Neigung und Zutrauen förderten. Der Herzog von Weimar, dem ich von jeher alle Bedingungen eines thätigen und frohen Lebens schuldig geworden, ver- gönnte mir auch dießmal den Raum, die Muße, die Bequemlichkeit zu diesem neuen Vorhaben. Der Herzog Ernst von Gotha eröffnete mir sein physikalisches Ca- binet, wodurch ich die Versuche zu vermannigfaltigen und ins Größere zu führen in Stand gesetzt wurde. Der Prinz August von Gotha verehrte mir aus Eng- land verschriebene köstliche, sowohl einfache als zusam- mengesetzte, achromatische Prismen. Der Fürst Pri- mas, damals in Erfurt, schenkte meinen ersten und allen folgenden Versuchen eine ununterbrochene Auf- merksamkeit, ja er begnadigte einen umständlichen Auf- satz mit durchgehenden Randbemerkungen von eigner Hand, den ich noch als eine höchst schätzbare Erin- nerung unter meinen Papieren verwahre.
Unter den Gelehrten, die mir von ihrer Seite Beystand leisteten, zähle ich Anatomen, Chemiker, Lite- ratoren, Philosophen, wie Loder, Sömmering, Gött- ling, Wolf, Forster, Schelling; hingegen keinen Physiker.
Mit Lichtenberg correspondirte ich eine Zeit lang und sendete ihm ein paar auf Gestellen bewegliche Schir- me, woran die sämmtlichen subjectiven Erscheinungen auf eine bequeme Weise dargestellt werden konnten, in- gleichen einige Aufsätze, freylich noch roh und unge- schlacht genug. Eine Zeit lang antwortete er mir;
Neigung und Zutrauen foͤrderten. Der Herzog von Weimar, dem ich von jeher alle Bedingungen eines thaͤtigen und frohen Lebens ſchuldig geworden, ver- goͤnnte mir auch dießmal den Raum, die Muße, die Bequemlichkeit zu dieſem neuen Vorhaben. Der Herzog Ernſt von Gotha eroͤffnete mir ſein phyſikaliſches Ca- binet, wodurch ich die Verſuche zu vermannigfaltigen und ins Groͤßere zu fuͤhren in Stand geſetzt wurde. Der Prinz Auguſt von Gotha verehrte mir aus Eng- land verſchriebene koͤſtliche, ſowohl einfache als zuſam- mengeſetzte, achromatiſche Prismen. Der Fuͤrſt Pri- mas, damals in Erfurt, ſchenkte meinen erſten und allen folgenden Verſuchen eine ununterbrochene Auf- merkſamkeit, ja er begnadigte einen umſtaͤndlichen Auf- ſatz mit durchgehenden Randbemerkungen von eigner Hand, den ich noch als eine hoͤchſt ſchaͤtzbare Erin- nerung unter meinen Papieren verwahre.
Unter den Gelehrten, die mir von ihrer Seite Beyſtand leiſteten, zaͤhle ich Anatomen, Chemiker, Lite- ratoren, Philoſophen, wie Loder, Soͤmmering, Goͤtt- ling, Wolf, Forſter, Schelling; hingegen keinen Phyſiker.
