freylich auf eine Weise, die nur zu neuen Weiterungen Anlaß giebt.
N. Art. XXI. Newton erklärt sich abermals, und um die Sache wieder ins Enge und in sein Gebiet zu bringen, verfährt er nun mit Definitionen und Propo- sitionen, wodurch er alles dasjenige was noch erst ausge- macht werden soll, schon als entschieden aufstellt und sodann sich wieder darauf bezieht und Folgerungen dar- aus herleitet. In diesen fünf Definitionen und zehn Propositionen ist wirklich abermals die ganze Newtoni- sche Lehre verfaßt, und für diejenigen, welche die Be- schränktheit dieser Lehre übersehen oder welche ein Glau- bensbekenntniß derselben auswendig lernen wollen, gleich nützlich und hinreichend. Wäre die Sache wahr gewe- sen, so hätte es keiner weiteren Ausführung bedurft.
V. Franciscus Linus, Jesuit, geb. 1595 zu London, gest. 1676 zu Lüttich, wo er am englischen Collegium angestellt, hebräische Sprache und Mathematik gelehrt hatte. Die Schwäche seines theoretischen Vermögens zeigt sich schon in frühern Controversen mit Boyle; nunmehr als Greis von achtzig Jahren, der zwar frü- her sich mit optischen Dingen beschäftigt und vor drey- ßig Jahren die prismatischen Experimente angestellt hat- te, ohne ihnen jedoch weiter etwas abzugewinnen, war er freylich nicht der Mann, die Newtonische Lehre zu prüfen. Auch beruht seine ganze Opposition auf einem Misverständniß.
freylich auf eine Weiſe, die nur zu neuen Weiterungen Anlaß giebt.
N. Art. XXI. Newton erklaͤrt ſich abermals, und um die Sache wieder ins Enge und in ſein Gebiet zu bringen, verfaͤhrt er nun mit Definitionen und Propo- ſitionen, wodurch er alles dasjenige was noch erſt ausge- macht werden ſoll, ſchon als entſchieden aufſtellt und ſodann ſich wieder darauf bezieht und Folgerungen dar- aus herleitet. In dieſen fuͤnf Definitionen und zehn Propoſitionen iſt wirklich abermals die ganze Newtoni- ſche Lehre verfaßt, und fuͤr diejenigen, welche die Be- ſchraͤnktheit dieſer Lehre uͤberſehen oder welche ein Glau- bensbekenntniß derſelben auswendig lernen wollen, gleich nuͤtzlich und hinreichend. Waͤre die Sache wahr gewe- ſen, ſo haͤtte es keiner weiteren Ausfuͤhrung bedurft.
V. Franciscus Linus, Jeſuit, geb. 1595 zu London, geſt. 1676 zu Luͤttich, wo er am engliſchen Collegium angeſtellt, hebraͤiſche Sprache und Mathematik gelehrt hatte. Die Schwaͤche ſeines theoretiſchen Vermoͤgens zeigt ſich ſchon in fruͤhern Controverſen mit Boyle; nunmehr als Greis von achtzig Jahren, der zwar fruͤ- her ſich mit optiſchen Dingen beſchaͤftigt und vor drey- ßig Jahren die prismatiſchen Experimente angeſtellt hat- te, ohne ihnen jedoch weiter etwas abzugewinnen, war er freylich nicht der Mann, die Newtoniſche Lehre zu pruͤfen. Auch beruht ſeine ganze Oppoſition auf einem Misverſtaͤndniß.
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freylich auf eine Weiſe, die nur zu neuen Weiterungen
Anlaß giebt.
N. Art. XXI. Newton erklaͤrt ſich abermals, und
um die Sache wieder ins Enge und in ſein Gebiet zu
bringen, verfaͤhrt er nun mit Definitionen und Propo-
ſitionen, wodurch er alles dasjenige was noch erſt ausge-
macht werden ſoll, ſchon als entſchieden aufſtellt und
ſodann ſich wieder darauf bezieht und Folgerungen dar-
aus herleitet. In dieſen fuͤnf Definitionen und zehn
Propoſitionen iſt wirklich abermals die ganze Newtoni-
ſche Lehre verfaßt, und fuͤr diejenigen, welche die Be-
ſchraͤnktheit dieſer Lehre uͤberſehen oder welche ein Glau-
bensbekenntniß derſelben auswendig lernen wollen, gleich
nuͤtzlich und hinreichend. Waͤre die Sache wahr gewe-
ſen, ſo haͤtte es keiner weiteren Ausfuͤhrung bedurft.
V. Franciscus Linus, Jeſuit, geb. 1595 zu London,
geſt. 1676 zu Luͤttich, wo er am engliſchen Collegium
angeſtellt, hebraͤiſche Sprache und Mathematik gelehrt
hatte. Die Schwaͤche ſeines theoretiſchen Vermoͤgens
zeigt ſich ſchon in fruͤhern Controverſen mit Boyle;
nunmehr als Greis von achtzig Jahren, der zwar fruͤ-
her ſich mit optiſchen Dingen beſchaͤftigt und vor drey-
ßig Jahren die prismatiſchen Experimente angeſtellt hat-
te, ohne ihnen jedoch weiter etwas abzugewinnen, war
er freylich nicht der Mann, die Newtoniſche Lehre zu
pruͤfen. Auch beruht ſeine ganze Oppoſition auf einem
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/465>, abgerufen am 25.11.2024.
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