Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.
Woher die holde Nachricht tönt; Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewöhnt, Ruft er auch jetzt zurück mich in das Leben. Sonst stürzte sich der Himmels-Liebe Kuß Auf mich herab, in ernster Sabathstille; Da klang so ahndungsvoll des Glockentones Fülle, Und ein Gebet war brünstiger Genuß; Ein unbegreiflich holdes Sehnen Trieb mich durch Wald und Wiesen hinzugehn, Und unter tausend heißen Thränen, Fühlt' ich mir eine Welt entstehn. Dieß Lied verkündete der Jugend muntre Spiele, Der Frühlingsfeyer freyes Glück; Erinnrung hält mich nun, mit kindlichem Gefühle, Vom letzten, ernsten Schritt zurück. O! tönet fort, ihr süßen Himmelslieder! Die Thräne quillt, die Erde hat mich wieder! Chor der Jünger. Hat der Begrabene Schon sich nach oben, Lebend Erhabene, Herrlich erhoben
Woher die holde Nachricht toͤnt; Und doch, an dieſen Klang von Jugend auf gewoͤhnt, Ruft er auch jetzt zuruͤck mich in das Leben. Sonſt ſtuͤrzte ſich der Himmels-Liebe Kuß Auf mich herab, in ernſter Sabathſtille; Da klang ſo ahndungsvoll des Glockentones Fuͤlle, Und ein Gebet war bruͤnſtiger Genuß; Ein unbegreiflich holdes Sehnen Trieb mich durch Wald und Wieſen hinzugehn, Und unter tauſend heißen Thraͤnen, Fuͤhlt’ ich mir eine Welt entſtehn. Dieß Lied verkuͤndete der Jugend muntre Spiele, Der Fruͤhlingsfeyer freyes Gluͤck; Erinnrung haͤlt mich nun, mit kindlichem Gefuͤhle, Vom letzten, ernſten Schritt zuruͤck. O! toͤnet fort, ihr ſuͤßen Himmelslieder! Die Thraͤne quillt, die Erde hat mich wieder! Chor der Juͤnger. Hat der Begrabene Schon ſich nach oben, Lebend Erhabene, Herrlich erhoben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#FAU"> <p><pb facs="#f0061" n="55"/> Woher die holde Nachricht toͤnt;<lb/> Und doch, an dieſen Klang von Jugend auf gewoͤhnt,<lb/> Ruft er auch jetzt zuruͤck mich in das Leben.<lb/> Sonſt ſtuͤrzte ſich der Himmels-Liebe Kuß<lb/> Auf mich herab, in ernſter Sabathſtille;<lb/> Da klang ſo ahndungsvoll des Glockentones Fuͤlle,<lb/> Und ein Gebet war bruͤnſtiger Genuß;<lb/> Ein unbegreiflich holdes Sehnen<lb/> Trieb mich durch Wald und Wieſen hinzugehn,<lb/> Und unter tauſend heißen Thraͤnen,<lb/> Fuͤhlt’ ich mir eine Welt entſtehn.<lb/> Dieß Lied verkuͤndete der Jugend muntre Spiele,<lb/> Der Fruͤhlingsfeyer freyes Gluͤck;<lb/> Erinnrung haͤlt mich nun, mit kindlichem Gefuͤhle,<lb/> Vom letzten, ernſten Schritt zuruͤck.<lb/> O! toͤnet fort, ihr ſuͤßen Himmelslieder!<lb/> Die Thraͤne quillt, die Erde hat mich wieder!</p> </sp><lb/> <sp who="#JUNGCHOR"> <speaker><hi rendition="#g">Chor der Juͤnger</hi>.</speaker><lb/> <p> <hi rendition="#c">Hat der Begrabene<lb/> Schon ſich nach oben,<lb/> Lebend Erhabene,<lb/> Herrlich erhoben<lb/></hi> </p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0061]
Woher die holde Nachricht toͤnt;
Und doch, an dieſen Klang von Jugend auf gewoͤhnt,
Ruft er auch jetzt zuruͤck mich in das Leben.
Sonſt ſtuͤrzte ſich der Himmels-Liebe Kuß
Auf mich herab, in ernſter Sabathſtille;
Da klang ſo ahndungsvoll des Glockentones Fuͤlle,
Und ein Gebet war bruͤnſtiger Genuß;
Ein unbegreiflich holdes Sehnen
Trieb mich durch Wald und Wieſen hinzugehn,
Und unter tauſend heißen Thraͤnen,
Fuͤhlt’ ich mir eine Welt entſtehn.
Dieß Lied verkuͤndete der Jugend muntre Spiele,
Der Fruͤhlingsfeyer freyes Gluͤck;
Erinnrung haͤlt mich nun, mit kindlichem Gefuͤhle,
Vom letzten, ernſten Schritt zuruͤck.
O! toͤnet fort, ihr ſuͤßen Himmelslieder!
Die Thraͤne quillt, die Erde hat mich wieder!
Chor der Juͤnger.
Hat der Begrabene
Schon ſich nach oben,
Lebend Erhabene,
Herrlich erhoben
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