Mit Lichtenberg correſpondirte ich eine Zeit lang und ſendete ihm ein paar auf Geſtellen bewegliche Schir- me, woran die ſaͤmmtlichen ſubjectiven Erſcheinungen auf eine bequeme Weiſe dargeſtellt werden konnten, in- gleichen einige Aufſaͤtze, freylich noch roh und unge- ſchlacht genug. Eine Zeit lang antwortete er mir;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0717"n="683"/>
Neigung und Zutrauen foͤrderten. Der Herzog von<lb/>
Weimar, dem ich von jeher alle Bedingungen eines<lb/>
thaͤtigen und frohen Lebens ſchuldig geworden, ver-<lb/>
goͤnnte mir auch dießmal den Raum, die Muße, die<lb/>
Bequemlichkeit zu dieſem neuen Vorhaben. Der Herzog<lb/>
Ernſt von Gotha eroͤffnete mir ſein phyſikaliſches Ca-<lb/>
binet, wodurch ich die Verſuche zu vermannigfaltigen<lb/>
und ins Groͤßere zu fuͤhren in Stand geſetzt wurde.<lb/>
Der Prinz Auguſt von Gotha verehrte mir aus Eng-<lb/>
land verſchriebene koͤſtliche, ſowohl einfache als zuſam-<lb/>
mengeſetzte, achromatiſche Prismen. Der Fuͤrſt Pri-<lb/>
mas, damals in Erfurt, ſchenkte meinen erſten und<lb/>
allen folgenden Verſuchen eine ununterbrochene Auf-<lb/>
merkſamkeit, ja er begnadigte einen umſtaͤndlichen Auf-<lb/>ſatz mit durchgehenden Randbemerkungen von eigner<lb/>
Hand, den ich noch als eine hoͤchſt ſchaͤtzbare Erin-<lb/>
nerung unter meinen Papieren verwahre.</p><lb/><p>Unter den Gelehrten, die mir von ihrer Seite<lb/>
Beyſtand leiſteten, zaͤhle ich Anatomen, Chemiker, Lite-<lb/>
ratoren, Philoſophen, wie Loder, Soͤmmering, Goͤtt-<lb/>
ling, Wolf, Forſter, Schelling; hingegen keinen<lb/>
Phyſiker.</p><lb/><p>Mit Lichtenberg correſpondirte ich eine Zeit lang<lb/>
und ſendete ihm ein paar auf Geſtellen bewegliche Schir-<lb/>
me, woran die ſaͤmmtlichen ſubjectiven Erſcheinungen<lb/>
auf eine bequeme Weiſe dargeſtellt werden konnten, in-<lb/>
gleichen einige Aufſaͤtze, freylich noch roh und unge-<lb/>ſchlacht genug. Eine Zeit lang antwortete er mir;<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[683/0717]
Neigung und Zutrauen foͤrderten. Der Herzog von
Weimar, dem ich von jeher alle Bedingungen eines
thaͤtigen und frohen Lebens ſchuldig geworden, ver-
goͤnnte mir auch dießmal den Raum, die Muße, die
Bequemlichkeit zu dieſem neuen Vorhaben. Der Herzog
Ernſt von Gotha eroͤffnete mir ſein phyſikaliſches Ca-
binet, wodurch ich die Verſuche zu vermannigfaltigen
und ins Groͤßere zu fuͤhren in Stand geſetzt wurde.
Der Prinz Auguſt von Gotha verehrte mir aus Eng-
land verſchriebene koͤſtliche, ſowohl einfache als zuſam-
mengeſetzte, achromatiſche Prismen. Der Fuͤrſt Pri-
mas, damals in Erfurt, ſchenkte meinen erſten und
allen folgenden Verſuchen eine ununterbrochene Auf-
merkſamkeit, ja er begnadigte einen umſtaͤndlichen Auf-
ſatz mit durchgehenden Randbemerkungen von eigner
Hand, den ich noch als eine hoͤchſt ſchaͤtzbare Erin-
nerung unter meinen Papieren verwahre.
Unter den Gelehrten, die mir von ihrer Seite
Beyſtand leiſteten, zaͤhle ich Anatomen, Chemiker, Lite-
ratoren, Philoſophen, wie Loder, Soͤmmering, Goͤtt-
ling, Wolf, Forſter, Schelling; hingegen keinen
Phyſiker.
Mit Lichtenberg correſpondirte ich eine Zeit lang
und ſendete ihm ein paar auf Geſtellen bewegliche Schir-
me, woran die ſaͤmmtlichen ſubjectiven Erſcheinungen
auf eine bequeme Weiſe dargeſtellt werden konnten, in-
gleichen einige Aufſaͤtze, freylich noch roh und unge-
ſchlacht genug. Eine Zeit lang antwortete er mir;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 683. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/717>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.