Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

iſt ein tiefes Stillſchweigen. Nun erſt in der Recapi-
tulation ſpricht der kluge Mann das Wort Divergenz
als im Vorbeygehen aus, als etwas das ſich von
ſelbſt verſteht. Aber es verſteht ſich neben ſeiner Lehre
nicht von ſelbſt, ſondern es zerſtoͤrt ſolche unmittelbar.
Es wird alſo oben (112.) und hier abermals zugeſtan-
den, daß ein Licht, ein Lichtbild, die Brechung erlei-
den und nicht voͤllig farbig erſcheinen koͤnne. Wenn
dem ſo iſt, warum ſtellen denn Newton und ſeine
Schuͤler Brechung und voͤllige Farbenerſcheinung als
einen und denſelben Act vor? Man ſehe die erſte Fi-
gur unſerer ſiebenten Tafel, die durch alle Compen-
dien bis auf den heutigen Tag wiederholt wird; man
ſehe ſo viele andere Darſtellungen, ſogar die ausfuͤhr-
lichſten, z. B. in Martins Optik: wird nicht uͤberall
Brechung und vollkommene Divergenz aller ſogenannten
Strahlen gleich am Prisma vorgeſtellt? Was heißt denn
aber eine nach vollendeter Brechung eintretende ſpaͤtere
Divergenz? Es heißt nur geſtehen, daß man unred-
lich zu Werke geht, daß man etwas einſchieben muß,
was man nicht brauchen und doch nicht laͤugnen kann.

211.

Auch oben (112.) geht Newton unredlich zu Werke,
indem er das gebrochene Lichtbild fuͤr weiß und rund
angiebt, da es zwar in der Mitte weiß, aber doch
an den Raͤndern gefaͤrbt und ſchon einigermaßen laͤng-
lich erſcheint. Daß die Farbenerſcheinung bloß an den
Raͤndern entſtehe, daß dieſe Raͤnder divergiren, daß
ſie endlich uͤber einander greifen und das ganze Bild

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/531
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/531>, abgerufen am 10.01.2025.