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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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berzeugung des Verfassers geschrieben sind. Die Re-
sultate dieser Bemühungen enthält mein polemischer
Theil.

Wenn ich nun auf diese Weise das Grundlose der
Newtonischen Lehre, besonders nach genauer Einsicht
in das Phänomen der Achromasie, vollkommen er-
kannte; so half mir zu einem neuen theoretischen Weg
jenes erste Gewahrwerden, daß ein entschiedenes Aus-
einandertreten, Gegensetzen, Vertheilen, Differenzi-
ren, oder wie man es nennen wollte, bey den pris-
matischen Farbenerscheinungen statt habe, welches ich
mir kurz und gut unter der Formel der Polarität zu-
sammenfaßte, von der ich überzeugt war, daß sie auch
bey den übrigen Farben-Phänomenen durchgeführt
werden könne.

Was mir inzwischen als Privatmann nicht gelingen
mochte, bey irgend Jemand Theilnahme zu erregen,
der sich zu meinen Untersuchungen gesellt, meine Ue-
berzeugungen aufgenommen und darnach fortgearbeitet
hätte, das wollte ich nun als Autor versuchen, ich
wollte die Frage an das größere Publicum bringen.
Ich stellte daher die nothwendigsten Bilder zusammen,
die man bey den subjectiven Versuchen zum Grunde
legen mußte. Sie waren schwarz und weiß, damit
sie als Apparat dienen, damit sie Jedermann sogleich
durchs Prisma beschauen könnte. Andere waren bunt,
um zu zeigen, wie diese schwarzen und weißen Bilder
durchs Prisma verändert würden. Die Nähe einer

berzeugung des Verfaſſers geſchrieben ſind. Die Re-
ſultate dieſer Bemuͤhungen enthaͤlt mein polemiſcher
Theil.

Wenn ich nun auf dieſe Weiſe das Grundloſe der
Newtoniſchen Lehre, beſonders nach genauer Einſicht
in das Phaͤnomen der Achromaſie, vollkommen er-
kannte; ſo half mir zu einem neuen theoretiſchen Weg
jenes erſte Gewahrwerden, daß ein entſchiedenes Aus-
einandertreten, Gegenſetzen, Vertheilen, Differenzi-
ren, oder wie man es nennen wollte, bey den pris-
matiſchen Farbenerſcheinungen ſtatt habe, welches ich
mir kurz und gut unter der Formel der Polaritaͤt zu-
ſammenfaßte, von der ich uͤberzeugt war, daß ſie auch
bey den uͤbrigen Farben-Phaͤnomenen durchgefuͤhrt
werden koͤnne.

Was mir inzwiſchen als Privatmann nicht gelingen
mochte, bey irgend Jemand Theilnahme zu erregen,
der ſich zu meinen Unterſuchungen geſellt, meine Ue-
berzeugungen aufgenommen und darnach fortgearbeitet
haͤtte, das wollte ich nun als Autor verſuchen, ich
wollte die Frage an das groͤßere Publicum bringen.
Ich ſtellte daher die nothwendigſten Bilder zuſammen,
die man bey den ſubjectiven Verſuchen zum Grunde
legen mußte. Sie waren ſchwarz und weiß, damit
ſie als Apparat dienen, damit ſie Jedermann ſogleich
durchs Prisma beſchauen koͤnnte. Andere waren bunt,
um zu zeigen, wie dieſe ſchwarzen und weißen Bilder
durchs Prisma veraͤndert wuͤrden. Die Naͤhe einer

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[685/0719] berzeugung des Verfaſſers geſchrieben ſind. Die Re- ſultate dieſer Bemuͤhungen enthaͤlt mein polemiſcher Theil. Wenn ich nun auf dieſe Weiſe das Grundloſe der Newtoniſchen Lehre, beſonders nach genauer Einſicht in das Phaͤnomen der Achromaſie, vollkommen er- kannte; ſo half mir zu einem neuen theoretiſchen Weg jenes erſte Gewahrwerden, daß ein entſchiedenes Aus- einandertreten, Gegenſetzen, Vertheilen, Differenzi- ren, oder wie man es nennen wollte, bey den pris- matiſchen Farbenerſcheinungen ſtatt habe, welches ich mir kurz und gut unter der Formel der Polaritaͤt zu- ſammenfaßte, von der ich uͤberzeugt war, daß ſie auch bey den uͤbrigen Farben-Phaͤnomenen durchgefuͤhrt werden koͤnne. Was mir inzwiſchen als Privatmann nicht gelingen mochte, bey irgend Jemand Theilnahme zu erregen, der ſich zu meinen Unterſuchungen geſellt, meine Ue- berzeugungen aufgenommen und darnach fortgearbeitet haͤtte, das wollte ich nun als Autor verſuchen, ich wollte die Frage an das groͤßere Publicum bringen. Ich ſtellte daher die nothwendigſten Bilder zuſammen, die man bey den ſubjectiven Verſuchen zum Grunde legen mußte. Sie waren ſchwarz und weiß, damit ſie als Apparat dienen, damit ſie Jedermann ſogleich durchs Prisma beſchauen koͤnnte. Andere waren bunt, um zu zeigen, wie dieſe ſchwarzen und weißen Bilder durchs Prisma veraͤndert wuͤrden. Die Naͤhe einer

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/719>, abgerufen am 22.11.2024.