Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832. Mephistopheles. Der Teufel hat hier weiter nichts zu sagen. Baccalaureus. Wenn ich nicht will, so darf kein Teufel seyn. Mephistopheles (abseits). Der Teufel stellt dir nächstens doch ein Bein. Baccalaureus. Dieß ist der Jugend edelster Beruf! Die Welt sie war nicht eh' ich sie erschuf; Die Sonne führt' ich aus dem Meer herauf; Mit mir begann der Mond des Wechsels Lauf; Da schmückte sich der Tag auf meinen Wegen, Die Erde grünte, blühte mir entgegen. Auf meinen Wink, in jener ersten Nacht, Entfaltete sich aller Sterne Pracht. Wer, außer mir, entband euch aller Schranken Philisterhaft einklemmender Gedanken? Ich aber frei, wie mir's im Geiste spricht, Verfolge froh mein innerliches Licht, Und wandle rasch, im eigensten Entzücken, Das Helle vor mir, Finsterniß im Rücken. (Ab.) Mephistopheles. Original fahr' hin in deiner Pracht! - Wie würde dich die Einsicht kränken: Wer kann was Dummes, wer was Kluges denken Das nicht die Vorwelt schon gedacht? - Mephistopheles. Der Teufel hat hier weiter nichts zu sagen. Baccalaureus. Wenn ich nicht will, so darf kein Teufel seyn. Mephistopheles (abseits). Der Teufel stellt dir nächstens doch ein Bein. Baccalaureus. Dieß ist der Jugend edelster Beruf! Die Welt sie war nicht eh’ ich sie erschuf; Die Sonne führt’ ich aus dem Meer herauf; Mit mir begann der Mond des Wechsels Lauf; Da schmückte sich der Tag auf meinen Wegen, Die Erde grünte, blühte mir entgegen. Auf meinen Wink, in jener ersten Nacht, Entfaltete sich aller Sterne Pracht. Wer, außer mir, entband euch aller Schranken Philisterhaft einklemmender Gedanken? Ich aber frei, wie mir’s im Geiste spricht, Verfolge froh mein innerliches Licht, Und wandle rasch, im eigensten Entzücken, Das Helle vor mir, Finsterniß im Rücken. (Ab.) Mephistopheles. Original fahr’ hin in deiner Pracht! – Wie würde dich die Einsicht kränken: Wer kann was Dummes, wer was Kluges denken Das nicht die Vorwelt schon gedacht? – <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <pb facs="#f0114" n="102"/> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>Der Teufel hat hier weiter nichts zu sagen.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Baccalaureus.</hi> </speaker><lb/> <p>Wenn ich nicht will, so darf kein Teufel seyn.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles</hi> </speaker> <stage>(abseits).</stage><lb/> <p>Der Teufel stellt dir nächstens doch ein Bein.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Baccalaureus.</hi> </speaker><lb/> <p>Dieß ist der Jugend edelster Beruf!<lb/> Die Welt sie war nicht eh’ ich sie erschuf;<lb/> Die Sonne führt’ ich aus dem Meer herauf;<lb/> Mit mir begann der Mond des Wechsels Lauf;<lb/> Da schmückte sich der Tag auf meinen Wegen,<lb/> Die Erde grünte, blühte mir entgegen.<lb/> Auf meinen Wink, in jener ersten Nacht,<lb/> Entfaltete sich aller Sterne Pracht.<lb/> Wer, außer mir, entband euch aller Schranken<lb/> Philisterhaft einklemmender Gedanken?<lb/> Ich aber frei, wie mir’s im Geiste spricht,<lb/> Verfolge froh mein innerliches Licht,<lb/> Und wandle rasch, im eigensten Entzücken,<lb/> Das Helle vor mir, Finsterniß im Rücken.<lb/></p> <stage>(Ab.)</stage><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>Original fahr’ hin in deiner Pracht! –<lb/> Wie würde dich die Einsicht kränken:<lb/> Wer kann was Dummes, wer was Kluges denken<lb/> Das nicht die Vorwelt schon gedacht? –<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [102/0114]
Mephistopheles.
Der Teufel hat hier weiter nichts zu sagen.
Baccalaureus.
Wenn ich nicht will, so darf kein Teufel seyn.
Mephistopheles (abseits).
Der Teufel stellt dir nächstens doch ein Bein.
Baccalaureus.
Dieß ist der Jugend edelster Beruf!
Die Welt sie war nicht eh’ ich sie erschuf;
Die Sonne führt’ ich aus dem Meer herauf;
Mit mir begann der Mond des Wechsels Lauf;
Da schmückte sich der Tag auf meinen Wegen,
Die Erde grünte, blühte mir entgegen.
Auf meinen Wink, in jener ersten Nacht,
Entfaltete sich aller Sterne Pracht.
Wer, außer mir, entband euch aller Schranken
Philisterhaft einklemmender Gedanken?
Ich aber frei, wie mir’s im Geiste spricht,
Verfolge froh mein innerliches Licht,
Und wandle rasch, im eigensten Entzücken,
Das Helle vor mir, Finsterniß im Rücken.
(Ab.)
Mephistopheles.
Original fahr’ hin in deiner Pracht! –
Wie würde dich die Einsicht kränken:
Wer kann was Dummes, wer was Kluges denken
Das nicht die Vorwelt schon gedacht? –
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/114>, abgerufen am 16.02.2025. |