Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
504.

So ist die Erregung auf der passiven Seite am
Finstern, Dunkeln, Schwarzen sogleich mit der blauen,
oder vielmehr mit einer röthlich blauen Erscheinung
begleitet. Eisen in Schwefelsäure aufgelöst und sehr
mit Wasser diluirt bringt in einem gegen das Licht ge-
haltnen Glase, sobald nur einige Tropfen Gallus dazu
kommen, eine schöne violette Farbe hervor, welche
die Eigenschaften des Rauchtopases, das Orphninon ei-
nes verbrannten Purpurs, wie sich die Alten ausdrü-
cken, dem Auge darstellt.

505.

Ob an den reinen Erden durch chemische Opera-
tionen der Natur und Kunst, ohne Beymischung von
Metallkalken eine Farbe erregt werden könne, ist eine
wichtige Frage, die gewöhnlich mit Nein beantwortet
wird. Sie hängt vielleicht mit der Frage zusammen,
inwiefern sich durch Oxydation den Erden etwas ab-
gewinnen lasse.

506.

Für die Verneinung der Frage spricht allerdings
der Umstand, daß überall, wo man mineralische Far-
ben findet, sich eine Spur von Metall, besonders von
Eisen zeigt; wobey man freylich in Betracht zieht, wie
leicht sich das Eisen oxydire, wie leicht der Eisenkalk
verschiedene Farben annehme, wie unendlich theilbar
derselbe sey und wie geschwind er seine Farbe mittheile.
Demungeachtet wäre zu wünschen, daß neue Versuche

504.

So iſt die Erregung auf der paſſiven Seite am
Finſtern, Dunkeln, Schwarzen ſogleich mit der blauen,
oder vielmehr mit einer roͤthlich blauen Erſcheinung
begleitet. Eiſen in Schwefelſaͤure aufgeloͤſt und ſehr
mit Waſſer diluirt bringt in einem gegen das Licht ge-
haltnen Glaſe, ſobald nur einige Tropfen Gallus dazu
kommen, eine ſchoͤne violette Farbe hervor, welche
die Eigenſchaften des Rauchtopaſes, das Orphninon ei-
nes verbrannten Purpurs, wie ſich die Alten ausdruͤ-
cken, dem Auge darſtellt.

505.

Ob an den reinen Erden durch chemiſche Opera-
tionen der Natur und Kunſt, ohne Beymiſchung von
Metallkalken eine Farbe erregt werden koͤnne, iſt eine
wichtige Frage, die gewoͤhnlich mit Nein beantwortet
wird. Sie haͤngt vielleicht mit der Frage zuſammen,
inwiefern ſich durch Oxydation den Erden etwas ab-
gewinnen laſſe.

506.

