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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Dieses ist die erste Spur die ich finde, daß ein
Deutscher gegen die Newtonische Lehre einigen Zweifel
erregt. Ferner gedenkt Barth dessen, was Mariotte
derselben entgegengesetzt.

Johann Friedrich Wucherer. Institutiones phi-
losophiae naturalis eclecticae.
Jena 1725. Vom 238
§. an. Die Farbe sey nichts Reelles. Das Reelle sey,
was existire, wenn es auch Niemand dächte; aber es
gebe keinen Schmerz, wenn ihn Niemand fühlte. Darin
kämen alle neueren Physiker überein. Wenn das Licht
weggenommen ist, sieht man alles schwarz. Blinde kön-
nen Farben fühlen, z. B. Boylens Vermaasen. Finch
Tractatus de coloribus. Schmidii dissertatio caecus
de colore judicans.
Sturm führt ein Exempel an,
daß ein Blinder die verschiedenen Farben riechen konnte.
vid. illius physicam hypotheticam. Die Farben kom-
men also von der Verschiedenheit der Oberfläche der Kör-
per her, et hinc pendente reflexione, refractione, in-
fractione, collectione, dissipatione radiorum solarium.

Gründe die Boyle angibt. Bey verändertem Licht ver-
ändern sich die Farben. So auch bey veränderter Ober-
fläche, wie auch durch veränderte Lage. Hier bringt
er nicht sehr glücklich die Regentropfen und das Pris-
ma vor. Nachdem er seine Lehre auf die verschiedenen
Farben angewendet, fährt er fort: Haec equidem
non sine ratione dicuntur et ad colores supra dic-
tos non sine specie veri accommodantur. At vero
ad specialia ubi descendimus, difficultates omnino

Dieſes iſt die erſte Spur die ich finde, daß ein
Deutſcher gegen die Newtoniſche Lehre einigen Zweifel
erregt. Ferner gedenkt Barth deſſen, was Mariotte
derſelben entgegengeſetzt.

Johann Friedrich Wucherer. Institutiones phi-
losophiae naturalis eclecticae.
Jena 1725. Vom 238
§. an. Die Farbe ſey nichts Reelles. Das Reelle ſey,
was exiſtire, wenn es auch Niemand daͤchte; aber es
gebe keinen Schmerz, wenn ihn Niemand fuͤhlte. Darin
kaͤmen alle neueren Phyſiker uͤberein. Wenn das Licht
weggenommen iſt, ſieht man alles ſchwarz. Blinde koͤn-
nen Farben fuͤhlen, z. B. Boylens Vermaaſen. Finch
Tractatus de coloribus. Schmidii dissertatio caecus
de colore judicans.
Sturm fuͤhrt ein Exempel an,
daß ein Blinder die verſchiedenen Farben riechen konnte.
vid. illius physicam hypotheticam. Die Farben kom-
men alſo von der Verſchiedenheit der Oberflaͤche der Koͤr-
per her, et hinc pendente reflexione, refractione, in-
fractione, collectione, dissipatione radiorum solarium.

Gruͤnde die Boyle angibt. Bey veraͤndertem Licht ver-
aͤndern ſich die Farben. So auch bey veraͤnderter Ober-
flaͤche, wie auch durch veraͤnderte Lage. Hier bringt
er nicht ſehr gluͤcklich die Regentropfen und das Pris-
ma vor. Nachdem er ſeine Lehre auf die verſchiedenen
Farben angewendet, faͤhrt er fort: Haec equidem
non sine ratione dicuntur et ad colores supra dic-
tos non sine specie veri accommodantur. At vero
ad specialia ubi descendimus, difficultates omnino

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[556/0590] Dieſes iſt die erſte Spur die ich finde, daß ein Deutſcher gegen die Newtoniſche Lehre einigen Zweifel erregt. Ferner gedenkt Barth deſſen, was Mariotte derſelben entgegengeſetzt. Johann Friedrich Wucherer. Institutiones phi- losophiae naturalis eclecticae. Jena 1725. Vom 238 §. an. Die Farbe ſey nichts Reelles. Das Reelle ſey, was exiſtire, wenn es auch Niemand daͤchte; aber es gebe keinen Schmerz, wenn ihn Niemand fuͤhlte. Darin kaͤmen alle neueren Phyſiker uͤberein. Wenn das Licht weggenommen iſt, ſieht man alles ſchwarz. Blinde koͤn- nen Farben fuͤhlen, z. B. Boylens Vermaaſen. Finch Tractatus de coloribus. Schmidii dissertatio caecus de colore judicans. Sturm fuͤhrt ein Exempel an, daß ein Blinder die verſchiedenen Farben riechen konnte. vid. illius physicam hypotheticam. Die Farben kom- men alſo von der Verſchiedenheit der Oberflaͤche der Koͤr- per her, et hinc pendente reflexione, refractione, in- fractione, collectione, dissipatione radiorum solarium. Gruͤnde die Boyle angibt. Bey veraͤndertem Licht ver- aͤndern ſich die Farben. So auch bey veraͤnderter Ober- flaͤche, wie auch durch veraͤnderte Lage. Hier bringt er nicht ſehr gluͤcklich die Regentropfen und das Pris- ma vor. Nachdem er ſeine Lehre auf die verſchiedenen Farben angewendet, faͤhrt er fort: Haec equidem non sine ratione dicuntur et ad colores supra dic- tos non sine specie veri accommodantur. At vero ad specialia ubi descendimus, difficultates omnino

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/590>, abgerufen am 25.11.2024.