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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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und weder polemisch noch didactisch vorgetreten, ist
uns leider ein Geheimniß geblieben.

W. Artik. XXX. Eine Antwort Newtons auf vor-
gedachten Brief, an Oldenburg gerichtet. Den größ-
ten Theil nimmt der, in unsern Augen ganz gleichgül-
tige, Nebenumstand ein, wie sich dem Maaße nach
das prismatische Bild in seiner Länge zur Breite ver-
halte. Da wir im didactischen und polemischen Theil
umständlich gezeigt haben, daß dieses Verhältniß durch
mancherley Bedingungen sich abändern kann, und ei-
gentlich gar nicht der Rede werth ist; so bedarf es
hier keiner Wiederholung.

Bedeutender hingegen ist die Art, wie sich New-
ton gegen die neuen Experimente benimmt. Denn hier
ist gleichsam der Text, welchen die Newtonische Schule,
ein ganzes Jahrhundert durch, theils nachgebetet, theils
amplificirt und paraphrasirt hat. Wir wollen den
Meister selbst reden lassen.

"Was des Herrn Lucas übrige Experimente be-
trifft, so weiß ich ihm vielen Dank für den großen An-
theil den er an der Sache nimmt, und für die fleißigen
Ueberlegungen derselben, ja ich bin ihm um so
mehr verpflichtet, als er der erste ist, der mir Ver-
suche zusendet, um die Wahrheit zu erforschen; aber
er wird sich schneller und vollkommener genug thun,
wenn er nur die Methode die er sich vorschrieb, ver-
ändert und statt vieler andern Dinge nur das Expe-

und weder polemiſch noch didactiſch vorgetreten, iſt
uns leider ein Geheimniß geblieben.

W. Artik. XXX. Eine Antwort Newtons auf vor-
gedachten Brief, an Oldenburg gerichtet. Den groͤß-
ten Theil nimmt der, in unſern Augen ganz gleichguͤl-
tige, Nebenumſtand ein, wie ſich dem Maaße nach
das prismatiſche Bild in ſeiner Laͤnge zur Breite ver-
halte. Da wir im didactiſchen und polemiſchen Theil
umſtaͤndlich gezeigt haben, daß dieſes Verhaͤltniß durch
mancherley Bedingungen ſich abaͤndern kann, und ei-
gentlich gar nicht der Rede werth iſt; ſo bedarf es
hier keiner Wiederholung.

Bedeutender hingegen iſt die Art, wie ſich New-
ton gegen die neuen Experimente benimmt. Denn hier
iſt gleichſam der Text, welchen die Newtoniſche Schule,
ein ganzes Jahrhundert durch, theils nachgebetet, theils
amplificirt und paraphraſirt hat. Wir wollen den
Meiſter ſelbſt reden laſſen.

„Was des Herrn Lucas uͤbrige Experimente be-
trifft, ſo weiß ich ihm vielen Dank fuͤr den großen An-
theil den er an der Sache nimmt, und fuͤr die fleißigen
Ueberlegungen derſelben, ja ich bin ihm um ſo
mehr verpflichtet, als er der erſte iſt, der mir Ver-
ſuche zuſendet, um die Wahrheit zu erforſchen; aber
er wird ſich ſchneller und vollkommener genug thun,
wenn er nur die Methode die er ſich vorſchrieb, ver-
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[437/0471] und weder polemiſch noch didactiſch vorgetreten, iſt uns leider ein Geheimniß geblieben. W. Artik. XXX. Eine Antwort Newtons auf vor- gedachten Brief, an Oldenburg gerichtet. Den groͤß- ten Theil nimmt der, in unſern Augen ganz gleichguͤl- tige, Nebenumſtand ein, wie ſich dem Maaße nach das prismatiſche Bild in ſeiner Laͤnge zur Breite ver- halte. Da wir im didactiſchen und polemiſchen Theil umſtaͤndlich gezeigt haben, daß dieſes Verhaͤltniß durch mancherley Bedingungen ſich abaͤndern kann, und ei- gentlich gar nicht der Rede werth iſt; ſo bedarf es hier keiner Wiederholung. Bedeutender hingegen iſt die Art, wie ſich New- ton gegen die neuen Experimente benimmt. Denn hier iſt gleichſam der Text, welchen die Newtoniſche Schule, ein ganzes Jahrhundert durch, theils nachgebetet, theils amplificirt und paraphraſirt hat. Wir wollen den Meiſter ſelbſt reden laſſen. „Was des Herrn Lucas uͤbrige Experimente be- trifft, ſo weiß ich ihm vielen Dank fuͤr den großen An- theil den er an der Sache nimmt, und fuͤr die fleißigen Ueberlegungen derſelben, ja ich bin ihm um ſo mehr verpflichtet, als er der erſte iſt, der mir Ver- ſuche zuſendet, um die Wahrheit zu erforſchen; aber er wird ſich ſchneller und vollkommener genug thun, wenn er nur die Methode die er ſich vorſchrieb, ver- aͤndert und ſtatt vieler andern Dinge nur das Expe-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/471>, abgerufen am 25.11.2024.