Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.
Geschwind! daß wir das Wildpret nicht verlieren. Die Hand, die Samstags ihren Besen führt, Wird Sontags dich am besten caressiren. Bürger. Nein, er gefällt mir nicht der neue Burgemeister! Nun, da er's ist, wird er nur täglich dreister. Und für die Stadt was thut denn er? Wird es nicht alle Tage schlimmer? Gehorchen soll man mehr als immer, Und zahlen mehr als je vorher. Bettler singt. Ihr guten Herrn, ihr schönen Frauen, So wohlgeputzt und backenroth, Belieb' es euch mich anzuschauen, Und seht und mildert meine Noth! Laßt hier mich nicht vergebens leyern! Nur der ist froh, der geben mag. Ein Tag den alle Menschen feyern, Er sey für mich ein Aerndetag. Andrer Bürger. Nichts bessers weiß ich mir an Sonn- und Feyertagen, Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrey,
Geſchwind! daß wir das Wildpret nicht verlieren. Die Hand, die Samſtags ihren Beſen fuͤhrt, Wird Sontags dich am beſten careſſiren. Buͤrger. Nein, er gefaͤllt mir nicht der neue Burgemeiſter! Nun, da er’s iſt, wird er nur taͤglich dreiſter. Und fuͤr die Stadt was thut denn er? Wird es nicht alle Tage ſchlimmer? Gehorchen ſoll man mehr als immer, Und zahlen mehr als je vorher. Bettler ſingt. Ihr guten Herrn, ihr ſchoͤnen Frauen, So wohlgeputzt und backenroth, Belieb’ es euch mich anzuſchauen, Und ſeht und mildert meine Noth! Laßt hier mich nicht vergebens leyern! Nur der iſt froh, der geben mag. Ein Tag den alle Menſchen feyern, Er ſey fuͤr mich ein Aerndetag. Andrer Buͤrger. Nichts beſſers weiß ich mir an Sonn- und Feyertagen, Als ein Geſpraͤch von Krieg und Kriegsgeſchrey, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#ERST"> <p><pb facs="#f0066" n="60"/> Geſchwind! daß wir das Wildpret nicht verlieren.<lb/> Die Hand, die Samſtags ihren Beſen fuͤhrt,<lb/> Wird Sontags dich am beſten careſſiren.</p> </sp><lb/> <sp who="#BUERG"> <speaker><hi rendition="#g">Buͤrger</hi>.</speaker><lb/> <p>Nein, er gefaͤllt mir nicht der neue Burgemeiſter!<lb/> Nun, da er’s iſt, wird er nur taͤglich dreiſter.<lb/> Und fuͤr die Stadt was thut denn er?<lb/> Wird es nicht alle Tage ſchlimmer?<lb/> Gehorchen ſoll man mehr als immer,<lb/> Und zahlen mehr als je vorher.</p> </sp><lb/> <sp who="#BET"> <speaker> <hi rendition="#g">Bettler</hi> </speaker> <stage>ſingt.</stage><lb/> <p>Ihr guten Herrn, ihr ſchoͤnen Frauen,<lb/> So wohlgeputzt und backenroth,<lb/> Belieb’ es euch mich anzuſchauen,<lb/> Und ſeht und mildert meine Noth!<lb/> Laßt hier mich nicht vergebens leyern!<lb/> Nur der iſt froh, der geben mag.<lb/> Ein Tag den alle Menſchen feyern,<lb/> Er ſey fuͤr mich ein Aerndetag.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANDBUERG"> <speaker><hi rendition="#g">Andrer Buͤrger</hi>.</speaker><lb/> <p>Nichts beſſers weiß ich mir an Sonn- und Feyertagen,<lb/> Als ein Geſpraͤch von Krieg und Kriegsgeſchrey,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0066]
Geſchwind! daß wir das Wildpret nicht verlieren.
Die Hand, die Samſtags ihren Beſen fuͤhrt,
Wird Sontags dich am beſten careſſiren.
Buͤrger.
Nein, er gefaͤllt mir nicht der neue Burgemeiſter!
Nun, da er’s iſt, wird er nur taͤglich dreiſter.
Und fuͤr die Stadt was thut denn er?
Wird es nicht alle Tage ſchlimmer?
Gehorchen ſoll man mehr als immer,
Und zahlen mehr als je vorher.
Bettler ſingt.
Ihr guten Herrn, ihr ſchoͤnen Frauen,
So wohlgeputzt und backenroth,
Belieb’ es euch mich anzuſchauen,
Und ſeht und mildert meine Noth!
Laßt hier mich nicht vergebens leyern!
Nur der iſt froh, der geben mag.
Ein Tag den alle Menſchen feyern,
Er ſey fuͤr mich ein Aerndetag.
Andrer Buͤrger.
Nichts beſſers weiß ich mir an Sonn- und Feyertagen,
Als ein Geſpraͤch von Krieg und Kriegsgeſchrey,
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