Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.
Ein Schlag tausend Verbindungen schlägt: Der Philosoph der tritt herein, Und beweis't euch, es müßt' so seyn: Das Erst' wär' so, das Zweyte so, Und drum das Dritt' und Vierte so; Und wenn das Erst' und Zweyt' nicht wär', Das Dritt' und Viert' wär' nimmermehr. Das preisen die Schüler aller Orten, Sind aber keine Weber geworden. Wer will was lebendig's erkennen und beschreiben, Sucht erst den Geist heraus zu treiben, Dann hat er die Theile in seiner Hand, Fehlt leider! nur das geistige Band. Encheiresin naturae nennt's die Chimie, Spottet ihrer selbst und weiß nicht wie. Schüler. Kann euch nicht eben ganz verstehen. Mephistopheles. Das wird nächstens schon besser gehen, Wenn ihr lernt alles reduciren Und gehörig klassificiren.
Ein Schlag tauſend Verbindungen ſchlaͤgt: Der Philoſoph der tritt herein, Und beweiſ’t euch, es muͤßt’ ſo ſeyn: Das Erſt’ waͤr’ ſo, das Zweyte ſo, Und drum das Dritt’ und Vierte ſo; Und wenn das Erſt’ und Zweyt’ nicht waͤr’, Das Dritt’ und Viert’ waͤr’ nimmermehr. Das preiſen die Schuͤler aller Orten, Sind aber keine Weber geworden. Wer will was lebendig’s erkennen und beſchreiben, Sucht erſt den Geiſt heraus zu treiben, Dann hat er die Theile in ſeiner Hand, Fehlt leider! nur das geiſtige Band. Encheiresin naturae nennt’s die Chimie, Spottet ihrer ſelbſt und weiß nicht wie. Schuͤler. Kann euch nicht eben ganz verſtehen. Mephiſtopheles. Das wird naͤchſtens ſchon beſſer gehen, Wenn ihr lernt alles reduciren Und gehoͤrig klaſſificiren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MEP"> <p><pb facs="#f0125" n="119"/> Ein Schlag tauſend Verbindungen ſchlaͤgt:<lb/> Der Philoſoph der tritt herein,<lb/> Und beweiſ’t euch, es muͤßt’ ſo ſeyn:<lb/> Das Erſt’ waͤr’ ſo, das Zweyte ſo,<lb/> Und drum das Dritt’ und Vierte ſo;<lb/> Und wenn das Erſt’ und Zweyt’ nicht waͤr’,<lb/> Das Dritt’ und Viert’ waͤr’ nimmermehr.<lb/> Das preiſen die Schuͤler aller Orten,<lb/> Sind aber keine Weber geworden.<lb/> Wer will was lebendig’s erkennen und beſchreiben,<lb/> Sucht erſt den Geiſt heraus zu treiben,<lb/> Dann hat er die Theile in ſeiner Hand,<lb/> Fehlt leider! nur das geiſtige Band.<lb/><hi rendition="#aq">Encheiresin naturae</hi> nennt’s die Chimie,<lb/> Spottet ihrer ſelbſt und weiß nicht wie.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHUE"> <speaker><hi rendition="#g">Schuͤler</hi>.</speaker><lb/> <p>Kann euch nicht eben ganz verſtehen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Das wird naͤchſtens ſchon beſſer gehen,<lb/> Wenn ihr lernt alles reduciren<lb/> Und gehoͤrig klaſſificiren.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0125]
Ein Schlag tauſend Verbindungen ſchlaͤgt:
Der Philoſoph der tritt herein,
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Das Erſt’ waͤr’ ſo, das Zweyte ſo,
Und drum das Dritt’ und Vierte ſo;
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Das Dritt’ und Viert’ waͤr’ nimmermehr.
Das preiſen die Schuͤler aller Orten,
Sind aber keine Weber geworden.
Wer will was lebendig’s erkennen und beſchreiben,
Sucht erſt den Geiſt heraus zu treiben,
Dann hat er die Theile in ſeiner Hand,
Fehlt leider! nur das geiſtige Band.
Encheiresin naturae nennt’s die Chimie,
Spottet ihrer ſelbſt und weiß nicht wie.
Schuͤler.
Kann euch nicht eben ganz verſtehen.
Mephiſtopheles.
Das wird naͤchſtens ſchon beſſer gehen,
Wenn ihr lernt alles reduciren
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/125>, abgerufen am 24.07.2024. |