Leben, Thal aus, Thal ein ist Nebelstreif ergossen; Doch senkt sich Himmelsklarheit in die Tiefen, Und Zweig und Aeste, frisch erquickt, entsprossen Dem duft'gen Abgrund wo versenkt sie schliefen; Auch Farb' an Farbe klärt sich los vom Grunde, Wo Blum' und Blatt von Zitterperle triefen, Ein Paradies wird um mich her die Runde. Hinaufgeschaut! - Der Berge Gipfelriesen Verkünden schon die feierlichste Stunde; Welch Getöse bringt das Licht! Es trommetet, es posaunet, Auge blinzt und Ohr erstaunet, Unerhörtes hört sich nicht. Schlüpfet zu den Blumenkronen, Tiefer tiefer, still zu wohnen, In die Felsen, unter’s Laub; Trifft es euch so seyd ihr taub. Faust. Des Lebens Pulse schlagen frisch lebendig, Aetherische Dämm’rung milde zu begrüßen; Du Erde warst auch diese Nacht beständig, Und athmest neu erquickt zu meinen Füßen, Beginnest schon mit Lust mich zu umgeben, Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen, Zum höchsten Daseyn immerfort zu streben. – In Dämmerschein liegt schon die Welt erschlossen, Der Wald ertönt von tausendstimmigem Leben, Thal aus, Thal ein ist Nebelstreif ergossen; Doch senkt sich Himmelsklarheit in die Tiefen, Und Zweig und Aeste, frisch erquickt, entsprossen Dem duft’gen Abgrund wo versenkt sie schliefen; Auch Farb’ an Farbe klärt sich los vom Grunde, Wo Blum’ und Blatt von Zitterperle triefen, Ein Paradies wird um mich her die Runde. Hinaufgeschaut! – Der Berge Gipfelriesen Verkünden schon die feierlichste Stunde; <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <lg type="poem"> <pb facs="#f0018" n="6"/> <l rendition="#et">Welch Getöse bringt das Licht!</l><lb/> <l rendition="#et">Es trommetet, es posaunet,</l><lb/> <l rendition="#et">Auge blinzt und Ohr erstaunet,</l><lb/> <l rendition="#et">Unerhörtes hört sich nicht.</l><lb/> <l rendition="#et">Schlüpfet zu den Blumenkronen,</l><lb/> <l rendition="#et">Tiefer tiefer, still zu wohnen,</l><lb/> <l rendition="#et">In die Felsen, unter’s Laub;</l><lb/> <l rendition="#et">Trifft es euch so seyd ihr taub.</l><lb/> </lg> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Faust.</hi> </speaker><lb/> <p> Des Lebens Pulse schlagen frisch lebendig,<lb/> Aetherische Dämm’rung milde zu begrüßen;<lb/> Du Erde warst auch diese Nacht beständig,<lb/> Und athmest neu erquickt zu meinen Füßen,<lb/> Beginnest schon mit Lust mich zu umgeben,<lb/> Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen,<lb/> Zum höchsten Daseyn immerfort zu streben. –<lb/> In Dämmerschein liegt schon die Welt erschlossen,<lb/> Der Wald ertönt von tausendstimmigem Leben,<lb/> Thal aus, Thal ein ist Nebelstreif ergossen;<lb/> Doch senkt sich Himmelsklarheit in die Tiefen,<lb/> Und Zweig und Aeste, frisch erquickt, entsprossen<lb/> Dem duft’gen Abgrund wo versenkt sie schliefen;<lb/> Auch Farb’ an Farbe klärt sich los vom Grunde,<lb/> Wo Blum’ und Blatt von Zitterperle triefen,<lb/> Ein Paradies wird um mich her die Runde.<lb/></p><lb/> <p> Hinaufgeschaut! – Der Berge Gipfelriesen<lb/> Verkünden schon die feierlichste Stunde;<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0018]
Welch Getöse bringt das Licht!
Es trommetet, es posaunet,
Auge blinzt und Ohr erstaunet,
Unerhörtes hört sich nicht.
Schlüpfet zu den Blumenkronen,
Tiefer tiefer, still zu wohnen,
In die Felsen, unter’s Laub;
Trifft es euch so seyd ihr taub.
Faust.
Des Lebens Pulse schlagen frisch lebendig,
Aetherische Dämm’rung milde zu begrüßen;
Du Erde warst auch diese Nacht beständig,
Und athmest neu erquickt zu meinen Füßen,
Beginnest schon mit Lust mich zu umgeben,
Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen,
Zum höchsten Daseyn immerfort zu streben. –
In Dämmerschein liegt schon die Welt erschlossen,
Der Wald ertönt von tausendstimmigem Leben,
Thal aus, Thal ein ist Nebelstreif ergossen;
Doch senkt sich Himmelsklarheit in die Tiefen,
Und Zweig und Aeste, frisch erquickt, entsprossen
Dem duft’gen Abgrund wo versenkt sie schliefen;
Auch Farb’ an Farbe klärt sich los vom Grunde,
Wo Blum’ und Blatt von Zitterperle triefen,
Ein Paradies wird um mich her die Runde.
Hinaufgeschaut! – Der Berge Gipfelriesen
Verkünden schon die feierlichste Stunde;
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/18>, abgerufen am 16.02.2025. |