Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808. Margarete. Es thut mir lang' schon weh, Daß ich dich in der Gesellschaft seh'. Faust. Wie so? Margarete. Der Mensch, den du da bey dir hast, Ist mir in tiefer inn'rer Seele verhaßt: Es hat mir in meinem Leben So nichts einen Stich in's Herz gegeben, Als des Menschen widrig Gesicht. Faust. Liebe Puppe, fürcht' ihn nicht! Margarete. Seine Gegenwart bewegt mir das Blut. Ich bin sonst allen Menschen gut; Aber, wie ich mich sehne dich zu schauen, Hab' ich vor dem Menschen ein heimlich Grauen, Und halt' ihn für einen Schelm dazu! Gott verzeih' mir's, wenn ich ihm Unrecht thu'! Faust. Es muß auch solche Käuze geben. Margarete. Es thut mir lang’ ſchon weh, Daß ich dich in der Geſellſchaft ſeh’. Fauſt. Wie ſo? Margarete. Der Menſch, den du da bey dir haſt, Iſt mir in tiefer inn’rer Seele verhaßt: Es hat mir in meinem Leben So nichts einen Stich in’s Herz gegeben, Als des Menſchen widrig Geſicht. Fauſt. Liebe Puppe, fuͤrcht’ ihn nicht! Margarete. Seine Gegenwart bewegt mir das Blut. Ich bin ſonſt allen Menſchen gut; Aber, wie ich mich ſehne dich zu ſchauen, Hab’ ich vor dem Menſchen ein heimlich Grauen, Und halt’ ihn fuͤr einen Schelm dazu! Gott verzeih’ mir’s, wenn ich ihm Unrecht thu’! Fauſt. Es muß auch ſolche Kaͤuze geben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0236" n="230"/> <sp who="#MARGA"> <speaker><hi rendition="#g">Margarete</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Es thut mir lang’ ſchon weh,</hi><lb/> Daß ich dich in der Geſellſchaft ſeh’.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Wie ſo?</p> </sp><lb/> <sp who="#MARGA"> <speaker><hi rendition="#g">Margarete</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Der Menſch, den du da bey dir haſt,</hi><lb/> Iſt mir in tiefer inn’rer Seele verhaßt:<lb/> Es hat mir in meinem Leben<lb/> So nichts einen Stich in’s Herz gegeben,<lb/> Als des Menſchen widrig Geſicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Liebe Puppe, fuͤrcht’ ihn nicht!</p> </sp><lb/> <sp who="#MARGA"> <speaker><hi rendition="#g">Margarete</hi>.</speaker><lb/> <p>Seine Gegenwart bewegt mir das Blut.<lb/> Ich bin ſonſt allen Menſchen gut;<lb/> Aber, wie ich mich ſehne dich zu ſchauen,<lb/> Hab’ ich vor dem Menſchen ein heimlich Grauen,<lb/> Und halt’ ihn fuͤr einen Schelm dazu!<lb/> Gott verzeih’ mir’s, wenn ich ihm Unrecht thu’!</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Es muß auch ſolche Kaͤuze geben.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [230/0236]
Margarete.
Es thut mir lang’ ſchon weh,
Daß ich dich in der Geſellſchaft ſeh’.
Fauſt.
Wie ſo?
Margarete.
Der Menſch, den du da bey dir haſt,
Iſt mir in tiefer inn’rer Seele verhaßt:
Es hat mir in meinem Leben
So nichts einen Stich in’s Herz gegeben,
Als des Menſchen widrig Geſicht.
Fauſt.
Liebe Puppe, fuͤrcht’ ihn nicht!
Margarete.
Seine Gegenwart bewegt mir das Blut.
Ich bin ſonſt allen Menſchen gut;
Aber, wie ich mich ſehne dich zu ſchauen,
Hab’ ich vor dem Menſchen ein heimlich Grauen,
Und halt’ ihn fuͤr einen Schelm dazu!
Gott verzeih’ mir’s, wenn ich ihm Unrecht thu’!
Fauſt.
Es muß auch ſolche Kaͤuze geben.
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