Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.
Die thöricht g'nug ihr volles Herz nicht wahrten, Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten, Hat man von je gekreutzigt und verbrannt. Ich bitt' euch, Freund, es ist tief in der Nacht, Wir müssen's dießmal unterbrechen. Wagner. Ich hätte gern nur immer fortgewacht, Um so gelehrt mit euch mich zu besprechen. Doch Morgen, als am ersten Ostertage, Erlaubt mir ein' und andre Frage. Mit Eifer hab' ich mich der Studien beflissen, Zwar weiß ich viel, doch möcht' ich alles wissen. ab. Faust allein. Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet, Der immerfort an schalem Zeuge klebt, Mit gier'ger Hand nach Schätzen gräbt, Und froh ist, wenn er Regenwürmer findet! Darf eine solche Menschenstimme hier, Wo Geisterfülle mich umgab, ertönen? Doch ach! für dießmal dank' ich dir,
Die thoͤricht g’nug ihr volles Herz nicht wahrten, Dem Poͤbel ihr Gefuͤhl, ihr Schauen offenbarten, Hat man von je gekreutzigt und verbrannt. Ich bitt’ euch, Freund, es iſt tief in der Nacht, Wir muͤſſen’s dießmal unterbrechen. Wagner. Ich haͤtte gern nur immer fortgewacht, Um ſo gelehrt mit euch mich zu beſprechen. Doch Morgen, als am erſten Oſtertage, Erlaubt mir ein’ und andre Frage. Mit Eifer hab’ ich mich der Studien befliſſen, Zwar weiß ich viel, doch moͤcht’ ich alles wiſſen. ab. Fauſt allein. Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung ſchwindet, Der immerfort an ſchalem Zeuge klebt, Mit gier’ger Hand nach Schaͤtzen graͤbt, Und froh iſt, wenn er Regenwuͤrmer findet! Darf eine ſolche Menſchenſtimme hier, Wo Geiſterfuͤlle mich umgab, ertoͤnen? Doch ach! fuͤr dießmal dank’ ich dir, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#FAU"> <p><pb facs="#f0052" n="46"/> Die thoͤricht g’nug ihr volles Herz nicht wahrten,<lb/> Dem Poͤbel ihr Gefuͤhl, ihr Schauen offenbarten,<lb/> Hat man von je gekreutzigt und verbrannt.<lb/> Ich bitt’ euch, Freund, es iſt tief in der Nacht,<lb/> Wir muͤſſen’s dießmal unterbrechen.</p> </sp><lb/> <sp who="#WAG"> <speaker><hi rendition="#g">Wagner</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich haͤtte gern nur immer fortgewacht,<lb/> Um ſo gelehrt mit euch mich zu beſprechen.<lb/> Doch Morgen, als am erſten Oſtertage,<lb/> Erlaubt mir ein’ und andre Frage.<lb/> Mit Eifer hab’ ich mich der Studien befliſſen,<lb/> Zwar weiß ich viel, doch moͤcht’ ich alles wiſſen.</p><lb/> <stage>ab.</stage> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker> <hi rendition="#g">Fauſt</hi> </speaker> <stage>allein.</stage><lb/> <p>Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung ſchwindet,<lb/> Der immerfort an ſchalem Zeuge klebt,<lb/> Mit gier’ger Hand nach Schaͤtzen graͤbt,<lb/> Und froh iſt, wenn er Regenwuͤrmer findet!</p><lb/> <p>Darf eine ſolche Menſchenſtimme hier,<lb/> Wo Geiſterfuͤlle mich umgab, ertoͤnen?<lb/> Doch ach! fuͤr dießmal dank’ ich dir,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0052]
Die thoͤricht g’nug ihr volles Herz nicht wahrten,
Dem Poͤbel ihr Gefuͤhl, ihr Schauen offenbarten,
Hat man von je gekreutzigt und verbrannt.
Ich bitt’ euch, Freund, es iſt tief in der Nacht,
Wir muͤſſen’s dießmal unterbrechen.
Wagner.
Ich haͤtte gern nur immer fortgewacht,
Um ſo gelehrt mit euch mich zu beſprechen.
Doch Morgen, als am erſten Oſtertage,
Erlaubt mir ein’ und andre Frage.
Mit Eifer hab’ ich mich der Studien befliſſen,
Zwar weiß ich viel, doch moͤcht’ ich alles wiſſen.
ab.
Fauſt allein.
Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung ſchwindet,
Der immerfort an ſchalem Zeuge klebt,
Mit gier’ger Hand nach Schaͤtzen graͤbt,
Und froh iſt, wenn er Regenwuͤrmer findet!
Darf eine ſolche Menſchenſtimme hier,
Wo Geiſterfuͤlle mich umgab, ertoͤnen?
Doch ach! fuͤr dießmal dank’ ich dir,
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/52>, abgerufen am 16.07.2024. |