Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Schule, als daß nicht dadurch hätten Bewegungen
hervorgebracht werden sollen. Dieses geschah auch, und
Desaguliers stellte 1715 die Versuche gegen Mariotte
an. Das Verfahren ist uns in den philosophischen
Transactionen Nr. 348 S. 433 aufbewahrt.

Wir müssen uns Gewalt anthun, indem wir von
diesem Aufsatz Rechenschaft geben, aus der historischen
Darstellung nicht wieder in die polemische Behandlung
zu verfallen. Denn eigentlich sollte man Desaguliers
gleichfalls Schritt vor Schritt, Wort vor Wort folgen,
um zu zeigen, daß er wie sein Meister, ja noch schlim-
mer als dieser, sich bey den Versuchen benommen. Un-
bedeutende, unnütze Nebenumstände werden hervorgeho-
ben, die Hauptbedingungen des Phänomens spät und
nur wie im Vorübergehen erwähnt, es wird versichert
daß man dieses und jenes leisten wolle, geleistet habe
und sodann, als wenn es nichts wäre, zum Schlusse
eingestanden, daß es nicht geschehen sey, daß eins und
anderes noch beyher sich zeige und gerade das wovon
eben die Rede war, daß es sich nicht zeigen dürfe.

Gegen Mariotte soll bewiesen werden, daß die
Farben des Spectrums, wenn sie recht gesondert seyen,
keine weitere Veränderung erleiden, aus ihnen keine
andere Farben hervorgehen, an ihnen keine andere Far-
be sich zeige. Um nun die prismatischen Farben auf
diesen hohen Grad zu reinigen, wird der Newtonische
elfte Versuch des ersten Theils als genugthuend ange-
führt, die dort vorgeschlagene umständliche Vorrichtung

Schule, als daß nicht dadurch haͤtten Bewegungen
hervorgebracht werden ſollen. Dieſes geſchah auch, und
Desaguliers ſtellte 1715 die Verſuche gegen Mariotte
an. Das Verfahren iſt uns in den philoſophiſchen
Transactionen Nr. 348 S. 433 aufbewahrt.

Wir muͤſſen uns Gewalt anthun, indem wir von
dieſem Aufſatz Rechenſchaft geben, aus der hiſtoriſchen
Darſtellung nicht wieder in die polemiſche Behandlung
zu verfallen. Denn eigentlich ſollte man Desaguliers
gleichfalls Schritt vor Schritt, Wort vor Wort folgen,
um zu zeigen, daß er wie ſein Meiſter, ja noch ſchlim-
mer als dieſer, ſich bey den Verſuchen benommen. Un-
bedeutende, unnuͤtze Nebenumſtaͤnde werden hervorgeho-
ben, die Hauptbedingungen des Phaͤnomens ſpaͤt und
nur wie im Voruͤbergehen erwaͤhnt, es wird verſichert
daß man dieſes und jenes leiſten wolle, geleiſtet habe
und ſodann, als wenn es nichts waͤre, zum Schluſſe
eingeſtanden, daß es nicht geſchehen ſey, daß eins und
anderes noch beyher ſich zeige und gerade das wovon
eben die Rede war, daß es ſich nicht zeigen duͤrfe.

