Tagen setzte sich die Reformation fest; der Handel ward geregelt und die Schiffarth erweiterte sich. Aber obgleich die Wissenschaft schon etwas Großes hoffen ließ; so war doch die Zeit noch nicht gekommen, daß den Naturerfahrungen eine öffentliche Aufmunterung hätte zu Theil werden können, indem die Schriften des Alterthums und die Streitigkeiten zwischen uns und der römischen Kirche noch nicht völlig studiert und beseitigt waren."
"Die Regierung des Königs Jacob war glücklich in allen Vortheilen des Friedens und reich an Per- sonen von tiefer Literatur; aber nach dem Beyspiele des Königs wendeten sie vorzüglich ihre Aufmerksam- keit auf die Verhandlungen der Religion und der Streitigkeiten, so daß selbst Mylord Bacon, mit allem An- sehn das er im Staate besaß, sein Collegium Salo- mons nur als eine Schilderung, als einen Roman zu Stande bringen konnte. Zwar sing die Zeit Carls des I. an zu solchen Unternehmungen reifer zu werden, wegen des Ueberflusses und der glücklichen Zustände seiner er- sten Jahre, auch wegen der Fähigkeit des Königes selbst, der nicht nur ein unnachahmlicher Meister in Verstand und Redekunst war, sondern der auch in ver- schiedenen practischen Künsten sich über die gewöhnliche Weise der Könige, ja sogar über den Fleiß der besten Künstler erhob. Aber ach! er wurde von den Studien, von Ruhe und Frieden hinweg zu der gefährlichern und rühmlichern Laufbahn des Märtyrers berufen."
Tagen ſetzte ſich die Reformation feſt; der Handel ward geregelt und die Schiffarth erweiterte ſich. Aber obgleich die Wiſſenſchaft ſchon etwas Großes hoffen ließ; ſo war doch die Zeit noch nicht gekommen, daß den Naturerfahrungen eine oͤffentliche Aufmunterung haͤtte zu Theil werden koͤnnen, indem die Schriften des Alterthums und die Streitigkeiten zwiſchen uns und der roͤmiſchen Kirche noch nicht voͤllig ſtudiert und beſeitigt waren.“
„Die Regierung des Koͤnigs Jacob war gluͤcklich in allen Vortheilen des Friedens und reich an Per- ſonen von tiefer Literatur; aber nach dem Beyſpiele des Koͤnigs wendeten ſie vorzuͤglich ihre Aufmerkſam- keit auf die Verhandlungen der Religion und der Streitigkeiten, ſo daß ſelbſt Mylord Bacon, mit allem An- ſehn das er im Staate beſaß, ſein Collegium Salo- mons nur als eine Schilderung, als einen Roman zu Stande bringen konnte. Zwar ſing die Zeit Carls des I. an zu ſolchen Unternehmungen reifer zu werden, wegen des Ueberfluſſes und der gluͤcklichen Zuſtaͤnde ſeiner er- ſten Jahre, auch wegen der Faͤhigkeit des Koͤniges ſelbſt, der nicht nur ein unnachahmlicher Meiſter in Verſtand und Redekunſt war, ſondern der auch in ver- ſchiedenen practiſchen Kuͤnſten ſich uͤber die gewoͤhnliche Weiſe der Koͤnige, ja ſogar uͤber den Fleiß der beſten Kuͤnſtler erhob. Aber ach! er wurde von den Studien, von Ruhe und Frieden hinweg zu der gefaͤhrlichern und ruͤhmlichern Laufbahn des Maͤrtyrers berufen.“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0422"n="388"/>
Tagen ſetzte ſich die Reformation feſt; der Handel<lb/>
ward geregelt und die Schiffarth erweiterte ſich. Aber<lb/>
obgleich die Wiſſenſchaft ſchon etwas Großes hoffen<lb/>
