lassen. Und so haben sie denn auch die alte Confession mit Ernst und Vollständigkeit dergestalt abgelegt, daß sie vor den sämmtlichen Glaubensgenossen mit Ehren bestehen können. Die Artikel, unter welchen solches aufzusuchen, verstehen sich von selbst.
Montucla. In der ersten Hälfte des achtzehn- ten Jahrhunderts hatten sich, wie wir wissen, die For- meln und Redensarten völlig ausgebildet, welche man zu Gunsten Newtons und zu Ungunsten seiner Gegner wiederholte und einander nachsagte. In Montucla's hi- stoire des mathematiques, Paris 1758. findet man auch nichts anders. Nicht allein Auswärtige, wie Riz- zetti, behalten Unrecht, sondern es geschieht auch Fran- zosen, Mariotten, Castel, Dufay, von dem Franzosen Unrecht. Da sich diese so sehr auf Ehre haltende Na- tion gegen das einmal eingewurzelte Vorurtheil nicht wieder erholen konnte; so wird man ja wohl andern, nicht so lebhaften, und nicht so eigenwilligen Völkern verzeihen, wenn sie auch bey dem einmal Angenomme- nen ruhig verharrten.
laſſen. Und ſo haben ſie denn auch die alte Confeſſion mit Ernſt und Vollſtaͤndigkeit dergeſtalt abgelegt, daß ſie vor den ſaͤmmtlichen Glaubensgenoſſen mit Ehren beſtehen koͤnnen. Die Artikel, unter welchen ſolches aufzuſuchen, verſtehen ſich von ſelbſt.
Montucla. In der erſten Haͤlfte des achtzehn- ten Jahrhunderts hatten ſich, wie wir wiſſen, die For- meln und Redensarten voͤllig ausgebildet, welche man zu Gunſten Newtons und zu Ungunſten ſeiner Gegner wiederholte und einander nachſagte. In Montucla’s hi- stoire des mathématiques, Paris 1758. findet man auch nichts anders. Nicht allein Auswaͤrtige, wie Riz- zetti, behalten Unrecht, ſondern es geſchieht auch Fran- zoſen, Mariotten, Caſtel, Dufay, von dem Franzoſen Unrecht. Da ſich dieſe ſo ſehr auf Ehre haltende Na- tion gegen das einmal eingewurzelte Vorurtheil nicht wieder erholen konnte; ſo wird man ja wohl andern, nicht ſo lebhaften, und nicht ſo eigenwilligen Voͤlkern verzeihen, wenn ſie auch bey dem einmal Angenomme- nen ruhig verharrten.
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laſſen. Und ſo haben ſie denn auch die alte Confeſſion
mit Ernſt und Vollſtaͤndigkeit dergeſtalt abgelegt, daß
ſie vor den ſaͤmmtlichen Glaubensgenoſſen mit Ehren
beſtehen koͤnnen. Die Artikel, unter welchen ſolches
aufzuſuchen, verſtehen ſich von ſelbſt.
Montucla. In der erſten Haͤlfte des achtzehn-
ten Jahrhunderts hatten ſich, wie wir wiſſen, die For-
meln und Redensarten voͤllig ausgebildet, welche man
zu Gunſten Newtons und zu Ungunſten ſeiner Gegner
wiederholte und einander nachſagte. In Montucla’s hi-
stoire des mathématiques, Paris 1758. findet man
auch nichts anders. Nicht allein Auswaͤrtige, wie Riz-
zetti, behalten Unrecht, ſondern es geſchieht auch Fran-
zoſen, Mariotten, Caſtel, Dufay, von dem Franzoſen
Unrecht. Da ſich dieſe ſo ſehr auf Ehre haltende Na-
tion gegen das einmal eingewurzelte Vorurtheil nicht
wieder erholen konnte; ſo wird man ja wohl andern,
nicht ſo lebhaften, und nicht ſo eigenwilligen Voͤlkern
verzeihen, wenn ſie auch bey dem einmal Angenomme-
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/601>, abgerufen am 25.11.2024.
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