Fuͤr die Verneinung der Frage ſpricht allerdings
der Umſtand, daß uͤberall, wo man mineraliſche Far-
ben findet, ſich eine Spur von Metall, beſonders von
Eiſen zeigt; wobey man freylich in Betracht zieht, wie
leicht ſich das Eiſen oxydire, wie leicht der Eiſenkalk
verſchiedene Farben annehme, wie unendlich theilbar
derſelbe ſey und wie geſchwind er ſeine Farbe mittheile.
Demungeachtet waͤre zu wuͤnſchen, daß neue Verſuche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0246" n="192"/>
            <div n="4">
              <head>504.</head><lb/>
              <p>So i&#x017F;t die Erregung auf der pa&#x017F;&#x017F;iven Seite am<lb/>
Fin&#x017F;tern, Dunkeln, Schwarzen &#x017F;ogleich mit der blauen,<lb/>
oder vielmehr mit einer ro&#x0364;thlich blauen Er&#x017F;cheinung<lb/>
begleitet. Ei&#x017F;en in Schwefel&#x017F;a&#x0364;ure aufgelo&#x0364;&#x017F;t und &#x017F;ehr<lb/>
mit Wa&#x017F;&#x017F;er diluirt bringt in einem gegen das Licht ge-<lb/>
haltnen Gla&#x017F;e, &#x017F;obald nur einige Tropfen Gallus dazu<lb/>
kommen, eine &#x017F;cho&#x0364;ne violette Farbe hervor, welche<lb/>
die Eigen&#x017F;chaften des Rauchtopa&#x017F;es, das Orphninon ei-<lb/>
nes verbrannten Purpurs, wie &#x017F;ich die Alten ausdru&#x0364;-<lb/>
cken, dem Auge dar&#x017F;tellt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>505.</head><lb/>
              <p>Ob an den reinen Erden durch chemi&#x017F;che Opera-<lb/>
tionen der Natur und Kun&#x017F;t, ohne Beymi&#x017F;chung von<lb/>
Metallkalken eine Farbe erregt werden ko&#x0364;nne, i&#x017F;t eine<lb/>
wichtige Frage, die gewo&#x0364;hnlich mit Nein beantwortet<lb/>
wird. Sie ha&#x0364;ngt vielleicht mit der Frage zu&#x017F;ammen,<lb/>
inwiefern &#x017F;ich durch Oxydation den Erden etwas ab-<lb/>
gewinnen la&#x017F;&#x017F;e.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>506.</head><lb/>
              <p>Fu&#x0364;r die Verneinung der Frage &#x017F;pricht allerdings<lb/>
der Um&#x017F;tand, daß u&#x0364;berall, wo man minerali&#x017F;che Far-<lb/>
ben findet, &#x017F;ich eine Spur von Metall, be&#x017F;onders von<lb/>
Ei&#x017F;en zeigt; wobey man freylich in Betracht zieht, wie<lb/>
leicht &#x017F;ich das Ei&#x017F;en oxydire, wie leicht der Ei&#x017F;enkalk<lb/>
ver&#x017F;chiedene Farben annehme, wie unendlich theilbar<lb/>
der&#x017F;elbe &#x017F;ey und wie ge&#x017F;chwind er &#x017F;eine Farbe mittheile.<lb/>
Demungeachtet wa&#x0364;re zu wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß neue Ver&#x017F;uche<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0246] 504. So iſt die Erregung auf der paſſiven Seite am Finſtern, Dunkeln, Schwarzen ſogleich mit der blauen, oder vielmehr mit einer roͤthlich blauen Erſcheinung begleitet. Eiſen in Schwefelſaͤure aufgeloͤſt und ſehr mit Waſſer diluirt bringt in einem gegen das Licht ge- haltnen Glaſe, ſobald nur einige Tropfen Gallus dazu kommen, eine ſchoͤne violette Farbe hervor, welche die Eigenſchaften des Rauchtopaſes, das Orphninon ei- nes verbrannten Purpurs, wie ſich die Alten ausdruͤ- cken, dem Auge darſtellt. 505. Ob an den reinen Erden durch chemiſche Opera- tionen der Natur und Kunſt, ohne Beymiſchung von Metallkalken eine Farbe erregt werden koͤnne, iſt eine wichtige Frage, die gewoͤhnlich mit Nein beantwortet wird. Sie haͤngt vielleicht mit der Frage zuſammen, inwiefern ſich durch Oxydation den Erden etwas ab- gewinnen laſſe. 506. Fuͤr die Verneinung der Frage ſpricht allerdings der Umſtand, daß uͤberall, wo man mineraliſche Far- ben findet, ſich eine Spur von Metall, beſonders von Eiſen zeigt; wobey man freylich in Betracht zieht, wie leicht ſich das Eiſen oxydire, wie leicht der Eiſenkalk verſchiedene Farben annehme, wie unendlich theilbar derſelbe ſey und wie geſchwind er ſeine Farbe mittheile. Demungeachtet waͤre zu wuͤnſchen, daß neue Verſuche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/246
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/246>, abgerufen am 22.12.2024.