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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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entsprang, der bey einem großen Theile der Werke neue-
rer Maler der vorherrschende ist.

Van Eyck mag bereits vor 1450 Gemälde in Oel-
farbe verfertigt haben. Was uns unter seinem Namen
vor Augen kam, ist mit Fleiß und Treue der Natur
nachgeahmt, zeigt aber übrigens keine Eigenschaften,
welche für eine wesentliche und unmittelbar durch den
genannten Künstler bewirkte Verbesserung der Kunst zu
coloriren gelten könnten. Nicht anders ist es auch mit
den Arbeiten der damals berühmten deutschen Maler,
des Martin Schön und Michael Wohlgemuth, beschaffen.

Haben wir bisher unter den vorzüglichen Beförde-
rern des Colorits keine andre als bloß toscanische Mei-
ster zu nennen gehabt, weil die neuere Malerey in Tos-
cana und vornehmlich zu Florenz ihren frühsten Sitz
faßte; so treten nunmehr auch venezianische Künstler
in die Schranken. Diese oder die von ihnen gestiftete
Schule hat um so größeren Einfluß auf unsere Ge-
schichte, als sie das Colorit zu ihrer Hauptangelegen-
heit gemacht und unstreitig die allervollkommensten Mei-
ster dieses Fachs aus ihr hervorgegangen sind.

Daß einige der späteren Arbeiten des Bartolomeo
Vivarino in Oelfarben gemalt sind, ist zwar wahr-
scheinlich, doch können wir solches nicht mit vollkomm-
ner Zuverlässigkeit behaupten. Verschiedene vorzügliche
Bilder von ihm sind zwischen 1470 und 1480 gemalt,
und auf alle Fälle gehört er unter die besten Meister

entſprang, der bey einem großen Theile der Werke neue-
rer Maler der vorherrſchende iſt.

Van Eyck mag bereits vor 1450 Gemaͤlde in Oel-
farbe verfertigt haben. Was uns unter ſeinem Namen
vor Augen kam, iſt mit Fleiß und Treue der Natur
nachgeahmt, zeigt aber uͤbrigens keine Eigenſchaften,
welche fuͤr eine weſentliche und unmittelbar durch den
genannten Kuͤnſtler bewirkte Verbeſſerung der Kunſt zu
coloriren gelten koͤnnten. Nicht anders iſt es auch mit
den Arbeiten der damals beruͤhmten deutſchen Maler,
des Martin Schoͤn und Michael Wohlgemuth, beſchaffen.

Haben wir bisher unter den vorzuͤglichen Befoͤrde-
rern des Colorits keine andre als bloß toscaniſche Mei-
ſter zu nennen gehabt, weil die neuere Malerey in Tos-
cana und vornehmlich zu Florenz ihren fruͤhſten Sitz
faßte; ſo treten nunmehr auch venezianiſche Kuͤnſtler
in die Schranken. Dieſe oder die von ihnen geſtiftete
Schule hat um ſo groͤßeren Einfluß auf unſere Ge-
ſchichte, als ſie das Colorit zu ihrer Hauptangelegen-
heit gemacht und unſtreitig die allervollkommenſten Mei-
ſter dieſes Fachs aus ihr hervorgegangen ſind.

Daß einige der ſpaͤteren Arbeiten des Bartolomeo
Vivarino in Oelfarben gemalt ſind, iſt zwar wahr-
ſcheinlich, doch koͤnnen wir ſolches nicht mit vollkomm-
ner Zuverlaͤſſigkeit behaupten. Verſchiedene vorzuͤgliche
Bilder von ihm ſind zwiſchen 1470 und 1480 gemalt,
und auf alle Faͤlle gehoͤrt er unter die beſten Meiſter

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[354/0388] entſprang, der bey einem großen Theile der Werke neue- rer Maler der vorherrſchende iſt. Van Eyck mag bereits vor 1450 Gemaͤlde in Oel- farbe verfertigt haben. Was uns unter ſeinem Namen vor Augen kam, iſt mit Fleiß und Treue der Natur nachgeahmt, zeigt aber uͤbrigens keine Eigenſchaften, welche fuͤr eine weſentliche und unmittelbar durch den genannten Kuͤnſtler bewirkte Verbeſſerung der Kunſt zu coloriren gelten koͤnnten. Nicht anders iſt es auch mit den Arbeiten der damals beruͤhmten deutſchen Maler, des Martin Schoͤn und Michael Wohlgemuth, beſchaffen. Haben wir bisher unter den vorzuͤglichen Befoͤrde- rern des Colorits keine andre als bloß toscaniſche Mei- ſter zu nennen gehabt, weil die neuere Malerey in Tos- cana und vornehmlich zu Florenz ihren fruͤhſten Sitz faßte; ſo treten nunmehr auch venezianiſche Kuͤnſtler in die Schranken. Dieſe oder die von ihnen geſtiftete Schule hat um ſo groͤßeren Einfluß auf unſere Ge- ſchichte, als ſie das Colorit zu ihrer Hauptangelegen- heit gemacht und unſtreitig die allervollkommenſten Mei- ſter dieſes Fachs aus ihr hervorgegangen ſind. Daß einige der ſpaͤteren Arbeiten des Bartolomeo Vivarino in Oelfarben gemalt ſind, iſt zwar wahr- ſcheinlich, doch koͤnnen wir ſolches nicht mit vollkomm- ner Zuverlaͤſſigkeit behaupten. Verſchiedene vorzuͤgliche Bilder von ihm ſind zwiſchen 1470 und 1480 gemalt, und auf alle Faͤlle gehoͤrt er unter die beſten Meiſter

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/388>, abgerufen am 24.11.2024.