liche Sehen betrifft, ist beynahe ausgeschlossen, und man darf es nur in diesem Sinne mit den opti- schen Lectionen vergleichen, so wird man die gro- ße Masse eigentlich mathematischer Gegenstände, welche sich dort findet, vermissen.
10.
Es ist nöthig, hier gleich zu Anfang diese Be- merkung zu machen: denn eben durch den Titel ist das Vorurtheil entstanden, als wenn der Stoff und die Ausführung des Werkes mathematisch sey, da jener bloß physisch ist und die mathematische Be- handlung nur scheinbar; ja, beym Fortschritt der Wissenschaft hat sich schon längst gezeigt, daß, weil Newton als Physiker seine Beobachtungen nicht ge- nau anstellte, auch seine Formeln, wodurch er die Erfahrungen aussprach, unzulänglich und falsch be- funden werden mußten; welches man überall, wo von der Entdeckung der achromatischen Fernröhre gehandelt wird, umständlich nachlesen kann.
11.
Diese sogenannte Optik, eigentlicher Chroma- tik, besteht aus drey Büchern, von welchen wir gegenwärtig nur das erste, das in zwey Theile ge-
liche Sehen betrifft, iſt beynahe ausgeſchloſſen, und man darf es nur in dieſem Sinne mit den opti- ſchen Lectionen vergleichen, ſo wird man die gro- ße Maſſe eigentlich mathematiſcher Gegenſtaͤnde, welche ſich dort findet, vermiſſen.
10.
Es iſt noͤthig, hier gleich zu Anfang dieſe Be- merkung zu machen: denn eben durch den Titel iſt das Vorurtheil entſtanden, als wenn der Stoff und die Ausfuͤhrung des Werkes mathematiſch ſey, da jener bloß phyſiſch iſt und die mathematiſche Be- handlung nur ſcheinbar; ja, beym Fortſchritt der Wiſſenſchaft hat ſich ſchon laͤngſt gezeigt, daß, weil Newton als Phyſiker ſeine Beobachtungen nicht ge- nau anſtellte, auch ſeine Formeln, wodurch er die Erfahrungen ausſprach, unzulaͤnglich und falſch be- funden werden mußten; welches man uͤberall, wo von der Entdeckung der achromatiſchen Fernroͤhre gehandelt wird, umſtaͤndlich nachleſen kann.
11.
Dieſe ſogenannte Optik, eigentlicher Chroma- tik, beſteht aus drey Buͤchern, von welchen wir gegenwaͤrtig nur das erſte, das in zwey Theile ge-
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liche Sehen betrifft, iſt beynahe ausgeſchloſſen, und
man darf es nur in dieſem Sinne mit den opti-
ſchen Lectionen vergleichen, ſo wird man die gro-
ße Maſſe eigentlich mathematiſcher Gegenſtaͤnde,
welche ſich dort findet, vermiſſen.
10.
Es iſt noͤthig, hier gleich zu Anfang dieſe Be-
merkung zu machen: denn eben durch den Titel iſt
das Vorurtheil entſtanden, als wenn der Stoff und
die Ausfuͤhrung des Werkes mathematiſch ſey, da
jener bloß phyſiſch iſt und die mathematiſche Be-
handlung nur ſcheinbar; ja, beym Fortſchritt der
Wiſſenſchaft hat ſich ſchon laͤngſt gezeigt, daß, weil
Newton als Phyſiker ſeine Beobachtungen nicht ge-
nau anſtellte, auch ſeine Formeln, wodurch er die
Erfahrungen ausſprach, unzulaͤnglich und falſch be-
funden werden mußten; welches man uͤberall, wo
von der Entdeckung der achromatiſchen Fernroͤhre
gehandelt wird, umſtaͤndlich nachleſen kann.
11.
Dieſe ſogenannte Optik, eigentlicher Chroma-
tik, beſteht aus drey Buͤchern, von welchen wir
gegenwaͤrtig nur das erſte, das in zwey Theile ge-
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/415>, abgerufen am 21.11.2024.
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