ben; doch ohne daß eine derselben so auffallend gewe- sen, um als ein wichtiger Vorfall in der alten Kunst- geschichte angezeigt zu werden. Unterdessen mag man zu mehrerer Fertigkeit gelangt, die Maler mögen nach dem damaligen Maß der gangbaren Kenntnisse mehr Meister ihres Fachs geworden seyn.
Ohne Zweifel erhielt die Malerey große und be- deutende Verbesserungen durch den Polygnot von Tha- sos. Die Bewunderung, welche das ganze Alterthum seinen Werken zollte, ist ein sicherer Bürge für ihre hohen Verdienste. Und noch können wir über den ed- len Geist seiner Erfindungen urtheilen, indem uns Pausanias den Inhalt von zweyen seiner Hauptge- mälde beschrieben und überliefert hat.
Polygnot mag als ein außerordentlicher Geist im Ganzen über die Kunst gewaltet und sie ihrer Voll- kommenheit näher gebracht haben; aber unsere gegen- wärtigen Betrachtungen bezielen bloß dasjenige, was die Fortschritte der Farbengebung angeht.
Er muß, den alten Nachrichten zufolge, um mehrere Mannigfaltigkeit der Farben bemüht gewesen seyn, sie auf eine zwar einfache Weise, aber mit Sinn und nach Maßgabe des beabsichtigten Charakters, angewendet haben. Er kleidete zuerst die weiblichen Fi- guren in helle Gewänder, und gab dem Hauptschmuck derselben fröhlich bunte Farben; wodurch also die Ge- mälde im allgemeinen anziehender und gefälliger wur- den.
ben; doch ohne daß eine derſelben ſo auffallend gewe- ſen, um als ein wichtiger Vorfall in der alten Kunſt- geſchichte angezeigt zu werden. Unterdeſſen mag man zu mehrerer Fertigkeit gelangt, die Maler moͤgen nach dem damaligen Maß der gangbaren Kenntniſſe mehr Meiſter ihres Fachs geworden ſeyn.
Ohne Zweifel erhielt die Malerey große und be- deutende Verbeſſerungen durch den Polygnot von Tha- ſos. Die Bewunderung, welche das ganze Alterthum ſeinen Werken zollte, iſt ein ſicherer Buͤrge fuͤr ihre hohen Verdienſte. Und noch koͤnnen wir uͤber den ed- len Geiſt ſeiner Erfindungen urtheilen, indem uns Pauſanias den Inhalt von zweyen ſeiner Hauptge- maͤlde beſchrieben und uͤberliefert hat.
Polygnot mag als ein außerordentlicher Geiſt im Ganzen uͤber die Kunſt gewaltet und ſie ihrer Voll- kommenheit naͤher gebracht haben; aber unſere gegen- waͤrtigen Betrachtungen bezielen bloß dasjenige, was die Fortſchritte der Farbengebung angeht.
Er muß, den alten Nachrichten zufolge, um mehrere Mannigfaltigkeit der Farben bemuͤht geweſen ſeyn, ſie auf eine zwar einfache Weiſe, aber mit Sinn und nach Maßgabe des beabſichtigten Charakters, angewendet haben. Er kleidete zuerſt die weiblichen Fi- guren in helle Gewaͤnder, und gab dem Hauptſchmuck derſelben froͤhlich bunte Farben; wodurch alſo die Ge- maͤlde im allgemeinen anziehender und gefaͤlliger wur- den.
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ben; doch ohne daß eine derſelben ſo auffallend gewe-
ſen, um als ein wichtiger Vorfall in der alten Kunſt-
geſchichte angezeigt zu werden. Unterdeſſen mag man
zu mehrerer Fertigkeit gelangt, die Maler moͤgen
nach dem damaligen Maß der gangbaren Kenntniſſe
mehr Meiſter ihres Fachs geworden ſeyn.
Ohne Zweifel erhielt die Malerey große und be-
deutende Verbeſſerungen durch den Polygnot von Tha-
ſos. Die Bewunderung, welche das ganze Alterthum
ſeinen Werken zollte, iſt ein ſicherer Buͤrge fuͤr ihre
hohen Verdienſte. Und noch koͤnnen wir uͤber den ed-
len Geiſt ſeiner Erfindungen urtheilen, indem uns
Pauſanias den Inhalt von zweyen ſeiner Hauptge-
maͤlde beſchrieben und uͤberliefert hat.
Polygnot mag als ein außerordentlicher Geiſt im
Ganzen uͤber die Kunſt gewaltet und ſie ihrer Voll-
kommenheit naͤher gebracht haben; aber unſere gegen-
waͤrtigen Betrachtungen bezielen bloß dasjenige, was
die Fortſchritte der Farbengebung angeht.
Er muß, den alten Nachrichten zufolge, um
mehrere Mannigfaltigkeit der Farben bemuͤht geweſen
ſeyn, ſie auf eine zwar einfache Weiſe, aber mit
Sinn und nach Maßgabe des beabſichtigten Charakters,
angewendet haben. Er kleidete zuerſt die weiblichen Fi-
guren in helle Gewaͤnder, und gab dem Hauptſchmuck
derſelben froͤhlich bunte Farben; wodurch alſo die Ge-
maͤlde im allgemeinen anziehender und gefaͤlliger wur-
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/109>, abgerufen am 24.11.2024.
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