Gegen Mariotte ſoll bewieſen werden, daß die
Farben des Spectrums, wenn ſie recht geſondert ſeyen,
keine weitere Veraͤnderung erleiden, aus ihnen keine
andere Farben hervorgehen, an ihnen keine andere Far-
be ſich zeige. Um nun die prismatiſchen Farben auf
dieſen hohen Grad zu reinigen, wird der Newtoniſche
elfte Verſuch des erſten Theils als genugthuend ange-
fuͤhrt, die dort vorgeſchlagene umſtaͤndliche Vorrichtung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0491" n="457"/>
Schule, als daß nicht dadurch ha&#x0364;tten Bewegungen<lb/>
hervorgebracht werden &#x017F;ollen. Die&#x017F;es ge&#x017F;chah auch, und<lb/>
Desaguliers &#x017F;tellte 1715 die Ver&#x017F;uche gegen Mariotte<lb/>
an. Das Verfahren i&#x017F;t uns in den philo&#x017F;ophi&#x017F;chen<lb/>
Transactionen Nr. 348 S. 433 aufbewahrt.</p><lb/>
            <p>Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en uns Gewalt anthun, indem wir von<lb/>
die&#x017F;em Auf&#x017F;atz Rechen&#x017F;chaft geben, aus der hi&#x017F;tori&#x017F;chen<lb/>
Dar&#x017F;tellung nicht wieder in die polemi&#x017F;che Behandlung<lb/>
zu verfallen. Denn eigentlich &#x017F;ollte man Desaguliers<lb/>
gleichfalls Schritt vor Schritt, Wort vor Wort folgen,<lb/>
um zu zeigen, daß er wie &#x017F;ein Mei&#x017F;ter, ja noch &#x017F;chlim-<lb/>
mer als die&#x017F;er, &#x017F;ich bey den Ver&#x017F;uchen benommen. Un-<lb/>
bedeutende, unnu&#x0364;tze Nebenum&#x017F;ta&#x0364;nde werden hervorgeho-<lb/>
ben, die Hauptbedingungen des Pha&#x0364;nomens &#x017F;pa&#x0364;t und<lb/>
nur wie im Voru&#x0364;bergehen erwa&#x0364;hnt, es wird ver&#x017F;ichert<lb/>
daß man die&#x017F;es und jenes lei&#x017F;ten wolle, gelei&#x017F;tet habe<lb/>
und &#x017F;odann, als wenn es nichts wa&#x0364;re, zum Schlu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
einge&#x017F;tanden, daß es nicht ge&#x017F;chehen &#x017F;ey, daß eins und<lb/>
anderes noch beyher &#x017F;ich zeige und gerade das wovon<lb/>
eben die Rede war, daß es &#x017F;ich nicht zeigen du&#x0364;rfe.</p><lb/>
            <p>Gegen Mariotte &#x017F;oll bewie&#x017F;en werden, daß die<lb/>
Farben des Spectrums, wenn &#x017F;ie recht ge&#x017F;ondert &#x017F;eyen,<lb/>
keine weitere Vera&#x0364;nderung erleiden, aus ihnen keine<lb/>
andere Farben hervorgehen, an ihnen keine andere Far-<lb/>
be &#x017F;ich zeige. Um nun die prismati&#x017F;chen Farben auf<lb/>
die&#x017F;en hohen Grad zu reinigen, wird der Newtoni&#x017F;che<lb/>
elfte Ver&#x017F;uch des er&#x017F;ten Theils als genugthuend ange-<lb/>
fu&#x0364;hrt, die dort vorge&#x017F;chlagene um&#x017F;ta&#x0364;ndliche Vorrichtung<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[457/0491] Schule, als daß nicht dadurch haͤtten Bewegungen hervorgebracht werden ſollen. Dieſes geſchah auch, und Desaguliers ſtellte 1715 die Verſuche gegen Mariotte an. Das Verfahren iſt uns in den philoſophiſchen Transactionen Nr. 348 S. 433 aufbewahrt. Wir muͤſſen uns Gewalt anthun, indem wir von dieſem Aufſatz Rechenſchaft geben, aus der hiſtoriſchen Darſtellung nicht wieder in die polemiſche Behandlung zu verfallen. Denn eigentlich ſollte man Desaguliers gleichfalls Schritt vor Schritt, Wort vor Wort folgen, um zu zeigen, daß er wie ſein Meiſter, ja noch ſchlim- mer als dieſer, ſich bey den Verſuchen benommen. Un- bedeutende, unnuͤtze Nebenumſtaͤnde werden hervorgeho- ben, die Hauptbedingungen des Phaͤnomens ſpaͤt und nur wie im Voruͤbergehen erwaͤhnt, es wird verſichert daß man dieſes und jenes leiſten wolle, geleiſtet habe und ſodann, als wenn es nichts waͤre, zum Schluſſe eingeſtanden, daß es nicht geſchehen ſey, daß eins und anderes noch beyher ſich zeige und gerade das wovon eben die Rede war, daß es ſich nicht zeigen duͤrfe. Gegen Mariotte ſoll bewieſen werden, daß die Farben des Spectrums, wenn ſie recht geſondert ſeyen, keine weitere Veraͤnderung erleiden, aus ihnen keine andere Farben hervorgehen, an ihnen keine andere Far- be ſich zeige. Um nun die prismatiſchen Farben auf dieſen hohen Grad zu reinigen, wird der Newtoniſche elfte Verſuch des erſten Theils als genugthuend ange- fuͤhrt, die dort vorgeſchlagene umſtaͤndliche Vorrichtung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/491
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/491>, abgerufen am 22.11.2024.