Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

theilweise, in sich selbst zusammenziehe, oder ob ich
ihm einen Bückling in der Diagonale abzwinge. Es
ist ganz einerley, ob ich dieß mit einem oder mit mehre-
ren prismatischen objectiven Bildern thue, ob ich es
mit den ganzen Bildern, oder mit den Theilen vor-
nehme, ob ich sie nebeneinander, übereinander, ver-
schränkt oder sich theilweise deckend, richte und schiebe:
immer bleibt das Phänomen eins und dasselbe und
spricht nichts weiter aus, als daß ich das in einem
Sinn, z. B. aufwärts, hervorgebrachte objective Bild,
durch subjective, im entgegengesetzten Sinn, z. B. her-
abwärts angewendete Refraction, zusammenziehen, auf-
heben und im Gegensatze färben kann.

157.

Man sieht also hieraus, wie sich eigentlich die
Theile des objectiv entstandenen Farbenbildes zu subjec-
tiven Versuchen keinesweges gebrauchen lassen, weil in
solchem Falle, sowohl die ganzen Erscheinungen als die
Theile derselben verändert werden, und nicht einen
Augenblick dieselbigen bleiben. Was bey solchen Ver-
suchen für eine Complication obwalte, wollen wir durch
ein Beyspiel anzeigen, und etwas oben geäußertes da-
durch weiter ausführen und völlig deutlich machen.

158.

Wenn man jenen Papierstreifen in der dunklen
Kammer mit dem rothen Theile des Bildes erleuchtet,
und ihn alsdann durch ein zweytes Prisma in ziemli-

theilweiſe, in ſich ſelbſt zuſammenziehe, oder ob ich
ihm einen Buͤckling in der Diagonale abzwinge. Es
iſt ganz einerley, ob ich dieß mit einem oder mit mehre-
ren prismatiſchen objectiven Bildern thue, ob ich es
mit den ganzen Bildern, oder mit den Theilen vor-
nehme, ob ich ſie nebeneinander, uͤbereinander, ver-
ſchraͤnkt oder ſich theilweiſe deckend, richte und ſchiebe:
immer bleibt das Phaͤnomen eins und daſſelbe und
ſpricht nichts weiter aus, als daß ich das in einem
Sinn, z. B. aufwaͤrts, hervorgebrachte objective Bild,
durch ſubjective, im entgegengeſetzten Sinn, z. B. her-
abwaͤrts angewendete Refraction, zuſammenziehen, auf-
heben und im Gegenſatze faͤrben kann.

157.

Man ſieht alſo hieraus, wie ſich eigentlich die
Theile des objectiv entſtandenen Farbenbildes zu ſubjec-
tiven Verſuchen keinesweges gebrauchen laſſen, weil in
ſolchem Falle, ſowohl die ganzen Erſcheinungen als die
Theile derſelben veraͤndert werden, und nicht einen
Augenblick dieſelbigen bleiben. Was bey ſolchen Ver-
ſuchen fuͤr eine Complication obwalte, wollen wir durch
ein Beyſpiel anzeigen, und etwas oben geaͤußertes da-
durch weiter ausfuͤhren und voͤllig deutlich machen.

158.

