reinen Metalloxyden angestellt habe, will ich hier einen ausheben, welcher über das was ihnen allen im Lichte begegnet, keinen Zweifel weiter übrig lassen wird.
Rothes Quecksilberoxyd wurde in drey verschiedenen Gläsern, in einem dunkelblauen, einem gelbrothen und in einem weißen Glase, unter destillirtem Wasser der Einwirkung der Sonne und des Tageslichts mehrere Monate hindurch ausgesetzt. An dem Quecksilberoxyd im weißen Glase erfolgte unter beständiger Gasentbin- dung eine vollkommene Desoxydation, es verwandelte sich in graues unvollkommnes Oxyd, und ein Theil wurde selbst zu reinem regulinischen Quecksilber herge- gestellt, welches nach einiger Zeit zu einer nicht unbe- trächtlichen Kugel zusammenlief. Das Oxyd im dunkel- blauen Glase hatte dieselbe Veränderung erlitten, es hatte sich zum Theil reducirt, zum Theil war es unvoll- kommenes Oxyd geworden. Das Quecksilberoxyd im gelbrothen Glase dagegen war fast unverändert, nur ein wenig heller schien es mir nach 6 Monaten geworden zu seyn.
Die blaue Beleuchtung wirkt überhaupt auf alle Substanzen, welche im Licht eine Veränderung erleiden, wie das reine Sonnen- oder Tageslicht; die rothe Be- leuchtung dagegen verhält sich immer entgegengesetzt, häufig bloß wie gänzliche Abwesenheit des Lichtes. So wird, um noch einige Beyspiele anzuführen, die farb- lose Salpetersäure unter blauen und violetten Gläsern gelb, wie im reinen Sonnenlichte, unter dem gelbro-
reinen Metalloxyden angeſtellt habe, will ich hier einen ausheben, welcher uͤber das was ihnen allen im Lichte begegnet, keinen Zweifel weiter uͤbrig laſſen wird.
Rothes Queckſilberoxyd wurde in drey verſchiedenen Glaͤſern, in einem dunkelblauen, einem gelbrothen und in einem weißen Glaſe, unter deſtillirtem Waſſer der Einwirkung der Sonne und des Tageslichts mehrere Monate hindurch ausgeſetzt. An dem Queckſilberoxyd im weißen Glaſe erfolgte unter beſtaͤndiger Gasentbin- dung eine vollkommene Desoxydation, es verwandelte ſich in graues unvollkommnes Oxyd, und ein Theil wurde ſelbſt zu reinem reguliniſchen Queckſilber herge- geſtellt, welches nach einiger Zeit zu einer nicht unbe- traͤchtlichen Kugel zuſammenlief. Das Oxyd im dunkel- blauen Glaſe hatte dieſelbe Veraͤnderung erlitten, es hatte ſich zum Theil reducirt, zum Theil war es unvoll- kommenes Oxyd geworden. Das Queckſilberoxyd im gelbrothen Glaſe dagegen war faſt unveraͤndert, nur ein wenig heller ſchien es mir nach 6 Monaten geworden zu ſeyn.
Die blaue Beleuchtung wirkt uͤberhaupt auf alle Subſtanzen, welche im Licht eine Veraͤnderung erleiden, wie das reine Sonnen- oder Tageslicht; die rothe Be- leuchtung dagegen verhaͤlt ſich immer entgegengeſetzt, haͤufig bloß wie gaͤnzliche Abweſenheit des Lichtes. So wird, um noch einige Beyſpiele anzufuͤhren, die farb- loſe Salpeterſaͤure unter blauen und violetten Glaͤſern gelb, wie im reinen Sonnenlichte, unter dem gelbro-
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reinen Metalloxyden angeſtellt habe, will ich hier einen
ausheben, welcher uͤber das was ihnen allen im Lichte
begegnet, keinen Zweifel weiter uͤbrig laſſen wird.
Rothes Queckſilberoxyd wurde in drey verſchiedenen
Glaͤſern, in einem dunkelblauen, einem gelbrothen und
in einem weißen Glaſe, unter deſtillirtem Waſſer der
Einwirkung der Sonne und des Tageslichts mehrere
Monate hindurch ausgeſetzt. An dem Queckſilberoxyd
im weißen Glaſe erfolgte unter beſtaͤndiger Gasentbin-
dung eine vollkommene Desoxydation, es verwandelte
ſich in graues unvollkommnes Oxyd, und ein Theil
wurde ſelbſt zu reinem reguliniſchen Queckſilber herge-
geſtellt, welches nach einiger Zeit zu einer nicht unbe-
traͤchtlichen Kugel zuſammenlief. Das Oxyd im dunkel-
blauen Glaſe hatte dieſelbe Veraͤnderung erlitten, es
hatte ſich zum Theil reducirt, zum Theil war es unvoll-
kommenes Oxyd geworden. Das Queckſilberoxyd im
gelbrothen Glaſe dagegen war faſt unveraͤndert, nur
ein wenig heller ſchien es mir nach 6 Monaten geworden
zu ſeyn.
Die blaue Beleuchtung wirkt uͤberhaupt auf alle
Subſtanzen, welche im Licht eine Veraͤnderung erleiden,
wie das reine Sonnen- oder Tageslicht; die rothe Be-
leuchtung dagegen verhaͤlt ſich immer entgegengeſetzt,
haͤufig bloß wie gaͤnzliche Abweſenheit des Lichtes. So
wird, um noch einige Beyſpiele anzufuͤhren, die farb-
loſe Salpeterſaͤure unter blauen und violetten Glaͤſern
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 722. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/756>, abgerufen am 04.12.2024.
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