Ich hatte Phöbus nie gesehn, Noch Ares, Hermes, wie sie heißen; Da sah ich mir vor Augen stehn Was alle Menschen göttlich preisen. So war er ein geborner König, Als Jüngling herrlichst anzuschaun; Dem ältern Bruder unterthänig Und auch den allerliebsten Fraun. Den zweyten zeugt nicht Gäa wieder; Nicht führt ihn Hebe himmelein; Vergebens mühen sich die Lieder, Vergebens quälen sie den Stein.
Faust. So sehr auch Bildner auf ihn pochen, So herrlich kam er nie zur Schau. Vom schönsten Mann hast du gesprochen, Nun sprich auch von der schönsten Frau!
Chiron. Was!... Frauen-Schönheit will nichts heißen, Ist gar zu oft ein starres Bild; Nur solch ein Wesen kann ich preisen Das froh und lebenslustig quillt. Die Schöne bleibt sich selber selig; Die Anmuth macht unwiderstehlich, Wie Helena, da ich sie trug.
Faust. Du trugst sie?
Chiron. Ja, auf diesem Rücken.
Ich hatte Phöbus nie gesehn, Noch Ares, Hermes, wie sie heißen; Da sah ich mir vor Augen stehn Was alle Menschen göttlich preisen. So war er ein geborner König, Als Jüngling herrlichst anzuschaun; Dem ältern Bruder unterthänig Und auch den allerliebsten Fraun. Den zweyten zeugt nicht Gäa wieder; Nicht führt ihn Hebe himmelein; Vergebens mühen sich die Lieder, Vergebens quälen sie den Stein.
Faust. So sehr auch Bildner auf ihn pochen, So herrlich kam er nie zur Schau. Vom schönsten Mann hast du gesprochen, Nun sprich auch von der schönsten Frau!
Chiron. Was!… Frauen-Schönheit will nichts heißen, Ist gar zu oft ein starres Bild; Nur solch ein Wesen kann ich preisen Das froh und lebenslustig quillt. Die Schöne bleibt sich selber selig; Die Anmuth macht unwiderstehlich, Wie Helena, da ich sie trug.
Faust. Du trugst sie?
Chiron. Ja, auf diesem Rücken.
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Ich hatte Phöbus nie gesehn,
Noch Ares, Hermes, wie sie heißen;
Da sah ich mir vor Augen stehn
Was alle Menschen göttlich preisen.
So war er ein geborner König,
Als Jüngling herrlichst anzuschaun;
Dem ältern Bruder unterthänig
Und auch den allerliebsten Fraun.
Den zweyten zeugt nicht Gäa wieder;
Nicht führt ihn Hebe himmelein;
Vergebens mühen sich die Lieder,
Vergebens quälen sie den Stein.
Faust.
So sehr auch Bildner auf ihn pochen,
So herrlich kam er nie zur Schau.
Vom schönsten Mann hast du gesprochen,
Nun sprich auch von der schönsten Frau!
Chiron.
Was!… Frauen-Schönheit will nichts heißen,
Ist gar zu oft ein starres Bild;
Nur solch ein Wesen kann ich preisen
Das froh und lebenslustig quillt.
Die Schöne bleibt sich selber selig;
Die Anmuth macht unwiderstehlich,
Wie Helena, da ich sie trug.
Faust.
Du trugst sie?
Chiron.
Ja, auf diesem Rücken.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/142>, abgerufen am 16.02.2025.
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