Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808. Faust. Mißhör' mich nicht, du holdes Angesicht! Wer darf ihn nennen? Und wer bekennen: Ich glaub' ihn. Wer empfinden? Und sich unterwinden Zu sagen: ich glaub' ihn nicht. Der Allumfasser, Der Allerhalter, Faßt und erhält er nicht Dich, mich, sich selbst? Wölbt sich der Himmel nicht dadroben? Liegt die Erde nicht hierunten fest? Und steigen freundlich blickend Ewige Sterne nicht herauf? Schau' ich nicht Aug' in Auge dir, Und drängt nicht alles Nach Haupt und Herzen dir, Und webt in ewigem Geheimniß Unsichtbar sichtbar neben dir? Erfüll' davon dein Herz, so groß es ist, Fauſt. Mißhoͤr’ mich nicht, du holdes Angeſicht! Wer darf ihn nennen? Und wer bekennen: Ich glaub’ ihn. Wer empfinden? Und ſich unterwinden Zu ſagen: ich glaub’ ihn nicht. Der Allumfaſſer, Der Allerhalter, Faßt und erhaͤlt er nicht Dich, mich, ſich ſelbſt? Woͤlbt ſich der Himmel nicht dadroben? Liegt die Erde nicht hierunten feſt? Und ſteigen freundlich blickend Ewige Sterne nicht herauf? Schau’ ich nicht Aug’ in Auge dir, Und draͤngt nicht alles Nach Haupt und Herzen dir, Und webt in ewigem Geheimniß Unſichtbar ſichtbar neben dir? Erfuͤll’ davon dein Herz, ſo groß es iſt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0234" n="228"/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Mißhoͤr’ mich nicht, du holdes Angeſicht!<lb/> Wer darf ihn nennen?<lb/> Und wer bekennen:<lb/> Ich glaub’ ihn.<lb/> Wer empfinden?<lb/> Und ſich unterwinden<lb/> Zu ſagen: ich glaub’ ihn nicht.<lb/> Der Allumfaſſer,<lb/> Der Allerhalter,<lb/> Faßt und erhaͤlt er nicht<lb/> Dich, mich, ſich ſelbſt?<lb/> Woͤlbt ſich der Himmel nicht dadroben?<lb/> Liegt die Erde nicht hierunten feſt?<lb/> Und ſteigen freundlich blickend<lb/> Ewige Sterne nicht herauf?<lb/> Schau’ ich nicht Aug’ in Auge dir,<lb/> Und draͤngt nicht alles<lb/> Nach Haupt und Herzen dir,<lb/> Und webt in ewigem Geheimniß<lb/> Unſichtbar ſichtbar neben dir?<lb/> Erfuͤll’ davon dein Herz, ſo groß es iſt,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [228/0234]
Fauſt.
Mißhoͤr’ mich nicht, du holdes Angeſicht!
Wer darf ihn nennen?
Und wer bekennen:
Ich glaub’ ihn.
Wer empfinden?
Und ſich unterwinden
Zu ſagen: ich glaub’ ihn nicht.
Der Allumfaſſer,
Der Allerhalter,
Faßt und erhaͤlt er nicht
Dich, mich, ſich ſelbſt?
Woͤlbt ſich der Himmel nicht dadroben?
Liegt die Erde nicht hierunten feſt?
Und ſteigen freundlich blickend
Ewige Sterne nicht herauf?
Schau’ ich nicht Aug’ in Auge dir,
Und draͤngt nicht alles
Nach Haupt und Herzen dir,
Und webt in ewigem Geheimniß
Unſichtbar ſichtbar neben dir?
Erfuͤll’ davon dein Herz, ſo groß es iſt,
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/234>, abgerufen am 18.07.2024. |