Ja wie die Völker, so theilen sich auch Jahrhun- derte in die Verehrung des Plato und Aristoteles, bald friedlich, bald in heftigem Widerstreit; und es ist als ein großer Vorzug des unsrigen anzusehen, daß die Hochschätzung beyder sich im Gleichgewichte hält, wie schon Rafael, in der sogenannten Schule von Athen, beyde Männer gedacht und gegen einander über gestellt hat.
Wir fühlen und wissen recht gut, was sich gegen die von uns aphoristisch entworfene Skizze einwenden läßt, besonders wenn man von dem, was ihr mangelt, und von dem, was an ihr näher zu bestimmen wäre, reden wollte. Allein es war die Aufgabe, in möglich- ster Kürze hinzuzeichnen, was von Hauptwirkungen über die durch Barbaren gerissene Lücke in die mittlere und neuere Zeit vor allem andern bedeutend herüber- reicht, was in die Wissenschaften überhaupt, in die Naturwissenschaften besonders und in die Farbenlehre, die uns vorzüglich beschäftigt, einen dauernden Einfluß ausübte.
Denn andre köstliche Massen des unschätzbar Ue- berlieferten, wie z. E. die Masse der griechischen Dich- ter, hat erst spät, ja sehr spät, wieder lebendig auf Bildung gewirkt, so wie die Denkweisen anderer phi- losophischen Schulen, der Epikureer, der Skeptiker, auch erst spät für uns einige Bedeutung gewinnen.
Wenn wir nun oben schon ausgesprochen und be- hauptet, daß die Griechen mit allem bekannt gewesen,
Ja wie die Voͤlker, ſo theilen ſich auch Jahrhun- derte in die Verehrung des Plato und Ariſtoteles, bald friedlich, bald in heftigem Widerſtreit; und es iſt als ein großer Vorzug des unſrigen anzuſehen, daß die Hochſchaͤtzung beyder ſich im Gleichgewichte haͤlt, wie ſchon Rafael, in der ſogenannten Schule von Athen, beyde Maͤnner gedacht und gegen einander uͤber geſtellt hat.
Wir fuͤhlen und wiſſen recht gut, was ſich gegen die von uns aphoriſtiſch entworfene Skizze einwenden laͤßt, beſonders wenn man von dem, was ihr mangelt, und von dem, was an ihr naͤher zu beſtimmen waͤre, reden wollte. Allein es war die Aufgabe, in moͤglich- ſter Kuͤrze hinzuzeichnen, was von Hauptwirkungen uͤber die durch Barbaren geriſſene Luͤcke in die mittlere und neuere Zeit vor allem andern bedeutend heruͤber- reicht, was in die Wiſſenſchaften uͤberhaupt, in die Naturwiſſenſchaften beſonders und in die Farbenlehre, die uns vorzuͤglich beſchaͤftigt, einen dauernden Einfluß ausuͤbte.
Denn andre koͤſtliche Maſſen des unſchaͤtzbar Ue- berlieferten, wie z. E. die Maſſe der griechiſchen Dich- ter, hat erſt ſpaͤt, ja ſehr ſpaͤt, wieder lebendig auf Bildung gewirkt, ſo wie die Denkweiſen anderer phi- loſophiſchen Schulen, der Epikureer, der Skeptiker, auch erſt ſpaͤt fuͤr uns einige Bedeutung gewinnen.
Wenn wir nun oben ſchon ausgeſprochen und be- hauptet, daß die Griechen mit allem bekannt geweſen,
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Ja wie die Voͤlker, ſo theilen ſich auch Jahrhun-
derte in die Verehrung des Plato und Ariſtoteles, bald
friedlich, bald in heftigem Widerſtreit; und es iſt
als ein großer Vorzug des unſrigen anzuſehen, daß
die Hochſchaͤtzung beyder ſich im Gleichgewichte haͤlt,
wie ſchon Rafael, in der ſogenannten Schule von
Athen, beyde Maͤnner gedacht und gegen einander uͤber
geſtellt hat.
Wir fuͤhlen und wiſſen recht gut, was ſich gegen
die von uns aphoriſtiſch entworfene Skizze einwenden
laͤßt, beſonders wenn man von dem, was ihr mangelt,
und von dem, was an ihr naͤher zu beſtimmen waͤre,
reden wollte. Allein es war die Aufgabe, in moͤglich-
ſter Kuͤrze hinzuzeichnen, was von Hauptwirkungen
uͤber die durch Barbaren geriſſene Luͤcke in die mittlere
und neuere Zeit vor allem andern bedeutend heruͤber-
reicht, was in die Wiſſenſchaften uͤberhaupt, in die
Naturwiſſenſchaften beſonders und in die Farbenlehre,
die uns vorzuͤglich beſchaͤftigt, einen dauernden Einfluß
ausuͤbte.
Denn andre koͤſtliche Maſſen des unſchaͤtzbar Ue-
berlieferten, wie z. E. die Maſſe der griechiſchen Dich-
ter, hat erſt ſpaͤt, ja ſehr ſpaͤt, wieder lebendig auf
Bildung gewirkt, ſo wie die Denkweiſen anderer phi-
loſophiſchen Schulen, der Epikureer, der Skeptiker,
auch erſt ſpaͤt fuͤr uns einige Bedeutung gewinnen.
Wenn wir nun oben ſchon ausgeſprochen und be-
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/177>, abgerufen am 26.11.2024.
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