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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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608.

Der reine Farbenkreis war zwar enge, er schien
aber an unzähligen Gegenständen specificirt und indivi-
dualisirt und mit Nebenbestimmungen bedingt. Man
sehe die Mannigfaltigkeit der griechischen und römischen
Ausdrücke (2r Band. S. 54--59.) und man wird
mit Vergnügen dabey gewahr werden, wie beweglich
und läßlich die Worte beynahe durch den ganzen Far-
benkreis herum gebraucht worden.

609.

In späteren Zeiten trat durch die mannigfaltigen
Operationen der Färbekunst manche neue Schattirung
ein. Selbst die Modefarben und ihre Benennungen
stellten ein unendliches Heer von Farbenindividualitäten
dar. Auch die Farbenterminologie der neuern Spra-
chen werden wir gelegentlich aufführen; wobey sich
denn zeigen wird, daß man immer auf genauere Be-
stimmungen ausgegangen, und ein Fixirtes, Specificir-
tes auch durch die Sprache festzuhalten und zu verein-
zelnen gesucht hat.

610.

Was die deutsche Terminologie betrifft, so hat sie
den Vortheil, daß wir vier einsylbige, an ihren Ur-
sprung nicht mehr erinnernde Namen besitzen, nehm-
lich Gelb, Blau, Roth, Grün. Sie stellen nur das
Allgemeinste der Farbe der Einbildungskraft dar, ohne
auf etwas Specifisches hinzudeuten.

608.

Der reine Farbenkreis war zwar enge, er ſchien
aber an unzaͤhligen Gegenſtaͤnden ſpecificirt und indivi-
dualiſirt und mit Nebenbeſtimmungen bedingt. Man
ſehe die Mannigfaltigkeit der griechiſchen und roͤmiſchen
Ausdruͤcke (2r Band. S. 54—59.) und man wird
mit Vergnuͤgen dabey gewahr werden, wie beweglich
und laͤßlich die Worte beynahe durch den ganzen Far-
benkreis herum gebraucht worden.

609.

In ſpaͤteren Zeiten trat durch die mannigfaltigen
Operationen der Faͤrbekunſt manche neue Schattirung
ein. Selbſt die Modefarben und ihre Benennungen
ſtellten ein unendliches Heer von Farbenindividualitaͤten
dar. Auch die Farbenterminologie der neuern Spra-
chen werden wir gelegentlich auffuͤhren; wobey ſich
denn zeigen wird, daß man immer auf genauere Be-
ſtimmungen ausgegangen, und ein Fixirtes, Specificir-
tes auch durch die Sprache feſtzuhalten und zu verein-
zelnen geſucht hat.

610.

Was die deutſche Terminologie betrifft, ſo hat ſie
den Vortheil, daß wir vier einſylbige, an ihren Ur-
ſprung nicht mehr erinnernde Namen beſitzen, nehm-
lich Gelb, Blau, Roth, Gruͤn. Sie ſtellen nur das
Allgemeinſte der Farbe der Einbildungskraft dar, ohne
auf etwas Specifiſches hinzudeuten.

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[226/0280] 608. Der reine Farbenkreis war zwar enge, er ſchien aber an unzaͤhligen Gegenſtaͤnden ſpecificirt und indivi- dualiſirt und mit Nebenbeſtimmungen bedingt. Man ſehe die Mannigfaltigkeit der griechiſchen und roͤmiſchen Ausdruͤcke (2r Band. S. 54—59.) und man wird mit Vergnuͤgen dabey gewahr werden, wie beweglich und laͤßlich die Worte beynahe durch den ganzen Far- benkreis herum gebraucht worden. 609. In ſpaͤteren Zeiten trat durch die mannigfaltigen Operationen der Faͤrbekunſt manche neue Schattirung ein. Selbſt die Modefarben und ihre Benennungen ſtellten ein unendliches Heer von Farbenindividualitaͤten dar. Auch die Farbenterminologie der neuern Spra- chen werden wir gelegentlich auffuͤhren; wobey ſich denn zeigen wird, daß man immer auf genauere Be- ſtimmungen ausgegangen, und ein Fixirtes, Specificir- tes auch durch die Sprache feſtzuhalten und zu verein- zelnen geſucht hat. 610. Was die deutſche Terminologie betrifft, ſo hat ſie den Vortheil, daß wir vier einſylbige, an ihren Ur- ſprung nicht mehr erinnernde Namen beſitzen, nehm- lich Gelb, Blau, Roth, Gruͤn. Sie ſtellen nur das Allgemeinſte der Farbe der Einbildungskraft dar, ohne auf etwas Specifiſches hinzudeuten.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/280>, abgerufen am 22.12.2024.