Wir haben sie physiologische genannt, weil sie dem gesunden Auge angehören, weil wir sie als die nothwen- digen Bedingungen des Sehens betrachten, auf dessen lebendiges Wechselwirken in sich selbst und nach außen sie hindeuten.
4.
Wir fügen ihnen sogleich die pathologischen hinzu, welche, wie jeder abnorme Zustand auf den gesetzlichen, so auch hier auf die physiologischen Farben eine vollkom- menere Einsicht verbreiten.
I. Licht und Finsterniß zum Auge.
5.
Die Retina befindet sich, je nachdem Licht oder Fin- sterniß auf sie wirken, in zwey verschiedenen Zuständen, die einander völlig entgegenstehen.
6.
Wenn wir die Augen innerhalb eines ganz finstern Raums offen halten, so wird uns ein gewisser Mangel empfindbar. Das Organ ist sich selbst überlassen, es zieht sich in sich selbst zurück, ihm fehlt jene reizende be-
3.
Wir haben ſie phyſiologiſche genannt, weil ſie dem geſunden Auge angehoͤren, weil wir ſie als die nothwen- digen Bedingungen des Sehens betrachten, auf deſſen lebendiges Wechſelwirken in ſich ſelbſt und nach außen ſie hindeuten.
4.
Wir fuͤgen ihnen ſogleich die pathologiſchen hinzu, welche, wie jeder abnorme Zuſtand auf den geſetzlichen, ſo auch hier auf die phyſiologiſchen Farben eine vollkom- menere Einſicht verbreiten.
I. Licht und Finſterniß zum Auge.
5.
Die Retina befindet ſich, je nachdem Licht oder Fin- ſterniß auf ſie wirken, in zwey verſchiedenen Zuſtaͤnden, die einander voͤllig entgegenſtehen.
6.
Wenn wir die Augen innerhalb eines ganz finſtern Raums offen halten, ſo wird uns ein gewiſſer Mangel empfindbar. Das Organ iſt ſich ſelbſt uͤberlaſſen, es zieht ſich in ſich ſelbſt zuruͤck, ihm fehlt jene reizende be-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0056"n="2"/><divn="3"><head>3.</head><lb/><p>Wir haben ſie phyſiologiſche genannt, weil ſie dem<lb/>
geſunden Auge angehoͤren, weil wir ſie als die nothwen-<lb/>
digen Bedingungen des Sehens betrachten, auf deſſen<lb/>
lebendiges Wechſelwirken in ſich ſelbſt und nach außen ſie<lb/>
hindeuten.</p></div><lb/><divn="3"><head>4.</head><lb/><p>Wir fuͤgen ihnen ſogleich die pathologiſchen hinzu,<lb/>
welche, wie jeder abnorme Zuſtand auf den geſetzlichen,<lb/>ſo auch hier auf die phyſiologiſchen Farben eine vollkom-<lb/>
menere Einſicht verbreiten.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi><lb/><hirendition="#g">Licht und Finſterniß zum Auge</hi>.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="4"><head>5.</head><lb/><p>Die Retina befindet ſich, je nachdem Licht oder Fin-<lb/>ſterniß auf ſie wirken, in zwey verſchiedenen Zuſtaͤnden,<lb/>
die einander voͤllig entgegenſtehen.</p></div><lb/><divn="4"><head>6.</head><lb/><p>Wenn wir die Augen innerhalb eines ganz finſtern<lb/>
Raums offen halten, ſo wird uns ein gewiſſer Mangel<lb/>
empfindbar. Das Organ iſt ſich ſelbſt uͤberlaſſen, es<lb/>
zieht ſich in ſich ſelbſt zuruͤck, ihm fehlt jene reizende be-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[2/0056]
3.
Wir haben ſie phyſiologiſche genannt, weil ſie dem
geſunden Auge angehoͤren, weil wir ſie als die nothwen-
digen Bedingungen des Sehens betrachten, auf deſſen
lebendiges Wechſelwirken in ſich ſelbſt und nach außen ſie
hindeuten.
4.
Wir fuͤgen ihnen ſogleich die pathologiſchen hinzu,
welche, wie jeder abnorme Zuſtand auf den geſetzlichen,
ſo auch hier auf die phyſiologiſchen Farben eine vollkom-
menere Einſicht verbreiten.
I.
Licht und Finſterniß zum Auge.
5.
Die Retina befindet ſich, je nachdem Licht oder Fin-
ſterniß auf ſie wirken, in zwey verſchiedenen Zuſtaͤnden,
die einander voͤllig entgegenſtehen.
6.
Wenn wir die Augen innerhalb eines ganz finſtern
Raums offen halten, ſo wird uns ein gewiſſer Mangel
empfindbar. Das Organ iſt ſich ſelbſt uͤberlaſſen, es
zieht ſich in ſich ſelbſt zuruͤck, ihm fehlt jene reizende be-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/56>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.