Purpur hervor. Weil nun hier die Farbe des durch- scheinenden Glases auch auf einem hohen Grade von Reinheit steht, so verbindet sie sich mit dem an ihr entspringenden gelbrothen Rand, es entsteht eine Art von bräunlichem Purpur und das Violette bleibt mit seiner obern Gränze unverruckt, indeß der untere vio- lette Saum sehr weit und lebhaft herabwärts strebt. Daß ferner das gelbrothe Bild an der obern Gränze begünstigt wird und also auf der Linie bleibt, versteht sich von selbst, so wie daß an der untern, wegen des Wi- derspruchs kein Blau und also auch kein daraus ent- springendes Violett entstehen kann, sondern vielmehr etwas schmutziges daselbst zu sehen ist.
168.
Will man diese Versuche noch mehr vermannigfal- tigen, so nehme man farbige Fensterscheiben und klebe Bilder von Pappe auf dieselben. Man stelle sie gegen die Sonne, so daß diese Bilder dunkel auf farbigem Grund erscheinen; und man wird die umgekehrten Rän- der, Säume und ihre Vermischung mit der Farbe des Glases abermals gewahr werden. Ja, man mag die Vorrichtung vermannigfaltigen so viel man will, so wird das Falsche jenes ersten Newtonischen Versuchs und aller der übrigen, die sich auf ihn beziehen, dem Freunde des Wahren, Geraden und Folgerechten im- mer deutlicher werden.
Purpur hervor. Weil nun hier die Farbe des durch- ſcheinenden Glaſes auch auf einem hohen Grade von Reinheit ſteht, ſo verbindet ſie ſich mit dem an ihr entſpringenden gelbrothen Rand, es entſteht eine Art von braͤunlichem Purpur und das Violette bleibt mit ſeiner obern Graͤnze unverruckt, indeß der untere vio- lette Saum ſehr weit und lebhaft herabwaͤrts ſtrebt. Daß ferner das gelbrothe Bild an der obern Graͤnze beguͤnſtigt wird und alſo auf der Linie bleibt, verſteht ſich von ſelbſt, ſo wie daß an der untern, wegen des Wi- derſpruchs kein Blau und alſo auch kein daraus ent- ſpringendes Violett entſtehen kann, ſondern vielmehr etwas ſchmutziges daſelbſt zu ſehen iſt.
168.
Will man dieſe Verſuche noch mehr vermannigfal- tigen, ſo nehme man farbige Fenſterſcheiben und klebe Bilder von Pappe auf dieſelben. Man ſtelle ſie gegen die Sonne, ſo daß dieſe Bilder dunkel auf farbigem Grund erſcheinen; und man wird die umgekehrten Raͤn- der, Saͤume und ihre Vermiſchung mit der Farbe des Glaſes abermals gewahr werden. Ja, man mag die Vorrichtung vermannigfaltigen ſo viel man will, ſo wird das Falſche jenes erſten Newtoniſchen Verſuchs und aller der uͤbrigen, die ſich auf ihn beziehen, dem Freunde des Wahren, Geraden und Folgerechten im- mer deutlicher werden.
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Purpur hervor. Weil nun hier die Farbe des durch-
ſcheinenden Glaſes auch auf einem hohen Grade von
Reinheit ſteht, ſo verbindet ſie ſich mit dem an ihr
entſpringenden gelbrothen Rand, es entſteht eine Art
von braͤunlichem Purpur und das Violette bleibt mit
ſeiner obern Graͤnze unverruckt, indeß der untere vio-
lette Saum ſehr weit und lebhaft herabwaͤrts ſtrebt.
Daß ferner das gelbrothe Bild an der obern Graͤnze
beguͤnſtigt wird und alſo auf der Linie bleibt, verſteht
ſich von ſelbſt, ſo wie daß an der untern, wegen des Wi-
derſpruchs kein Blau und alſo auch kein daraus ent-
ſpringendes Violett entſtehen kann, ſondern vielmehr
etwas ſchmutziges daſelbſt zu ſehen iſt.
168.
Will man dieſe Verſuche noch mehr vermannigfal-
tigen, ſo nehme man farbige Fenſterſcheiben und klebe
Bilder von Pappe auf dieſelben. Man ſtelle ſie gegen
die Sonne, ſo daß dieſe Bilder dunkel auf farbigem
Grund erſcheinen; und man wird die umgekehrten Raͤn-
der, Saͤume und ihre Vermiſchung mit der Farbe des
Glaſes abermals gewahr werden. Ja, man mag die
Vorrichtung vermannigfaltigen ſo viel man will, ſo
wird das Falſche jenes erſten Newtoniſchen Verſuchs
und aller der uͤbrigen, die ſich auf ihn beziehen, dem
Freunde des Wahren, Geraden und Folgerechten im-
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/507>, abgerufen am 21.11.2024.
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