Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.Ach! was in tiefer Brust uns da entsprungen, Was sich die Lippe schüchtern vorgelallt, Mißrathen jetzt und jetzt vielleicht gelungen, Verschlingt des wilden Augenblicks Gewalt. Oft wenn es erst durch Jahre durchgedrungen Erscheint es in vollendeter Gestalt. Was glänzt ist für den Augenblick geboren, Das Aechte bleibt der Nachwelt unverloren. Lustige Person. Wenn ich nur nichts von Nachwelt hören sollte. Gesetzt daß ich von Nachwelt reden wollte, Wer machte denn der Mitwelt Spaß? Den will sie doch und soll ihn haben. Die Gegenwart von einem braven Knaben Ist, dächt' ich, immer auch schon was. Wer sich behaglich mitzutheilen weiß, Den wird des Volkes Laune nicht erbittern; Er wünscht sich einen großen Kreis, Um ihn gewisser zu erschüttern. Drum seyd nur brav und zeigt euch musterhaft, Laßt Phantasie, mit allen ihren Chören, Ach! was in tiefer Bruſt uns da entſprungen, Was ſich die Lippe ſchuͤchtern vorgelallt, Mißrathen jetzt und jetzt vielleicht gelungen, Verſchlingt des wilden Augenblicks Gewalt. Oft wenn es erſt durch Jahre durchgedrungen Erſcheint es in vollendeter Geſtalt. Was glaͤnzt iſt fuͤr den Augenblick geboren, Das Aechte bleibt der Nachwelt unverloren. Luſtige Perſon. Wenn ich nur nichts von Nachwelt hoͤren ſollte. Geſetzt daß ich von Nachwelt reden wollte, Wer machte denn der Mitwelt Spaß? Den will ſie doch und ſoll ihn haben. Die Gegenwart von einem braven Knaben Iſt, daͤcht’ ich, immer auch ſchon was. Wer ſich behaglich mitzutheilen weiß, Den wird des Volkes Laune nicht erbittern; Er wuͤnſcht ſich einen großen Kreis, Um ihn gewiſſer zu erſchuͤttern. Drum ſeyd nur brav und zeigt euch muſterhaft, Laßt Phantaſie, mit allen ihren Choͤren, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#DIC"> <pb facs="#f0017" n="11"/> <p>Ach! was in tiefer Bruſt uns da entſprungen,<lb/> Was ſich die Lippe ſchuͤchtern vorgelallt,<lb/> Mißrathen jetzt und jetzt vielleicht gelungen,<lb/> Verſchlingt des wilden Augenblicks Gewalt.<lb/> Oft wenn es erſt durch Jahre durchgedrungen<lb/> Erſcheint es in vollendeter Geſtalt.<lb/> Was glaͤnzt iſt fuͤr den Augenblick geboren,<lb/> Das Aechte bleibt der Nachwelt unverloren.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUPERS"> <speaker><hi rendition="#g">Luſtige Perſon</hi>.</speaker><lb/> <p>Wenn ich nur nichts von Nachwelt hoͤren ſollte.<lb/> Geſetzt daß <hi rendition="#g">ich</hi> von Nachwelt reden wollte,<lb/> Wer machte denn der Mitwelt Spaß?<lb/> Den will ſie doch und ſoll ihn haben.<lb/> Die Gegenwart von einem braven Knaben<lb/> Iſt, daͤcht’ ich, immer auch ſchon was.<lb/> Wer ſich behaglich mitzutheilen weiß,<lb/> Den wird des Volkes Laune nicht erbittern;<lb/> Er wuͤnſcht ſich einen großen Kreis,<lb/> Um ihn gewiſſer zu erſchuͤttern.<lb/> Drum ſeyd nur brav und zeigt euch muſterhaft,<lb/> Laßt Phantaſie, mit allen ihren Choͤren,<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [11/0017]
Ach! was in tiefer Bruſt uns da entſprungen,
Was ſich die Lippe ſchuͤchtern vorgelallt,
Mißrathen jetzt und jetzt vielleicht gelungen,
Verſchlingt des wilden Augenblicks Gewalt.
Oft wenn es erſt durch Jahre durchgedrungen
Erſcheint es in vollendeter Geſtalt.
Was glaͤnzt iſt fuͤr den Augenblick geboren,
Das Aechte bleibt der Nachwelt unverloren.
Luſtige Perſon.
Wenn ich nur nichts von Nachwelt hoͤren ſollte.
Geſetzt daß ich von Nachwelt reden wollte,
Wer machte denn der Mitwelt Spaß?
Den will ſie doch und ſoll ihn haben.
Die Gegenwart von einem braven Knaben
Iſt, daͤcht’ ich, immer auch ſchon was.
Wer ſich behaglich mitzutheilen weiß,
Den wird des Volkes Laune nicht erbittern;
Er wuͤnſcht ſich einen großen Kreis,
Um ihn gewiſſer zu erſchuͤttern.
Drum ſeyd nur brav und zeigt euch muſterhaft,
Laßt Phantaſie, mit allen ihren Choͤren,
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/17>, abgerufen am 16.07.2024. |