Wenn man jenen Papierſtreifen in der dunklen
Kammer mit dem rothen Theile des Bildes erleuchtet,
und ihn alsdann durch ein zweytes Prisma in ziemli-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0501" n="447"/>
theilwei&#x017F;e, in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;ammenziehe, oder ob ich<lb/>
ihm einen Bu&#x0364;ckling in der Diagonale abzwinge. Es<lb/>
i&#x017F;t ganz einerley, ob ich dieß mit einem oder mit mehre-<lb/>
ren prismati&#x017F;chen objectiven Bildern thue, ob ich es<lb/>
mit den ganzen Bildern, oder mit den Theilen vor-<lb/>
nehme, ob ich &#x017F;ie nebeneinander, u&#x0364;bereinander, ver-<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;nkt oder &#x017F;ich theilwei&#x017F;e deckend, richte und &#x017F;chiebe:<lb/>
immer bleibt das Pha&#x0364;nomen eins und da&#x017F;&#x017F;elbe und<lb/>
&#x017F;pricht nichts weiter aus, als daß ich das in einem<lb/>
Sinn, z. B. aufwa&#x0364;rts, hervorgebrachte objective Bild,<lb/>
durch &#x017F;ubjective, im entgegenge&#x017F;etzten Sinn, z. B. her-<lb/>
abwa&#x0364;rts angewendete Refraction, zu&#x017F;ammenziehen, auf-<lb/>
heben und im Gegen&#x017F;atze fa&#x0364;rben kann.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>157.</head><lb/>
                <p>Man &#x017F;ieht al&#x017F;o hieraus, wie &#x017F;ich eigentlich die<lb/>
Theile des objectiv ent&#x017F;tandenen Farbenbildes zu &#x017F;ubjec-<lb/>
tiven Ver&#x017F;uchen keinesweges gebrauchen la&#x017F;&#x017F;en, weil in<lb/>
&#x017F;olchem Falle, &#x017F;owohl die ganzen Er&#x017F;cheinungen als die<lb/>
Theile der&#x017F;elben vera&#x0364;ndert werden, und nicht einen<lb/>
Augenblick die&#x017F;elbigen bleiben. Was bey &#x017F;olchen Ver-<lb/>
&#x017F;uchen fu&#x0364;r eine Complication obwalte, wollen wir durch<lb/>
ein Bey&#x017F;piel anzeigen, und etwas oben gea&#x0364;ußertes da-<lb/>
durch weiter ausfu&#x0364;hren und vo&#x0364;llig deutlich machen.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>158.</head><lb/>
                <p>Wenn man jenen Papier&#x017F;treifen in der dunklen<lb/>
Kammer mit dem rothen Theile des Bildes erleuchtet,<lb/>
und ihn alsdann durch ein zweytes Prisma in ziemli-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[447/0501] theilweiſe, in ſich ſelbſt zuſammenziehe, oder ob ich ihm einen Buͤckling in der Diagonale abzwinge. Es iſt ganz einerley, ob ich dieß mit einem oder mit mehre- ren prismatiſchen objectiven Bildern thue, ob ich es mit den ganzen Bildern, oder mit den Theilen vor- nehme, ob ich ſie nebeneinander, uͤbereinander, ver- ſchraͤnkt oder ſich theilweiſe deckend, richte und ſchiebe: immer bleibt das Phaͤnomen eins und daſſelbe und ſpricht nichts weiter aus, als daß ich das in einem Sinn, z. B. aufwaͤrts, hervorgebrachte objective Bild, durch ſubjective, im entgegengeſetzten Sinn, z. B. her- abwaͤrts angewendete Refraction, zuſammenziehen, auf- heben und im Gegenſatze faͤrben kann. 157. Man ſieht alſo hieraus, wie ſich eigentlich die Theile des objectiv entſtandenen Farbenbildes zu ſubjec- tiven Verſuchen keinesweges gebrauchen laſſen, weil in ſolchem Falle, ſowohl die ganzen Erſcheinungen als die Theile derſelben veraͤndert werden, und nicht einen Augenblick dieſelbigen bleiben. Was bey ſolchen Ver- ſuchen fuͤr eine Complication obwalte, wollen wir durch ein Beyſpiel anzeigen, und etwas oben geaͤußertes da- durch weiter ausfuͤhren und voͤllig deutlich machen. 158. Wenn man jenen Papierſtreifen in der dunklen Kammer mit dem rothen Theile des Bildes erleuchtet, und ihn alsdann durch ein zweytes Prisma in ziemli-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/501
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/501>, abgerufen am 23.11.2024.