tung der Widerscheine und sonst mehrmals zur Spra- che kommt.
72.
Und so wäre denn auch die Erscheinung der farbi- gen Schatten, welche den Beobachtern bisher so viel zu schaffen gemacht, bequem abgeleitet. Ein jeder, der künftighin farbige Schatten bemerkt, beobachte nur, mit welcher Farbe die helle Fläche, worauf sie erscheinen, et- wa tingirt seyn möchte. Ja man kann die Farbe des Schattens als ein Chromatoscop der beleuchteten Flä- chen ansehen, indem man die der Farbe des Schattens entgegenstehende Farbe auf der Fläche vermuthen und bey näherer Aufmerksamkeit in jedem Falle gewahr werden kann.
73.
Wegen dieser nunmehr bequem abzuleitenden farbigen Schatten hat man sich bisher viel gequält und sie, weil sie meistentheils unter freyem Himmel beobachtet wurden und vorzüglich blau erschienen, einer gewissen heimlich blauen und blau färbenden Eigenschaft der Luft zugeschrie- ben. Man kann sich aber bey jenem Versuche mit dem Kerzenlicht im Zimmer überzeugen, daß keine Art von blauem Schein oder Widerschein dazu nöthig ist, indem man den Versuch an einem grauen trüben Tag, ja hin- ter zugezogenen weißen Vorhängen anstellen kann, in einem Zimmer, wo sich auch nicht das mindeste Blaue befindet, und der blaue Schatten wird sich nur um desto schöner zeigen.
tung der Widerſcheine und ſonſt mehrmals zur Spra- che kommt.
72.
Und ſo waͤre denn auch die Erſcheinung der farbi- gen Schatten, welche den Beobachtern bisher ſo viel zu ſchaffen gemacht, bequem abgeleitet. Ein jeder, der kuͤnftighin farbige Schatten bemerkt, beobachte nur, mit welcher Farbe die helle Flaͤche, worauf ſie erſcheinen, et- wa tingirt ſeyn moͤchte. Ja man kann die Farbe des Schattens als ein Chromatoſcop der beleuchteten Flaͤ- chen anſehen, indem man die der Farbe des Schattens entgegenſtehende Farbe auf der Flaͤche vermuthen und bey naͤherer Aufmerkſamkeit in jedem Falle gewahr werden kann.
73.
Wegen dieſer nunmehr bequem abzuleitenden farbigen Schatten hat man ſich bisher viel gequaͤlt und ſie, weil ſie meiſtentheils unter freyem Himmel beobachtet wurden und vorzuͤglich blau erſchienen, einer gewiſſen heimlich blauen und blau faͤrbenden Eigenſchaft der Luft zugeſchrie- ben. Man kann ſich aber bey jenem Verſuche mit dem Kerzenlicht im Zimmer uͤberzeugen, daß keine Art von blauem Schein oder Widerſchein dazu noͤthig iſt, indem man den Verſuch an einem grauen truͤben Tag, ja hin- ter zugezogenen weißen Vorhaͤngen anſtellen kann, in einem Zimmer, wo ſich auch nicht das mindeſte Blaue befindet, und der blaue Schatten wird ſich nur um deſto ſchoͤner zeigen.
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tung der Widerſcheine und ſonſt mehrmals zur Spra-
che kommt.
72.
Und ſo waͤre denn auch die Erſcheinung der farbi-
gen Schatten, welche den Beobachtern bisher ſo viel zu
ſchaffen gemacht, bequem abgeleitet. Ein jeder, der
kuͤnftighin farbige Schatten bemerkt, beobachte nur, mit
welcher Farbe die helle Flaͤche, worauf ſie erſcheinen, et-
wa tingirt ſeyn moͤchte. Ja man kann die Farbe des
Schattens als ein Chromatoſcop der beleuchteten Flaͤ-
chen anſehen, indem man die der Farbe des Schattens
entgegenſtehende Farbe auf der Flaͤche vermuthen und
bey naͤherer Aufmerkſamkeit in jedem Falle gewahr
werden kann.
73.
Wegen dieſer nunmehr bequem abzuleitenden farbigen
Schatten hat man ſich bisher viel gequaͤlt und ſie, weil
ſie meiſtentheils unter freyem Himmel beobachtet wurden
und vorzuͤglich blau erſchienen, einer gewiſſen heimlich
blauen und blau faͤrbenden Eigenſchaft der Luft zugeſchrie-
ben. Man kann ſich aber bey jenem Verſuche mit dem
Kerzenlicht im Zimmer uͤberzeugen, daß keine Art von
blauem Schein oder Widerſchein dazu noͤthig iſt, indem
man den Verſuch an einem grauen truͤben Tag, ja hin-
ter zugezogenen weißen Vorhaͤngen anſtellen kann, in
einem Zimmer, wo ſich auch nicht das mindeſte Blaue
befindet, und der blaue Schatten wird ſich nur um
deſto ſchoͤner zeigen.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/84>, abgerufen am 23.12.2024.
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