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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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ganz richtig gezeichnet ist, und daß er §. 851. zur
Entschuldigung, daß im Vorhergehenden beym Vortrag
der Refractions-Gesetze die weißen Strahlen als homo-
gen behandelt worden, sagt: satis est exigua diffe-
rentia refrangibilitatis in radiis solarib[ - 2 Zeichen fehlen] ut in
pracedentibus negligi potuit.

Freylich, wenn die Versuche mit parallelen Mitteln
gemacht werden, sind die farbigen Ränder unbedeutend,
und man muß das Sonnenbild genug quälen bis das
Phänomen ganz farbig erscheint.

Uebrigens sind die perspectivisch, mit Licht und
Schatten vorgestellten Experimente gut und richtig,
wie es scheint, nach dem wirklichen Apparat gezeichnet.
Aber wozu der Aufwand, da die Farbenerscheinung als
die Hauptsache fehlt? Reine Linearzeichnungen, richtig
illuminirt, bestimmen und entscheiden die ganze Sache,
da hingegen durch jene umständliche, bis auf einen
gewissen Grad wahre und doch im Hauptpuncte man-
gelhafte Darstellung der Irrthum nur desto ehrwürdiger
gemacht und fortgepflanzt wird.


Peter von Muschenbroek

geb. 1692. gest. 1761.


Elementa physica 1734. Völlig von der New-
tonischen Lehre überzeugt, fängt er seinen Vortrag mit

ganz richtig gezeichnet iſt, und daß er §. 851. zur
Entſchuldigung, daß im Vorhergehenden beym Vortrag
der Refractions-Geſetze die weißen Strahlen als homo-
gen behandelt worden, ſagt: satis est exigua diffe-
rentia refrangibilitatis in radiis solarib[ – 2 Zeichen fehlen] ut in
pracedentibus negligi potuit.

Freylich, wenn die Verſuche mit parallelen Mitteln
gemacht werden, ſind die farbigen Raͤnder unbedeutend,
und man muß das Sonnenbild genug quaͤlen bis das
Phaͤnomen ganz farbig erſcheint.

Uebrigens ſind die perſpectiviſch, mit Licht und
Schatten vorgeſtellten Experimente gut und richtig,
wie es ſcheint, nach dem wirklichen Apparat gezeichnet.
Aber wozu der Aufwand, da die Farbenerſcheinung als
die Hauptſache fehlt? Reine Linearzeichnungen, richtig
illuminirt, beſtimmen und entſcheiden die ganze Sache,
da hingegen durch jene umſtaͤndliche, bis auf einen
gewiſſen Grad wahre und doch im Hauptpuncte man-
gelhafte Darſtellung der Irrthum nur deſto ehrwuͤrdiger
gemacht und fortgepflanzt wird.


Peter von Muſchenbroek

geb. 1692. geſt. 1761.


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[488/0522] ganz richtig gezeichnet iſt, und daß er §. 851. zur Entſchuldigung, daß im Vorhergehenden beym Vortrag der Refractions-Geſetze die weißen Strahlen als homo- gen behandelt worden, ſagt: satis est exigua diffe- rentia refrangibilitatis in radiis solarib__ ut in pracedentibus negligi potuit. Freylich, wenn die Verſuche mit parallelen Mitteln gemacht werden, ſind die farbigen Raͤnder unbedeutend, und man muß das Sonnenbild genug quaͤlen bis das Phaͤnomen ganz farbig erſcheint. Uebrigens ſind die perſpectiviſch, mit Licht und Schatten vorgeſtellten Experimente gut und richtig, wie es ſcheint, nach dem wirklichen Apparat gezeichnet. Aber wozu der Aufwand, da die Farbenerſcheinung als die Hauptſache fehlt? Reine Linearzeichnungen, richtig illuminirt, beſtimmen und entſcheiden die ganze Sache, da hingegen durch jene umſtaͤndliche, bis auf einen gewiſſen Grad wahre und doch im Hauptpuncte man- gelhafte Darſtellung der Irrthum nur deſto ehrwuͤrdiger gemacht und fortgepflanzt wird. Peter von Muſchenbroek geb. 1692. geſt. 1761. Elementa physica 1734. Voͤllig von der New- toniſchen Lehre uͤberzeugt, faͤngt er ſeinen Vortrag mit

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/522>, abgerufen am 22.11.2024.