Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808. Mephistopheles. Ist's nicht ein Mann, sey's derweil' ein Galan. 's ist eine der größten Himmelsgaben, So ein lieb Ding im Arm zu haben. Margarete. Das ist des Landes nicht der Brauch. Mephistopheles. Brauch oder nicht! es gibt sich auch. Marthe. Erzählt mir doch! Mephistopheles. Ich stand an seinem Sterbebette, Es war was besser als von Mist, Von halbgefaultem Stroh; allein er starb als Christ, Und fand, daß er weit mehr noch auf der Zeche hätte. Wie, rief er, muß ich mich von Grund aus hassen, So mein Gewerb, mein Weib so zu verlassen! Ach! die Erinnerung tödtet mich. Vergäb' sie mir nur noch in diesem Leben! -- Marthe weinend. Der gute Mann! ich hab' ihm längst vergeben. Mephiſtopheles. Iſt’s nicht ein Mann, ſey’s derweil’ ein Galan. ’s iſt eine der groͤßten Himmelsgaben, So ein lieb Ding im Arm zu haben. Margarete. Das iſt des Landes nicht der Brauch. Mephiſtopheles. Brauch oder nicht! es gibt ſich auch. Marthe. Erzaͤhlt mir doch! Mephiſtopheles. Ich ſtand an ſeinem Sterbebette, Es war was beſſer als von Miſt, Von halbgefaultem Stroh; allein er ſtarb als Chriſt, Und fand, daß er weit mehr noch auf der Zeche haͤtte. Wie, rief er, muß ich mich von Grund aus haſſen, So mein Gewerb, mein Weib ſo zu verlaſſen! Ach! die Erinnerung toͤdtet mich. Vergaͤb’ ſie mir nur noch in dieſem Leben! — Marthe weinend. Der gute Mann! ich hab’ ihm laͤngſt vergeben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0196" n="190"/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Iſt’s nicht ein Mann, ſey’s derweil’ ein Galan.<lb/> ’s iſt eine der groͤßten Himmelsgaben,<lb/> So ein lieb Ding im Arm zu haben.</p> </sp><lb/> <sp who="#MARGA"> <speaker><hi rendition="#g">Margarete</hi>.</speaker><lb/> <p>Das iſt des Landes nicht der Brauch.</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Brauch oder nicht! es gibt ſich auch.</p> </sp><lb/> <sp who="#MARTHE"> <speaker><hi rendition="#g">Marthe</hi>.</speaker><lb/> <p>Erzaͤhlt mir doch!</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Ich ſtand an ſeinem Sterbebette,</hi><lb/> Es war was beſſer als von Miſt,<lb/> Von halbgefaultem Stroh; allein er ſtarb als Chriſt,<lb/> Und fand, daß er weit mehr noch auf der Zeche haͤtte.<lb/> Wie, rief er, muß ich mich von Grund aus haſſen,<lb/> So mein Gewerb, mein Weib ſo zu verlaſſen!<lb/> Ach! die Erinnerung toͤdtet mich.<lb/> Vergaͤb’ ſie mir nur noch in dieſem Leben! —</p> </sp><lb/> <sp who="#MARTHE"> <speaker> <hi rendition="#g">Marthe</hi> </speaker> <stage>weinend.</stage><lb/> <p>Der gute Mann! ich hab’ ihm laͤngſt vergeben.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0196]
Mephiſtopheles.
Iſt’s nicht ein Mann, ſey’s derweil’ ein Galan.
’s iſt eine der groͤßten Himmelsgaben,
So ein lieb Ding im Arm zu haben.
Margarete.
Das iſt des Landes nicht der Brauch.
Mephiſtopheles.
Brauch oder nicht! es gibt ſich auch.
Marthe.
Erzaͤhlt mir doch!
Mephiſtopheles.
Ich ſtand an ſeinem Sterbebette,
Es war was beſſer als von Miſt,
Von halbgefaultem Stroh; allein er ſtarb als Chriſt,
Und fand, daß er weit mehr noch auf der Zeche haͤtte.
Wie, rief er, muß ich mich von Grund aus haſſen,
So mein Gewerb, mein Weib ſo zu verlaſſen!
Ach! die Erinnerung toͤdtet mich.
Vergaͤb’ ſie mir nur noch in dieſem Leben! —
Marthe weinend.
Der gute Mann! ich hab’ ihm laͤngſt vergeben.
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