ließ; ſo war doch die Zeit noch nicht gekommen, daß<lb/>
den Naturerfahrungen eine oͤffentliche Aufmunterung<lb/>
haͤtte zu Theil werden koͤnnen, indem die Schriften<lb/>
des Alterthums und die Streitigkeiten zwiſchen uns<lb/>
und der roͤmiſchen Kirche noch nicht voͤllig ſtudiert und<lb/>
beſeitigt waren.“</p><lb/><p>„Die Regierung des Koͤnigs Jacob war gluͤcklich<lb/>
in allen Vortheilen des Friedens und reich an Per-<lb/>ſonen von tiefer Literatur; aber nach dem Beyſpiele<lb/>
des Koͤnigs wendeten ſie vorzuͤglich ihre Aufmerkſam-<lb/>
keit auf die Verhandlungen der Religion und der<lb/>
Streitigkeiten, ſo daß ſelbſt Mylord Bacon, mit allem An-<lb/>ſehn das er im Staate beſaß, ſein Collegium Salo-<lb/>
mons nur als eine Schilderung, als einen Roman zu<lb/>
Stande bringen konnte. Zwar ſing die Zeit Carls des <hirendition="#aq">I.</hi><lb/>
an zu ſolchen Unternehmungen reifer zu werden, wegen<lb/>
des Ueberfluſſes und der gluͤcklichen Zuſtaͤnde ſeiner er-<lb/>ſten Jahre, auch wegen der Faͤhigkeit des Koͤniges<lb/>ſelbſt, der nicht nur ein unnachahmlicher Meiſter in<lb/>
Verſtand und Redekunſt war, ſondern der auch in ver-<lb/>ſchiedenen practiſchen Kuͤnſten ſich uͤber die gewoͤhnliche<lb/>
Weiſe der Koͤnige, ja ſogar uͤber den Fleiß der beſten<lb/>
Kuͤnſtler erhob. Aber ach! er wurde von den Studien,<lb/>
von Ruhe und Frieden hinweg zu der gefaͤhrlichern<lb/>
und ruͤhmlichern Laufbahn des Maͤrtyrers berufen.“</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[388/0422]
Tagen ſetzte ſich die Reformation feſt; der Handel
ward geregelt und die Schiffarth erweiterte ſich. Aber
obgleich die Wiſſenſchaft ſchon etwas Großes hoffen
ließ; ſo war doch die Zeit noch nicht gekommen, daß
den Naturerfahrungen eine oͤffentliche Aufmunterung
haͤtte zu Theil werden koͤnnen, indem die Schriften
des Alterthums und die Streitigkeiten zwiſchen uns
und der roͤmiſchen Kirche noch nicht voͤllig ſtudiert und
beſeitigt waren.“
„Die Regierung des Koͤnigs Jacob war gluͤcklich
in allen Vortheilen des Friedens und reich an Per-
ſonen von tiefer Literatur; aber nach dem Beyſpiele
des Koͤnigs wendeten ſie vorzuͤglich ihre Aufmerkſam-
keit auf die Verhandlungen der Religion und der
Streitigkeiten, ſo daß ſelbſt Mylord Bacon, mit allem An-
ſehn das er im Staate beſaß, ſein Collegium Salo-
mons nur als eine Schilderung, als einen Roman zu
Stande bringen konnte. Zwar ſing die Zeit Carls des I.
an zu ſolchen Unternehmungen reifer zu werden, wegen
des Ueberfluſſes und der gluͤcklichen Zuſtaͤnde ſeiner er-
ſten Jahre, auch wegen der Faͤhigkeit des Koͤniges
ſelbſt, der nicht nur ein unnachahmlicher Meiſter in
Verſtand und Redekunſt war, ſondern der auch in ver-
ſchiedenen practiſchen Kuͤnſten ſich uͤber die gewoͤhnliche
Weiſe der Koͤnige, ja ſogar uͤber den Fleiß der beſten
Kuͤnſtler erhob. Aber ach! er wurde von den Studien,
von Ruhe und Frieden hinweg zu der gefaͤhrlichern
und ruͤhmlichern Laufbahn des Maͤrtyrers berufen.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/422>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.