Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Dann bist du deines Dienstes frey,
Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen,
Es sey die Zeit für mich vorbey!
Mephistopheles.
Bedenk' es wohl, wir werden's nicht vergessen.
Faust.
Dazu hast du ein volles Recht;
Ich habe mich nicht freventlich vermessen.
Wie ich beharre bin ich Knecht,
Ob dein, was frag' ich, oder wessen.
Mephistopheles.
Ich werde heute gleich, beym Doctorschmaus,
Als Diener, meine Pflicht erfüllen.
Nur eins! -- um Lebens oder Sterbens willen,
Bitt' ich mir ein Paar Zeilen aus.
Faust.
Auch was geschriebnes forderst du Pedant?
Hast du noch keinen Mann, nicht Mannes-Wort gekannt?
Ist's nicht genug, daß mein gesprochnes Wort
Auf ewig soll mit meinen Tagen schalten?
Ras't nicht die Welt in allen Strömen fort,
Und mich soll ein Versprechen halten?
Dann biſt du deines Dienſtes frey,
Die Uhr mag ſtehn, der Zeiger fallen,
Es ſey die Zeit fuͤr mich vorbey!
Mephiſtopheles.
Bedenk’ es wohl, wir werden’s nicht vergeſſen.
Fauſt.
Dazu haſt du ein volles Recht;
Ich habe mich nicht freventlich vermeſſen.
Wie ich beharre bin ich Knecht,
Ob dein, was frag’ ich, oder weſſen.
Mephiſtopheles.
Ich werde heute gleich, beym Doctorſchmaus,
Als Diener, meine Pflicht erfuͤllen.
Nur eins! — um Lebens oder Sterbens willen,
Bitt’ ich mir ein Paar Zeilen aus.
Fauſt.
Auch was geſchriebnes forderſt du Pedant?
Haſt du noch keinen Mann, nicht Mannes-Wort gekannt?
Iſt’s nicht genug, daß mein geſprochnes Wort
Auf ewig ſoll mit meinen Tagen ſchalten?
Raſ’t nicht die Welt in allen Stroͤmen fort,
Und mich ſoll ein Verſprechen halten?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#FAU">
            <p><pb facs="#f0113" n="107"/>
Dann bi&#x017F;t du deines Dien&#x017F;tes frey,<lb/>
Die Uhr mag &#x017F;tehn, der Zeiger fallen,<lb/>
Es &#x017F;ey die Zeit fu&#x0364;r mich vorbey!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MEP">
            <speaker><hi rendition="#g">Mephi&#x017F;topheles</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Bedenk&#x2019; es wohl, wir werden&#x2019;s nicht verge&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FAU">
            <speaker><hi rendition="#g">Fau&#x017F;t</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Dazu ha&#x017F;t du ein volles Recht;<lb/>
Ich habe mich nicht freventlich verme&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Wie ich beharre bin ich Knecht,<lb/>
Ob dein, was frag&#x2019; ich, oder we&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MEP">
            <speaker><hi rendition="#g">Mephi&#x017F;topheles</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ich werde heute gleich, beym Doctor&#x017F;chmaus,<lb/>
Als Diener, meine Pflicht erfu&#x0364;llen.<lb/>
Nur eins! &#x2014; um Lebens oder Sterbens willen,<lb/>
Bitt&#x2019; ich mir ein Paar Zeilen aus.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FAU">
            <speaker><hi rendition="#g">Fau&#x017F;t</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Auch was ge&#x017F;chriebnes forder&#x017F;t du Pedant?<lb/>
Ha&#x017F;t du noch keinen Mann, nicht Mannes-Wort gekannt?<lb/>
I&#x017F;t&#x2019;s nicht genug, daß mein ge&#x017F;prochnes Wort<lb/>
Auf ewig &#x017F;oll mit meinen Tagen &#x017F;chalten?<lb/>
Ra&#x017F;&#x2019;t nicht die Welt in allen Stro&#x0364;men fort,<lb/>
Und mich &#x017F;oll ein Ver&#x017F;prechen halten?<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0113] Dann biſt du deines Dienſtes frey, Die Uhr mag ſtehn, der Zeiger fallen, Es ſey die Zeit fuͤr mich vorbey! Mephiſtopheles. Bedenk’ es wohl, wir werden’s nicht vergeſſen. Fauſt. Dazu haſt du ein volles Recht; Ich habe mich nicht freventlich vermeſſen. Wie ich beharre bin ich Knecht, Ob dein, was frag’ ich, oder weſſen. Mephiſtopheles. Ich werde heute gleich, beym Doctorſchmaus, Als Diener, meine Pflicht erfuͤllen. Nur eins! — um Lebens oder Sterbens willen, Bitt’ ich mir ein Paar Zeilen aus. Fauſt. Auch was geſchriebnes forderſt du Pedant? Haſt du noch keinen Mann, nicht Mannes-Wort gekannt? Iſt’s nicht genug, daß mein geſprochnes Wort Auf ewig ſoll mit meinen Tagen ſchalten? Raſ’t nicht die Welt in allen Stroͤmen fort, Und mich ſoll ein Verſprechen halten?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/113
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/113>, abgerufen am 24.11.2024.