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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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XXXI.
Katoptrische Farben.

366.

Wenn wir von katoptrischen Farben sprechen, so
deuten wir damit an, daß uns Farben bekannt sind,
welche bey Gelegenheit einer Spiegelung erscheinen.
Wir setzen voraus, daß das Licht sowohl, als die Flä-
che, wovon es zurückstrahlt, sich in einem völlig farblo-
sen Zustand befinde. In diesem Sinne gehören diese Er-
scheinungen unter die physischen Farben. Sie entstehen
bey Gelegenheit der Reflexion, wie wir oben die diop-
trischen der zweyten Classe, bey Gelegenheit der Refrac-
tion, hervortreten sahen. Ohne jedoch weiter im All-
gemeinen zu verweilen, wenden wir uns gleich zu den
besondern Fällen, und zu den Bedingungen, welche
nöthig sind, daß gedachte Phänomene sich zeigen.

367.

Wenn man eine feine Stahlsaite vom Röllchen
abnimmt, sie ihrer Elasticität gemäß verworren durch
einander laufen läßt, und sie an ein Fenster in die
Tageshelle legt; so wird man die Höhen der Kreise und
Windungen erhellt, aber weder glänzend noch farbig
sehen. Tritt die Sonne hingegen hervor; so zieht sich
diese Hellung auf einen Punct zusammen, und das

XXXI.
Katoptriſche Farben.

366.

Wenn wir von katoptriſchen Farben ſprechen, ſo
deuten wir damit an, daß uns Farben bekannt ſind,
welche bey Gelegenheit einer Spiegelung erſcheinen.
Wir ſetzen voraus, daß das Licht ſowohl, als die Flaͤ-
che, wovon es zuruͤckſtrahlt, ſich in einem voͤllig farblo-
ſen Zuſtand befinde. In dieſem Sinne gehoͤren dieſe Er-
ſcheinungen unter die phyſiſchen Farben. Sie entſtehen
bey Gelegenheit der Reflexion, wie wir oben die diop-
triſchen der zweyten Claſſe, bey Gelegenheit der Refrac-
tion, hervortreten ſahen. Ohne jedoch weiter im All-
gemeinen zu verweilen, wenden wir uns gleich zu den
beſondern Faͤllen, und zu den Bedingungen, welche
noͤthig ſind, daß gedachte Phaͤnomene ſich zeigen.

367.

Wenn man eine feine Stahlſaite vom Roͤllchen
abnimmt, ſie ihrer Elaſticitaͤt gemaͤß verworren durch
einander laufen laͤßt, und ſie an ein Fenſter in die
Tageshelle legt; ſo wird man die Hoͤhen der Kreiſe und
Windungen erhellt, aber weder glaͤnzend noch farbig
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dieſe Hellung auf einen Punct zuſammen, und das

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[142/0196] XXXI. Katoptriſche Farben. 366. Wenn wir von katoptriſchen Farben ſprechen, ſo deuten wir damit an, daß uns Farben bekannt ſind, welche bey Gelegenheit einer Spiegelung erſcheinen. Wir ſetzen voraus, daß das Licht ſowohl, als die Flaͤ- che, wovon es zuruͤckſtrahlt, ſich in einem voͤllig farblo- ſen Zuſtand befinde. In dieſem Sinne gehoͤren dieſe Er- ſcheinungen unter die phyſiſchen Farben. Sie entſtehen bey Gelegenheit der Reflexion, wie wir oben die diop- triſchen der zweyten Claſſe, bey Gelegenheit der Refrac- tion, hervortreten ſahen. Ohne jedoch weiter im All- gemeinen zu verweilen, wenden wir uns gleich zu den beſondern Faͤllen, und zu den Bedingungen, welche noͤthig ſind, daß gedachte Phaͤnomene ſich zeigen. 367. Wenn man eine feine Stahlſaite vom Roͤllchen abnimmt, ſie ihrer Elaſticitaͤt gemaͤß verworren durch einander laufen laͤßt, und ſie an ein Fenſter in die Tageshelle legt; ſo wird man die Hoͤhen der Kreiſe und Windungen erhellt, aber weder glaͤnzend noch farbig ſehen. Tritt die Sonne hingegen hervor; ſo zieht ſich dieſe Hellung auf einen Punct zuſammen, und das

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/196>, abgerufen am 23.12.2024.