übergeht, und um Newtonen auch in der Behandlung keinen Vorzug zu lassen, mit Definitionen und Axio- men gerüstet auftritt, sodann die Definitionen und Axiomen Newtons wiederholt; da denn erst auf der neunundvierzigsten Seite des zweyten Theils die Haupt- sache wirklich zur Sprache kommt, die wir oben aus- führlich ausgezogen haben.
Hiernach mag man erkennen, warum dem Verfas- ser nicht geglückt ist, Wirkung hervorzubringen. Seine Controvers, so wie seine theoretische Ueberzeugung hät- te sich ganz isolirt darstellen lassen. Beyde hatten mit Anziehen und Abstoßen, mit Schwere und sonst dergleichen Allgemeinheiten gar nichts zu schaffen. Wollte er die Farbenlehre an die Physik überhaupt an- schließen, so mußte er einen andern Weg einschlagen.
Außerdem begeht er noch einen Haupt- und Grund- fehler, daß er mit Strahlen zu operiren glaubt, und also, wie seine Vorgänger, den Gegner ganz im Vor- theil läßt. Auch sind seine Figuren nicht glücklich; es gilt von ihnen, was wir von den Rizzettischen gesagt haben. Newton hatte seine falsche Lehre symbolisch auszudrücken verstanden; seine Gegner wissen für das Wahre keine entschiedene Darstellung zu finden.
Von dem mannigfaltigen Verdruß den er ausge- standen, so wie von allerley Argumentationen die er gegen die Schule geführt, gibt uns der leidenschaft- liche Mann selbst Nachricht, in einer Art von physika-
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uͤbergeht, und um Newtonen auch in der Behandlung keinen Vorzug zu laſſen, mit Definitionen und Axio- men geruͤſtet auftritt, ſodann die Definitionen und Axiomen Newtons wiederholt; da denn erſt auf der neunundvierzigſten Seite des zweyten Theils die Haupt- ſache wirklich zur Sprache kommt, die wir oben aus- fuͤhrlich ausgezogen haben.
Hiernach mag man erkennen, warum dem Verfaſ- ſer nicht gegluͤckt iſt, Wirkung hervorzubringen. Seine Controvers, ſo wie ſeine theoretiſche Ueberzeugung haͤt- te ſich ganz iſolirt darſtellen laſſen. Beyde hatten mit Anziehen und Abſtoßen, mit Schwere und ſonſt dergleichen Allgemeinheiten gar nichts zu ſchaffen. Wollte er die Farbenlehre an die Phyſik uͤberhaupt an- ſchließen, ſo mußte er einen andern Weg einſchlagen.
Außerdem begeht er noch einen Haupt- und Grund- fehler, daß er mit Strahlen zu operiren glaubt, und alſo, wie ſeine Vorgaͤnger, den Gegner ganz im Vor- theil laͤßt. Auch ſind ſeine Figuren nicht gluͤcklich; es gilt von ihnen, was wir von den Rizzettiſchen geſagt haben. Newton hatte ſeine falſche Lehre ſymboliſch auszudruͤcken verſtanden; ſeine Gegner wiſſen fuͤr das Wahre keine entſchiedene Darſtellung zu finden.
Von dem mannigfaltigen Verdruß den er ausge- ſtanden, ſo wie von allerley Argumentationen die er gegen die Schule gefuͤhrt, gibt uns der leidenſchaft- liche Mann ſelbſt Nachricht, in einer Art von phyſika-
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uͤbergeht, und um Newtonen auch in der Behandlung
keinen Vorzug zu laſſen, mit Definitionen und Axio-
men geruͤſtet auftritt, ſodann die Definitionen und
Axiomen Newtons wiederholt; da denn erſt auf der
neunundvierzigſten Seite des zweyten Theils die Haupt-
ſache wirklich zur Sprache kommt, die wir oben aus-
fuͤhrlich ausgezogen haben.
Hiernach mag man erkennen, warum dem Verfaſ-
ſer nicht gegluͤckt iſt, Wirkung hervorzubringen. Seine
Controvers, ſo wie ſeine theoretiſche Ueberzeugung haͤt-
te ſich ganz iſolirt darſtellen laſſen. Beyde hatten
mit Anziehen und Abſtoßen, mit Schwere und ſonſt
dergleichen Allgemeinheiten gar nichts zu ſchaffen.
Wollte er die Farbenlehre an die Phyſik uͤberhaupt an-
ſchließen, ſo mußte er einen andern Weg einſchlagen.
Außerdem begeht er noch einen Haupt- und Grund-
fehler, daß er mit Strahlen zu operiren glaubt, und
alſo, wie ſeine Vorgaͤnger, den Gegner ganz im Vor-
theil laͤßt. Auch ſind ſeine Figuren nicht gluͤcklich; es
gilt von ihnen, was wir von den Rizzettiſchen geſagt
haben. Newton hatte ſeine falſche Lehre ſymboliſch
auszudruͤcken verſtanden; ſeine Gegner wiſſen fuͤr das
Wahre keine entſchiedene Darſtellung zu finden.
Von dem mannigfaltigen Verdruß den er ausge-
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/581>, abgerufen am 25.11.2024.
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