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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Ja du bemerkest sogar, je kleiner man Dinge zer-
theilet,
Desto mehr sich die Farbe verliert, die endlich ver-
schwindet;
So, wenn man Gold zerreibt zu feinem Staube, des
Purpurs
Glänzendes Roth zerlegt in die allerzartesten Fä-
den:
Welches dir klar erweist, daß, ehe zum Stoffe sie
kehren,
Alle die Theilchen zuvor aushauchen jegliche
Farbe.
Endlich, indem du Ton und Geruch nicht jeglichem
Körper
Zugestehest, so räumest du ein, daß Körper es
gebe
Ohne Ton und Geruch: auf ähnliche Weise begreift
sich's,
Daß, indem wir nicht alles mit Augen zu fassen ver-
mögen,
Dennoch Körper vorhanden, die so der Farbe beraubt
sind,
Wie des Geruches und wie des tönenden Schalles die
andern:
Und es erkennt der forschende Geist nicht minder die-
selben,
Als die in anderen Dingen auch anderer Zeichen ent-
behren.


5 *
Ja du bemerkeſt ſogar, je kleiner man Dinge zer-
theilet,
Deſto mehr ſich die Farbe verliert, die endlich ver-
ſchwindet;
So, wenn man Gold zerreibt zu feinem Staube, des
Purpurs
Glaͤnzendes Roth zerlegt in die allerzarteſten Faͤ-
den:
Welches dir klar erweiſt, daß, ehe zum Stoffe ſie
kehren,
Alle die Theilchen zuvor aushauchen jegliche
Farbe.
Endlich, indem du Ton und Geruch nicht jeglichem
Koͤrper
Zugeſteheſt, ſo raͤumeſt du ein, daß Koͤrper es
gebe
Ohne Ton und Geruch: auf aͤhnliche Weiſe begreift
ſich’s,
Daß, indem wir nicht alles mit Augen zu faſſen ver-
moͤgen,
Dennoch Koͤrper vorhanden, die ſo der Farbe beraubt
ſind,
Wie des Geruches und wie des toͤnenden Schalles die
andern:
Und es erkennt der forſchende Geiſt nicht minder die-
ſelben,
Als die in anderen Dingen auch anderer Zeichen ent-
behren.


5 *
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[67/0101] Ja du bemerkeſt ſogar, je kleiner man Dinge zer- theilet, Deſto mehr ſich die Farbe verliert, die endlich ver- ſchwindet; So, wenn man Gold zerreibt zu feinem Staube, des Purpurs Glaͤnzendes Roth zerlegt in die allerzarteſten Faͤ- den: Welches dir klar erweiſt, daß, ehe zum Stoffe ſie kehren, Alle die Theilchen zuvor aushauchen jegliche Farbe. Endlich, indem du Ton und Geruch nicht jeglichem Koͤrper Zugeſteheſt, ſo raͤumeſt du ein, daß Koͤrper es gebe Ohne Ton und Geruch: auf aͤhnliche Weiſe begreift ſich’s, Daß, indem wir nicht alles mit Augen zu faſſen ver- moͤgen, Dennoch Koͤrper vorhanden, die ſo der Farbe beraubt ſind, Wie des Geruches und wie des toͤnenden Schalles die andern: Und es erkennt der forſchende Geiſt nicht minder die- ſelben, Als die in anderen Dingen auch anderer Zeichen ent- behren. 5 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/101>, abgerufen am 24.11.2024.